GESCHICHTE DER ZEICHNUNGEN
Raphael selbst hat, wie Dürer, auf seine Zeichnungen Gewicht gelegt, denn
sie sind in großen Gruppen aus allen Epochen erhalten und haben ge-
meinsam den Weg durch die Jahrhunderte gefunden. Zur Disputa besitzen
wir 45 Blätter; wenn aber für die Schule von Athen nur vier, für die Messe
von Bolsena, den Attila, die Galatea überhaupt keine auf uns gekommen sind, so
müssen auch viele Studien mappenweise, wie sie zu einem Bild gehörten, unter-
gegangen sein.
Nach des Meisters Tode besaßen Timoteo Viti, Giulio Romano und Vasari
Zeichnungen von ihm in größerer Zahl. Auf ihren Besitz geht wahrscheinlich zurück,
was an bedeutenden Blättern heut den großen Cabineten gehört.
Wie Timoteo die Zeichnungen seiner Sammlung erworben hat, ist nicht direkt Antaldi-Sammlung
überliefert. Aber Vasaris Erzählung und Urkunden weisen auf enge Beziehungen
zwischen ihm und Raphael hin1).
Von der Familie Vitis konnte Crozat jedenfalls im Jahre 1714 wichtige Stücke er-
werben. Vorher schon hatte Messer Giovan Maria della Vite an Vasari mit Zeich-
nungen seines Vaters auch Blätter Raphaels abgetreten, von denen manche sich jetzt
wohl in den Uffizien finden. So verringert, aber immer noch bedeutend, ging die
Sammlung, deren altes Inventar heut in Oxford bewahrt wird, durch Erbschaft an
die Familie Antaldi von Urbino über. Dadurch, daß ihr letzter Besitzer, der
Marchese Antaldo Antaldi in Pesaro sie an Samuel Woodburn verkaufte, mündete
dieser Strom in das große Sammelbecken der Lawrence Collection.
Diese Zeichnungen, die merkwürdigerweise alle der Florentiner Zeit angehören2) und
wahrscheinlich aus zertrennten Skizzenbüchern stammen, tragen wie ein Zeugnis ihrer
') Als Künstler kann er seinem großen Landsmann nahegestanden haben, sei es nun als Lehrer,
Mitarbeiter oder Nachahmer, wie die einander ablösenden Hypothesen es wollten, unzweifelhaft hatten
sie Berührung als Mitglieder derselben frommen Bruderschaft in Urbino, der auch Evangelista da
Pian di Mileto angehörte.
2) Sie lassen sich nach dem in Oxford bewahrten Inventar der Antaldi-Sammlung identifizieren.
Die Disputa-Studie in Silberstift mit dem Sonett auf der Rückseite ist das einzige Stück aus der
römischen Periode.
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Raphael selbst hat, wie Dürer, auf seine Zeichnungen Gewicht gelegt, denn
sie sind in großen Gruppen aus allen Epochen erhalten und haben ge-
meinsam den Weg durch die Jahrhunderte gefunden. Zur Disputa besitzen
wir 45 Blätter; wenn aber für die Schule von Athen nur vier, für die Messe
von Bolsena, den Attila, die Galatea überhaupt keine auf uns gekommen sind, so
müssen auch viele Studien mappenweise, wie sie zu einem Bild gehörten, unter-
gegangen sein.
Nach des Meisters Tode besaßen Timoteo Viti, Giulio Romano und Vasari
Zeichnungen von ihm in größerer Zahl. Auf ihren Besitz geht wahrscheinlich zurück,
was an bedeutenden Blättern heut den großen Cabineten gehört.
Wie Timoteo die Zeichnungen seiner Sammlung erworben hat, ist nicht direkt Antaldi-Sammlung
überliefert. Aber Vasaris Erzählung und Urkunden weisen auf enge Beziehungen
zwischen ihm und Raphael hin1).
Von der Familie Vitis konnte Crozat jedenfalls im Jahre 1714 wichtige Stücke er-
werben. Vorher schon hatte Messer Giovan Maria della Vite an Vasari mit Zeich-
nungen seines Vaters auch Blätter Raphaels abgetreten, von denen manche sich jetzt
wohl in den Uffizien finden. So verringert, aber immer noch bedeutend, ging die
Sammlung, deren altes Inventar heut in Oxford bewahrt wird, durch Erbschaft an
die Familie Antaldi von Urbino über. Dadurch, daß ihr letzter Besitzer, der
Marchese Antaldo Antaldi in Pesaro sie an Samuel Woodburn verkaufte, mündete
dieser Strom in das große Sammelbecken der Lawrence Collection.
Diese Zeichnungen, die merkwürdigerweise alle der Florentiner Zeit angehören2) und
wahrscheinlich aus zertrennten Skizzenbüchern stammen, tragen wie ein Zeugnis ihrer
') Als Künstler kann er seinem großen Landsmann nahegestanden haben, sei es nun als Lehrer,
Mitarbeiter oder Nachahmer, wie die einander ablösenden Hypothesen es wollten, unzweifelhaft hatten
sie Berührung als Mitglieder derselben frommen Bruderschaft in Urbino, der auch Evangelista da
Pian di Mileto angehörte.
2) Sie lassen sich nach dem in Oxford bewahrten Inventar der Antaldi-Sammlung identifizieren.
Die Disputa-Studie in Silberstift mit dem Sonett auf der Rückseite ist das einzige Stück aus der
römischen Periode.
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