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VIII. Funktion der Räume (Martin Steskal)

licher Qualität erhaltenen Statuen der Artemis Ephesia, die wohl im Vorhof und in der Vorhalle aufgestellt
waren, manifestierten den Machtanspruch der Artemis, die ihren Sitz in einem extraurbanen Heiligtum
besaß, innerhalb der Stadt.
Das Prytaneion diente aber auch als Ort der Repräsentation: Ehrenstatuen und Ehrenbasen, die im Vor-
hof und in der Vorhalle aufgestellt waren, zeugen von diesem Anspruch. Im benachbarten Temenos und in
der Basilike Stoa etablierte sich in augusteischer Zeit ein inner städtisches Zentrum für den Kaiserkult, doch
auch im Prytaneion ist als Sekundärfunktion die Verehrung des Kaiserhauses nachgewiesen: So wurde, wie
schon erwähnt, Livia um 20 n. Chr. als Personifizierung der Demeter Karpophoros in das Prytaneion ein-
geführt. Mit dem Kaiserkult könnten auch die Küreten in unmittelbarem Zusammenhang gestanden sein,
die zum Ausdruck der Loyalität gegenüber dem Kaiserhaus in den Inschriften als φιλοσέβαστοι bezeichnet
wurden.
Generell ist festzuhalten, dass die religiösen und kultischen Funktionen des Gebäudes gegenüber den po-
litischen bei Weitem dominierten. Der kontinuierliche Bedeutungsverlust dieser Einrichtung in politischen
Belangen, die in der römischen Kaiserzeit ihren Höhepunkt längst überschritten hat, wird am ephesischen
Prytaneion eindrucksvoll dokumentiert.
Das Gebäude wurde in der Mitte des 4. Jahrhunderts aufgegeben und das Baumaterial sukzessive abge-
tragen. Ab dem 5.16. Jahrhundert wurde das Areal nördlich des >Staatsmarktes< wohl als Handwerksviertel
mit einfacher Wohnbebauung genutzt. Von dieser Periode zeugen die byzantinische Überbauung des Pryta-
neions und insbesondere die Einrichtung des Wasserreservoirs in den Räumen 3 und 4.
 
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