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VII DER STÄDTEBAULICHE KONTEXT
des Sockels eher auf eine Funktion als Ehrenmonument hin. Bereits die Ausgräber des Sockel-
monuments sprachen sich angesichts der fehlenden Zugangsmöglichkeiten für eine Interpretation
als Heroon aus1127. Die Ausrichtung des Baus auf den Prozessionsweg am Fuße des Panayirdag
ist mit einer solchen Deutung gut vereinbar. Wie insbesondere der Abschnitt der Via sacra am
Embolos zeigt, war der Prozessionsweg von einer Vielzahl unterschiedlicher Monumente der
Erinnerung begleitet1128.
In diesem Licht lassen die genannten Befunde zum Sockelbau oberhalb des Theaters daran
denken, dass das Monument der institutionalisierten Verehrung und Erinnerung einer mythischen
oder historischen Figur von hoher Bedeutung für die Identität der städtischen Gemeinschaft
diente. Einem ähnlichen urbanistischen Konzept folgend befindet sich im lykischen Xanthos
unmittelbar oberhalb des Theaters eine Ansammlung turmartiger Grabmonumente, die den Cha-
rakter einer kollektiven Erinnerungsstätte trägt1129. Die Bauten entstanden im Verlauf des 3. Jahr-
hunderts v. Chr. rund um das ältere Harpyienmonument, welches seinerseits der Verehrung des
heroisierten lykischen Königs Kybernis gedient haben dürfte. An noch exponierterer topografi-
scher Position thronte das Heroon für die ap/riyeTai Kai KTiorai von Demetrias über dem Theater
der Stadt1130. Im Fall des ephesischen Sockelbaus oberhalb des Theaters fehlen epigrafische oder
ikonografische Befunde, welche seine tatsächliche Widmung klären könnten. Die bereits von
den Ausgräbern des Monuments vorgeschlagene Funktion als Erinnerungsort an einen Heros -
etwa an einen KTiorrig der Stadt - scheint insbesondere angesichts des politischen und sakralen
Bedeutungsgehalts des umgebenden Stadtraumes durchaus vorstellbar1131, doch muss jeder kon-
krete Deutungsvorschlag vor einer systematischen Erforschung des Baus hypothetisch bleiben.
VII.3 ÖFFENTLICHE INFRASTRUKTUR IM AREAL OBERHALB DES THEATERS
Die infrastrukturelle Ausstattung des Stadtviertels oberhalb des Theaters lässt sich angesichts des
Freilegungszustands und weitgehend fehlender geophysikalischer Untersuchungen lediglich in
Teilen nachvollziehen. Um die Strukturierung des Quartiers im Kontext des umgebenden Stadt-
gebiets zu verstehen, ist es dennoch notwendig und lohnend, die Aspekte der Verkehrsanbindung,
der Fortifikation und der Wasserinfrastruktur im möglichen Ausmaß zu beleuchten.
VII.3.1 Verkehrsflächen
Der von Stefan Groh vorgeschlagene Straßen- und Stadtflächenraster der hellenistisch-römi-
schen Zeit ist für die Bebauung am Westabhang des Panayirdag nur abschnittsweise gesichert1132.
Während die Ost-West-Straßen 17 und 19 im Areal oberhalb des Theaters vollständig aus der
Lage der westlichen Zugänge zum Theater extrapoliert sind, beziehen sich die rekonstruierten
Nord-Süd-Achsen 42,44,46 und 48 auf zumindest abschnittsweise ergrabene Straßenabschnitte
am Südabhang des Panayirdag1133. Dennoch sind Details zur Erschließung des hier untersuch-
ten Stadtviertels bislang weitestgehend unklar. Im Zuge der Kampagne des Jahres 1930 wurde
1127 Zu den fehlenden Zugangsmöglichkeiten vgl. einen Eintrag vom 18.-19. Oktober im Grabungstagebuch der Ephe-
sos-Kampagne des Jahres 1899 (Dokumentationsarchiv des ÖAI, Wien).
1128 Vgl. dazu grundsätzlich Rogers 1991; Knibbe - Langmann 1993; Thür 1995a; Kader 1995, 212-220. Eine Analyse
der bekannten Heroa von Ephesos liefert Berns 2003, 39-52.
1129 Dazu Cavalier - des Courtils 2012.
1130 Vgl. Marzolff 1987, bes. 38-45. Für den Hinweis und anregende Diskussion danke ich Peter Ruggendorfer.
1131 Allgemein zur Heroisierung von Stadtgründem s. Leschhom 1984, 333-342. Ein Grabmal für den mythischen
Stadtgründer Androklos dürfte sich hingegen dem Zeugnis des Pausanias (Paus. 7, 2, 9) zufolge eher am nördli-
chen oder östlichen Abhang des Panayirdag befunden haben. Dazu Engelmann 1996; Rathmayr 2010b, 34 Anm.
93. s. hier auch Kap. VIII.4.2.2, Abschnitt A.
1132 Vgl. Groh 2006, bes. 70 mit Abb. 3. 20. Allgemein zum hellenistischen Straßenraster von Ephesos vgl. Scherrer
2001, 80-86 Abb. 3, 20; Groh 2006, 52. 54-61. 70-72.
1133 Zu den nördlichen Seitengassen des Embolos vgl. allgemein Miltner 1958, 81-83.
VII DER STÄDTEBAULICHE KONTEXT
des Sockels eher auf eine Funktion als Ehrenmonument hin. Bereits die Ausgräber des Sockel-
monuments sprachen sich angesichts der fehlenden Zugangsmöglichkeiten für eine Interpretation
als Heroon aus1127. Die Ausrichtung des Baus auf den Prozessionsweg am Fuße des Panayirdag
ist mit einer solchen Deutung gut vereinbar. Wie insbesondere der Abschnitt der Via sacra am
Embolos zeigt, war der Prozessionsweg von einer Vielzahl unterschiedlicher Monumente der
Erinnerung begleitet1128.
In diesem Licht lassen die genannten Befunde zum Sockelbau oberhalb des Theaters daran
denken, dass das Monument der institutionalisierten Verehrung und Erinnerung einer mythischen
oder historischen Figur von hoher Bedeutung für die Identität der städtischen Gemeinschaft
diente. Einem ähnlichen urbanistischen Konzept folgend befindet sich im lykischen Xanthos
unmittelbar oberhalb des Theaters eine Ansammlung turmartiger Grabmonumente, die den Cha-
rakter einer kollektiven Erinnerungsstätte trägt1129. Die Bauten entstanden im Verlauf des 3. Jahr-
hunderts v. Chr. rund um das ältere Harpyienmonument, welches seinerseits der Verehrung des
heroisierten lykischen Königs Kybernis gedient haben dürfte. An noch exponierterer topografi-
scher Position thronte das Heroon für die ap/riyeTai Kai KTiorai von Demetrias über dem Theater
der Stadt1130. Im Fall des ephesischen Sockelbaus oberhalb des Theaters fehlen epigrafische oder
ikonografische Befunde, welche seine tatsächliche Widmung klären könnten. Die bereits von
den Ausgräbern des Monuments vorgeschlagene Funktion als Erinnerungsort an einen Heros -
etwa an einen KTiorrig der Stadt - scheint insbesondere angesichts des politischen und sakralen
Bedeutungsgehalts des umgebenden Stadtraumes durchaus vorstellbar1131, doch muss jeder kon-
krete Deutungsvorschlag vor einer systematischen Erforschung des Baus hypothetisch bleiben.
VII.3 ÖFFENTLICHE INFRASTRUKTUR IM AREAL OBERHALB DES THEATERS
Die infrastrukturelle Ausstattung des Stadtviertels oberhalb des Theaters lässt sich angesichts des
Freilegungszustands und weitgehend fehlender geophysikalischer Untersuchungen lediglich in
Teilen nachvollziehen. Um die Strukturierung des Quartiers im Kontext des umgebenden Stadt-
gebiets zu verstehen, ist es dennoch notwendig und lohnend, die Aspekte der Verkehrsanbindung,
der Fortifikation und der Wasserinfrastruktur im möglichen Ausmaß zu beleuchten.
VII.3.1 Verkehrsflächen
Der von Stefan Groh vorgeschlagene Straßen- und Stadtflächenraster der hellenistisch-römi-
schen Zeit ist für die Bebauung am Westabhang des Panayirdag nur abschnittsweise gesichert1132.
Während die Ost-West-Straßen 17 und 19 im Areal oberhalb des Theaters vollständig aus der
Lage der westlichen Zugänge zum Theater extrapoliert sind, beziehen sich die rekonstruierten
Nord-Süd-Achsen 42,44,46 und 48 auf zumindest abschnittsweise ergrabene Straßenabschnitte
am Südabhang des Panayirdag1133. Dennoch sind Details zur Erschließung des hier untersuch-
ten Stadtviertels bislang weitestgehend unklar. Im Zuge der Kampagne des Jahres 1930 wurde
1127 Zu den fehlenden Zugangsmöglichkeiten vgl. einen Eintrag vom 18.-19. Oktober im Grabungstagebuch der Ephe-
sos-Kampagne des Jahres 1899 (Dokumentationsarchiv des ÖAI, Wien).
1128 Vgl. dazu grundsätzlich Rogers 1991; Knibbe - Langmann 1993; Thür 1995a; Kader 1995, 212-220. Eine Analyse
der bekannten Heroa von Ephesos liefert Berns 2003, 39-52.
1129 Dazu Cavalier - des Courtils 2012.
1130 Vgl. Marzolff 1987, bes. 38-45. Für den Hinweis und anregende Diskussion danke ich Peter Ruggendorfer.
1131 Allgemein zur Heroisierung von Stadtgründem s. Leschhom 1984, 333-342. Ein Grabmal für den mythischen
Stadtgründer Androklos dürfte sich hingegen dem Zeugnis des Pausanias (Paus. 7, 2, 9) zufolge eher am nördli-
chen oder östlichen Abhang des Panayirdag befunden haben. Dazu Engelmann 1996; Rathmayr 2010b, 34 Anm.
93. s. hier auch Kap. VIII.4.2.2, Abschnitt A.
1132 Vgl. Groh 2006, bes. 70 mit Abb. 3. 20. Allgemein zum hellenistischen Straßenraster von Ephesos vgl. Scherrer
2001, 80-86 Abb. 3, 20; Groh 2006, 52. 54-61. 70-72.
1133 Zu den nördlichen Seitengassen des Embolos vgl. allgemein Miltner 1958, 81-83.