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Baier, Christoph; Forstenpointner, Gerhard; Galik, Alfred; Prochaska, Walter; Schindel, Nikolaus; Vapur, Özlem; Weissengruber, Gerald E.; Österreichische Akademie der Wissenschaften / Verlag [Contr.]
Die Palastanlage oberhalb des Theaters von Ephesos (1): Textband — Wien: Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2023

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.66553#0173
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II BAULICHER UND STRATIGRAFISCHER BEFUND

II.5 DIE DIAETA NÖRDLICH DES HAUPTGEBÄUDES
Nordöstlich des Hauptgebäudes der Domus wurden im Zuge der Grabungskampagne des Jahres
1930 das Innere eines gut erhaltenen Nischen-Zentralraumes (Taf. 157) und in seiner unmittel-
baren Nachbarschaft die Umfassungsmauern eines großen Wasserspeichers freigelegt497. Die
westliche Außenmauer des Nischen-Zentralraumes steht bis zu einer sichtbaren Höhe von etwa
4,30 m aufrecht. Die Bauten liegen am westlichen Ausgang des Sattels zwischen den beiden
Kuppen des Panayirdag. Wenngleich die größeren baulichen Zusammenhänge anlässlich der
erstmaligen Freilegung nicht geklärt werden konnten, wurde eine funktionale Verbindung mit
dem großen Stadthaus in der südlichen Nachbarschaft wiederholt vermutet498.
Im Rahmen von Feldforschungen der Jahre 2009 und 2010 konnten grundlegende Erkennt-
nisse zur komplexen Bau- und Nutzungsgeschichte der Anlage, zu ihrer architektonischen Gestal-
tung und zu ihrer Funktion gewonnen werden (Pläne 28-34; Taf. 158-160)499. Zusätzlich zur
verformungsgetreuen Aufnahme der frei liegenden Architektur wurden vier Grabungssondagen
angelegt, um Fragen zur Chronologie und zur unmittelbar anschließenden Bebauung zu klären
(Taf. 205-208). Nördlich des Nischen-Zentralraumes ermöglichte es die sehr hoch anstehende
Überschüttung in Sondage 01/2010, die Abfolge der einzelnen Bau- und Nutzungsphasen bis
hin zur Aufgabe der Gebäudestrukturen und Nachnutzung des Areals nachzuvollziehen. Sondage
02/2010 entlang der gesamten Westfassade des Zentralraumes lieferte Aufschlüsse zum baulichen
Kontext nach der ersten Phase sowie zu den Umständen der Zerstörung und Nachnutzung des
Gebäudes. Die lange, schmale Sondage 03/2010 entlang der Ostmauer des Nischen-Zentralrau-
mes diente vor allem der Dokumentation derselben und der Klärung der Frage nach bauzeitlich
ablaufenden Quermauern nach Osten. Im Inneren des Nischen-Zentralraumes selbst (Sondage
04/2010) wurden schließlich Schutteinbringungen der Altgrabungen sowie Reste der antiken
Stratifikation im Unterbau des Umgangs abgetragen, um den erhaltenen Bestand des Zentralrau-
mes vollständig dokumentieren sowie weitere Details zu Konstruktion, Ausstattung und Funktion
des Raumes während seiner umfassenden Nutzungsgeschichte erschließen zu können.
Die durchgeführten Untersuchungen erlauben die Rekonstruktion von fünf Bauphasen (ZR-1
bis 5) und zwei weiteren Phasen der Nachnutzung (ZR-6 und 7), die ausweislich der Architek-
tur und des archäologischen Fundmaterials zwischen dem beginnenden 2. Jahrhundert n. Chr.
und dem 6. Jahrhundert aufeinander folgten (Plan 30). Zudem verdeutlichen sie, dass die frei
liegenden Bauten spätestens ab Bauphase ZR-2 Teil eines größeren Gebäudes waren, dessen
gesamte Ausdehnung vorerst unbekannt bleiben muss. Geophysikalischen Untersuchungen des
Jahres 2013 ist ein besseres Verständnis der baulichen und räumlichen Zusammenhänge dieses
Gebäudes mit dem Hauptgebäude der Domus zu verdanken500.
II.5.1 Die Diaeta der Bauphase ZR-1
Den ältesten Kern der Anlage im Nordosten der Domus bildet ein mindestens zweiräumiger
Bau mit Außenmauern aus mächtigem Gussmörtelmauerwerk und Schalen aus hammerrecht
gehauenen Kalksteinen (Taf. 158,1; 159,2). Den Hauptraum dieses Gebäudes bildete der bereits
1930 freigelegte Nischen-Zentralraum D-01. Durch die Grabungen in Sondage 01/2010 konnte
nördlich davon der Vorraum D-02 als Teil des bauzeitlichen Gebäudes identifiziert und in seinem
südlichen Bereich aufgedeckt werden.

497 Zu Umfang und Ergebnissen der alten Grabungen vgl. Keil 1932, 12 Abb. 5-6.
498 So etwa Miltner 1958, 80; Fasolo 1962, 57 f; Alzinger 1970, 1640.
499 Einen ersten Überblick zu den Ergebnissen geben Baier 2010; Jahresbericht 2010, 34-36; Baier 2013, 46-51.
500 s. dazu bes. Kap. III.2.
 
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