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Baier, Christoph; Forstenpointner, Gerhard; Galik, Alfred; Prochaska, Walter; Schindel, Nikolaus; Vapur, Özlem; Weissengruber, Gerald E.; Österreichische Akademie der Wissenschaften / Verlag [Contr.]
Die Palastanlage oberhalb des Theaters von Ephesos (1): Textband — Wien: Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2023

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.66553#0149
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148

II BAULICHER UND STRATIGRAFISCHER BEFUND

des Ausmaßes des Bauprojekts könnte die ökonomische Konstruktionsweise der mächtigen Pfeil-
erfolge auf einen Mangel an Zeit- oder Materialressourcen hinweisen. Insbesondere angesichts
der vorgeschlagenen Datierung für den ältesten Apsidensaal scheint aber auch denkbar, dass das
heterogene Steinmaterial der Pfeiler von Gebäudeteilen stammte, die bei einem vorhergehenden
Zerstörungsereignis schwere Schäden erlitten hatten471. Bauliche und stratigrafische Hinweise auf
eine schwere Zerstörung im Verlauf des 2. Jahrhunderts n. Chr. konnten an der Nordwestecke
der Terrasse dokumentiert werden472.
In welcher Form der westliche Abschluss des Apsidensaals im ersten Bauzustand gestaltet
war, ist aufgrund der massiven spätantiken Überformung der Architektur ohne weitere Befund-
öffnungen nicht zu klären. Vom westlichsten Pfeiler der Nordmauer läuft eine Begrenzung nach
Süden ab, die anhand einer Abbruchkante sowie in Form von Fundamentresten zweifelsfrei
nachvollzogen werden kann. Sie nimmt auf die Säulenstellung im Westen der Rückwand der
Nordhalle zwischen PV-42 und PV-39a Bezug. Der älteste Apsidensaal reichte entweder als
durchgehender Raum von etwa 33,60 m Länge (einschließlich Apsis) und 10,00 m Breite bis an
diesen Westabschluss, oder er war kürzer und verfügte im Westen über einen räumlich getrennten
Vorraum. Unter Annahme einer Saalgröße, die jener der spätantiken Bauphase Süd-4 entsprach,
ergäbe sich ein nahezu quadratischer Vorraum von 10,00 x 10,00 m. Eine derartige Raumkon-
stellation, die auch hinsichtlich der zu rekonstruierenden Überdachung plausibel erscheint473,
hätte in der zeitgleichen ephesischen Wohnarchitektur mehrfache Parallelen474.
II.3.3.4 Bauphase Süd-4

Im fortgeschrittenen 4. oder beginnenden 5. Jahrhundert n. Chr. wurde der Nordflügel am süd-
lichen Peristylhof grundlegend umgebaut und teilweise neu ausgestattet. Eine klar hierarchi-
sierte Raumabfolge aus den drei Vorbereichen PV-39a, PV-39b und PV-40 im Westen und dem
erhöhten Hauptsaal PV-41 im Osten kulminierte in der abschließenden Apsis des Saals. Die
neu errichteten Mauerabschnitte des Apsidensaals und des Vestibüls PV-40 bestehen durchwegs
aus Bruch- und Hausteinen in pseudoisodomen Lagen mit vielen kleinen Füllsteinen. Im Zuge
derselben Aktivitäten dürften im Westen der Gebäudeterrasse Raumbegrenzungen aus Spolien
wieder aufgerichtet worden sein.
Der Raumcharakter des nun samt Apsis etwa 23,30 x 10,00 m messenden Saals und seines
unmittelbaren Vestibüls unterschieden sich deutlich von jenem der Vorgängerphase. Die weiten
Pfeilerjoche der Nordbegrenzung, die dem Saal und einem möglichen Vorraum im ersten Bau-
zustand einen sehr offenen Charakter gegeben haben müssen, wurden nun weitgehend zugesetzt.
Nichtsdestoweniger führten nach wie vor drei Türen nach Norden. Die im Rohbauzustand 2,15 m
weite mittlere Öffnung stellte über den Korridor PV-26 die Verbindung mit dem nördlichen
Peristylhof der Domus her. Auch die neuerrichtete Westmauer des Apsidensaals verfügte über
drei Türöffnungen. Jene im Zentrum war mit einer lichten Weite von 3,30 m dreimal so groß
dimensioniert wie die beiden seitlichen, jeweils etwa 1,10 m messenden Öffnungen. Durch eine
offenbar unbeheizte Suspensur wurde der neuverlegte Mosaikboden des Saals um 1,10 m über
das Niveau der im Westen anschließenden Räume gehoben. Eine fünfstufige Treppe vermittelte
zwischen dem Saal und dem neu eingerichteten Vestibül PV-40.
Der mit einem Marmorbelag in opus sectile-^Qdwäk gepflasterte Raum war in seinem ältesten
Zustand über eine im Rohbauzustand 2,10 m weite Türöffnung mit der Nordhalle des Südperis-
tyls verbunden. Vermutlich drei weitere Durchgänge, die von Marmorpfeilern flankiert wurden,
vermittelten darüber hinaus zu den Bereichen PV-39a und 39b im Westen. Diese Öffnungen
lagen nicht in der Achse des Apsidensaals, sondern nahmen Bezug auf Vorbereich PV-39a, der

471 s. dazu auch Kap. VI.2 und VIII.2.3.
472 s. Kap. II.2.1; 2.2.2, Abschnitt B.
473 s. dazu Kap. IV.2.2.2, Abschnitt C.
474 s. dazu Kap. VIII.2.1.1.
 
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