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Baier, Christoph; Forstenpointner, Gerhard; Galik, Alfred; Prochaska, Walter; Schindel, Nikolaus; Vapur, Özlem; Weissengruber, Gerald E.; Österreichische Akademie der Wissenschaften / Verlag [Contr.]
Die Palastanlage oberhalb des Theaters von Ephesos (1): Textband — Wien: Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2023

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.66553#0016
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I VORBEMERKUNGEN
1.1 EINLEITUNG
Der Westabhang des Panayirdag, des kleineren der beiden ephesischen Stadtberge, wird heute
von der weitgehend isolierten Ruine des monumentalen Theaters dominiert (Taf. 1, 1-2). Als
einziger Bau dieses Stadtteils östlich oberhalb der Hafenebene von Ephesos liegt es nahezu
vollständig frei und ist eingehend untersucht1. Eine Beschreibung Plinius’ des Älteren aus dem
Jahr 77 n. Chr., der zufolge die Stadt den Berg Pion emporwuchs2, lässt jedoch darauf schließen,
dass gerade die rund um das Theater gestaffelte Bebauung den seeseitigen Anblick der Stadt
maßgeblich prägte. Die urbane Topografie am westlichen Abhang des mit dem Pion identifizierten
Panayirdag3 ist bislang nur in vergleichsweise kleinen Ausschnitten bekannt. Dies gilt auch für
das Areal oberhalb des Theaters (Plan 1), in dem ein palastartiges Stadthaus das größte der partiell
frei liegenden Gebäude darstellt (Taf. 2. 3). Die vorliegende Arbeit ist zuvorderst den weitgehend
ungeklärten Fragen der Bau- und Nutzungsgeschichte dieses Hauses gewidmet, das innerhalb
der antiken Stadt eine außergewöhnlich prominente Position einnahm. Als Schlüsselmonument
innerhalb des Stadtviertels kann es als Ausgangspunkt für eine diachrone Analyse der stadträum-
lichen Gliederung, Transformation und Nutzung des Quartiers im historischen Kontext dienen.
1.1.1 Forschungsgeschichte und Rahmenbedingungen
In der Hoffnung, die Kirche des hl. Timotheos zu finden, begannen im Oktober des Jahres 1929
unter der Leitung von Josef Keil und Franz Miltner an einem großen Apsidenbau an der Nord-
westseite der Südkuppe des Panayirdag archäologische Grabungen (Taf. 4)4. In einer wenig mehr
als zweiwöchigen Kampagne, in der ein mächtiger Apsidensaal, zwei zugehörige Vorräume und
die Säulenhalle eines Peristylhofes freigelegt wurden (Taf. 5-9), zeigte sich, dass die Räumlich-
keiten nicht die vermutete Kirche darstellten, sondern Teile eines repräsentativen Stadthauses
waren. Um den Grundriss dieses Gebäudes zu klären, wurden in der Folgekampagne des Jahres
1930 die am bereits bekannten Raumtrakt ansetzenden Mauern nach Norden verfolgt und an ihrer
Oberkante freigelegt5. Lediglich zwei weitere Räume - eine ionische Exedra (Taf. 10, 1) und
eine kleine Hauskapelle (Taf. 10, 2) - wurden bis auf ihr antikes Fußbodenniveau aufgedeckt.
Nach Abschluss der knapp achtwöchigen Grabungsarbeiten des zweiten Jahres ergab sich der
Grundriss eines palastartigen Stadthauses, dessen Räume sich auf einer künstlich terrassierten
Fläche von mehr als 4000 m2 um mehrere Höfe unterschiedlicher Art und Dimension gruppierten

1 Zu den neuesten Forschungen s. Künzinger - Ruggendorfer 2017 mit älterer Lit.
2 Plin. nat. 5, 115: attollitur (sc. Ephesus) monte Pione, adluitur Caystro, in Cilbianis iugis orto multosque amnis
expellit. Dazu bereits Benndorf 1906, 52 und Engelmann 1991a, 283.
3 Zu den antiken Bezeichnungen der beiden ephesischen Stadtberge s. Engelmann 1987; Engelmann 1991a, 282-
286; Knibbe 2002, 213 f; Kerschner - Kowalleck - Steskal 2008, bes. 11-20 mit weiterführender Lit. Einen
Überblick über die Forschungen zur histonschen Topografie von Ephesos geben darüber hinaus Scherrer 1995;
Scherrer 2001; Groh 2006.
4 Zu den Annahmen und Arbeiten des Jahres 1929 vgl. Keil 1930, Beibl. 31-34 Abb. 14-15. Näheren Hinweis auf
die Gründe für den Beginn der Arbeiten gibt ein Eintrag vom 22. Oktober im Grabungstagebuch der Ephesos-
Kampagne des Jahres 1929: »Um einen Wunsch Deissmanns zu erfüllen, mit 14 Arbeitern die Untersuchung der
Kirche über dem Theater begonnen.« Zur Einflussnahme Gustav Adolf Deissmanns auf die Grabungsarbeiten in
Ephesos ab 1926 vgl. Gerber 2010, 155-206. 429-450.
5 Zur Kampagne des Jahres 1930 und den erzielten Ergebnissen vgl. den vorläufigen Bencht bei Keil 1932, Beibl.
7-12 Abb. 2-4.
 
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