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DIE ENTSTEHUNG LOKALER MALERSCHULEN
die Andächtigen angebracht, die der Predigt des Dominikaners lauschen1). Ein
hl. Hieronymus „in atto di studiae“, den Eeugenio Caracciola im Jahre 1623
auf demselben Altar wie das Franciscusbild in S. Lorenzo gesehen, war ziem-
lich kritiklos nach Domenici’s Beispiel mit der gleichfalls aus dieser Kirche
stammenden Tafel des Neapler Museums2) verwechselt worden. Hier ist der
Heilige in seinem Studierzimmer beschäftigt, den Dorn aus der Pranke des
Löwen zu ziehen3). Allein dieses Gemälde, das seine Berühmtheit haupt-
sächlich Waagens Zuweisung an Hubert van Eyck verdankt, zweifellos ein
Werk aus der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts, hat mit jenem hl. Fran-
ciscus nicht die geringste Verwandtschaft. Colantonio aber scheint der Maler
auch dieser Tafel, dem sie ja schon Sumonte zuschrieb. Dem S. Vincenz-Altar
steht sie stilistisch sehr nahe; das reizvolle Bibliotheks-Stilleben, das dort
seinen Vorläufer hat4), lebt bei Colantonio’s Schüler Antonello da Messina fort.
Für die Entstehungszeit des Altars in S. Pietro Martire gibt außer der
Kanonisation des valencianischen Dominikaners (1458) das Alter der Stifterin
Isabella de Claramonte den Anhalt. Von dem Retablo selbst existiert in der
Iglesia del sangre zu Segorbe eine alte Kopie, bezeichnend genug für die leb-
haften Wechselbeziehungen zwischen beiden Ländern. Die großen Flügel mit
den königlichen Magiern im Museo nazionale zu Neapel5) wird man auf einen
an den Werken dieses spanischen Neapolitaners geschulten Künstler zurück-
führen müssen. Auch der Maler des viel umstrittenen „Triumphes des Todes“
im Palazzo Sclafani zu Palermo war zweifellos ein Spanier6).
Der Cordovesische Maler Pablo de Cespedes spricht in seinem durch Cean
Bermudez mitgeteilten Traktat von Sargas mit der Geschichte des Amadis de
Gaula „hechas en Espana de algun buen oficial antes que se inventava la
pintura al olio“, die er, hoch in Ehren gehalten, in der Guardaropa eines Edel-
mannes zu Neapel gesehen. Er erzählt ferner, und diese Notiz scheint von der
niederländischen Kunstforschung bisher nicht beachtet zu sein, daß ein
Spanier jene meist Justus van Gent zugeschriebenen Porträts berühmter
Männer im Camerino des Palazzo ducale zu Urbino gemalt habe 7). So erklärt
sich manches Unerklärliche bei diesen Tafeln.
Von mehreren anderen in Neapel und im Auftrag der Päpste tätigen
Spaniern berichten Urkunden. Ein gewisser Diego Serrano arbeitete im
Jahre 1457 in Piedigrotta. Juan de Valencia fand im Jahre 1451 durch
Papst Nicolas V. Verdienst, Salvador de Valencia erhielt von
1) Abb. im Bolletino und bei Rolfs.
2) Unter „Colantonio“ in Also di Rinaldi’s Catalogo della Pinacoteca nel Museo nazionale
di Napoli, p. 363. Abb. bei Rolfs und Bertaux a. a. O., p. 351.
3) Sobotka in Thieme-Beckers Allgemeinem Künstlerlexikon 7, p. 186.
4) Abgeb. im Bolletino d’arte (s. o.).
5) Phot. Anderson 5597—5601.
6) Leandro Ozzola, II Trionfo della Morte nel Palazzo Sclafani di Palermo, Monatsh. für
Kunstwiss. II, 1909, p. 199.
7) Diccionario V, p. 299, 305: y aquel pintor, que en el palacio de Urbino en un camerino
del duque pintö unas cabezas de manera de retratos de hombres famosos, buenas a maravilla.
DIE ENTSTEHUNG LOKALER MALERSCHULEN
die Andächtigen angebracht, die der Predigt des Dominikaners lauschen1). Ein
hl. Hieronymus „in atto di studiae“, den Eeugenio Caracciola im Jahre 1623
auf demselben Altar wie das Franciscusbild in S. Lorenzo gesehen, war ziem-
lich kritiklos nach Domenici’s Beispiel mit der gleichfalls aus dieser Kirche
stammenden Tafel des Neapler Museums2) verwechselt worden. Hier ist der
Heilige in seinem Studierzimmer beschäftigt, den Dorn aus der Pranke des
Löwen zu ziehen3). Allein dieses Gemälde, das seine Berühmtheit haupt-
sächlich Waagens Zuweisung an Hubert van Eyck verdankt, zweifellos ein
Werk aus der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts, hat mit jenem hl. Fran-
ciscus nicht die geringste Verwandtschaft. Colantonio aber scheint der Maler
auch dieser Tafel, dem sie ja schon Sumonte zuschrieb. Dem S. Vincenz-Altar
steht sie stilistisch sehr nahe; das reizvolle Bibliotheks-Stilleben, das dort
seinen Vorläufer hat4), lebt bei Colantonio’s Schüler Antonello da Messina fort.
Für die Entstehungszeit des Altars in S. Pietro Martire gibt außer der
Kanonisation des valencianischen Dominikaners (1458) das Alter der Stifterin
Isabella de Claramonte den Anhalt. Von dem Retablo selbst existiert in der
Iglesia del sangre zu Segorbe eine alte Kopie, bezeichnend genug für die leb-
haften Wechselbeziehungen zwischen beiden Ländern. Die großen Flügel mit
den königlichen Magiern im Museo nazionale zu Neapel5) wird man auf einen
an den Werken dieses spanischen Neapolitaners geschulten Künstler zurück-
führen müssen. Auch der Maler des viel umstrittenen „Triumphes des Todes“
im Palazzo Sclafani zu Palermo war zweifellos ein Spanier6).
Der Cordovesische Maler Pablo de Cespedes spricht in seinem durch Cean
Bermudez mitgeteilten Traktat von Sargas mit der Geschichte des Amadis de
Gaula „hechas en Espana de algun buen oficial antes que se inventava la
pintura al olio“, die er, hoch in Ehren gehalten, in der Guardaropa eines Edel-
mannes zu Neapel gesehen. Er erzählt ferner, und diese Notiz scheint von der
niederländischen Kunstforschung bisher nicht beachtet zu sein, daß ein
Spanier jene meist Justus van Gent zugeschriebenen Porträts berühmter
Männer im Camerino des Palazzo ducale zu Urbino gemalt habe 7). So erklärt
sich manches Unerklärliche bei diesen Tafeln.
Von mehreren anderen in Neapel und im Auftrag der Päpste tätigen
Spaniern berichten Urkunden. Ein gewisser Diego Serrano arbeitete im
Jahre 1457 in Piedigrotta. Juan de Valencia fand im Jahre 1451 durch
Papst Nicolas V. Verdienst, Salvador de Valencia erhielt von
1) Abb. im Bolletino und bei Rolfs.
2) Unter „Colantonio“ in Also di Rinaldi’s Catalogo della Pinacoteca nel Museo nazionale
di Napoli, p. 363. Abb. bei Rolfs und Bertaux a. a. O., p. 351.
3) Sobotka in Thieme-Beckers Allgemeinem Künstlerlexikon 7, p. 186.
4) Abgeb. im Bolletino d’arte (s. o.).
5) Phot. Anderson 5597—5601.
6) Leandro Ozzola, II Trionfo della Morte nel Palazzo Sclafani di Palermo, Monatsh. für
Kunstwiss. II, 1909, p. 199.
7) Diccionario V, p. 299, 305: y aquel pintor, que en el palacio de Urbino en un camerino
del duque pintö unas cabezas de manera de retratos de hombres famosos, buenas a maravilla.