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DIE MEISTER DES NATIONALEN STILS UND IHR KREIS
Erzbischofs D. Diego Escolaus y Ledesnia in der unteren Galerie des erzbischöf-
lichen Palastes zu Granada lebt die Tradition des Veläzquez fort. (Auf einer
alten Kopie, die der Pfarrer von S. Cecilio besitzt, wird Moya als Autor
genannt.)
Der vor seiner Staffelei sitzende schwarzlockige Andalusier im Museum
zu Bordeaux gilt als ein Selbstporträt. Eine Gruppe spanischer Bildnisse, die
abweichend von der durch Veläzquez bestimmten strengeren Auffassung, des
eleganten flämischen Modemalers Art niemals verleugnet, ist durch das Knie-
stück eines von einem Hund begleiteten Edelmannes in der Galerie Czernin
zu Wien trefflich charakterisiert. Auch das Rundbild eines älteren Kavaliers,
im Museum zu Amiens unter Veläzquez’ Namen, scheint von der gleichen
Hand. Im Jahre 1892 wurde mit der Sammlung Heinrich Theodor Hoech
das Brustbild desselben Mannes in München verkauft, der über einem Stahl-
panzer das Johanniterkreuz von S. Juän trägt. Im Museum in Budapest be-
wundert man, als Murillo etikettiert, zwei ausgezeichnete Bildnisse, von denen
das eine einen wohlbeleibten, bartlosen, vor der Staffelei sitzenden Mann mit
der Reißfeder darstellt (Abb. 165), das Beruete das Porträt Moya’s von Murillo
genannt hat. Aber es ist nicht dieselbe Persönlichkeit, wie in Bordeaux. Unter
Moya’s und mittelbar unter van Dyck’s Einfluß müßten diese technisch voll-
endeten Werke im Jahre 1641, fünf Jahre vor den Gemälden im kleinen Kreuz-
gang in S. Francisco, gemalt sein, mit denen er alle, die seine früheren
Arbeiten kannten, in Erstaunen versetzt, von der Hand desselben Murillo, der
damals noch für amerikanischen Export schuftete, um wie der bewunderte
Kollege die Welt sehen zu können. Dem zweiten Porträt der Budapester
Galerie (Nr. 311) zeigt sich das Bildnis eines älteren Mannes im Besitz des
Fürsten Doria zu Rom, dort „Pantoja“ genannt, eng verwandt. Blick, Mund
und Ohr sind fast die gleichen, das spärliche Haar und die durchschimmernde
Kopfhaut hat nur ein sehr erfahrener Künstler so malen können. In der
gleichen Weise ist das stark belichtete Augenlid für einen Meister charakte-
ristisch, dem noch das Murillo zugewiesene Köpfchen der Stuttgarter Galerie,
der Jüngling in der Eremitage (Nr. 442) und der ganz hell gemalte Knabe in
der Galerie Czernin (dort Strozzi genannt) anzugehören scheint *). Am
stärksten erinnern an van Dyck seine Genreszenen, von denen u. a. die Galerien
zu München und Karlsruhe und die Sammlung Cremer in Dortmund Beispiele
besitzen. (Abb. 166).
Während Moya’s von den Niederländern hergeleitete Kunst, sobald es ihr
an Anregung fehlt, sich in Granada im seichten Wasser der Provinz kraftlos
verläuft, brachte sie nach Sevilla neues Leben zu einer Zeit, als der Strom
unbrechbarer Kraft nach der Hauptstadt abgeleitet ward; hat doch er nach
dem Zeugnis der alten Biographen Murillo den Weg gezeigt, den er ein-
schlagen mußte.
1) Bei der Murillo in derselben Galerie zugeschriebenen Halbfigur eines jungen Soldaten,
die mit diesem Bilde manche verwandte Züge aufweist, könnte man an der spanischen Her-
kunft zweifeln.
DIE MEISTER DES NATIONALEN STILS UND IHR KREIS
Erzbischofs D. Diego Escolaus y Ledesnia in der unteren Galerie des erzbischöf-
lichen Palastes zu Granada lebt die Tradition des Veläzquez fort. (Auf einer
alten Kopie, die der Pfarrer von S. Cecilio besitzt, wird Moya als Autor
genannt.)
Der vor seiner Staffelei sitzende schwarzlockige Andalusier im Museum
zu Bordeaux gilt als ein Selbstporträt. Eine Gruppe spanischer Bildnisse, die
abweichend von der durch Veläzquez bestimmten strengeren Auffassung, des
eleganten flämischen Modemalers Art niemals verleugnet, ist durch das Knie-
stück eines von einem Hund begleiteten Edelmannes in der Galerie Czernin
zu Wien trefflich charakterisiert. Auch das Rundbild eines älteren Kavaliers,
im Museum zu Amiens unter Veläzquez’ Namen, scheint von der gleichen
Hand. Im Jahre 1892 wurde mit der Sammlung Heinrich Theodor Hoech
das Brustbild desselben Mannes in München verkauft, der über einem Stahl-
panzer das Johanniterkreuz von S. Juän trägt. Im Museum in Budapest be-
wundert man, als Murillo etikettiert, zwei ausgezeichnete Bildnisse, von denen
das eine einen wohlbeleibten, bartlosen, vor der Staffelei sitzenden Mann mit
der Reißfeder darstellt (Abb. 165), das Beruete das Porträt Moya’s von Murillo
genannt hat. Aber es ist nicht dieselbe Persönlichkeit, wie in Bordeaux. Unter
Moya’s und mittelbar unter van Dyck’s Einfluß müßten diese technisch voll-
endeten Werke im Jahre 1641, fünf Jahre vor den Gemälden im kleinen Kreuz-
gang in S. Francisco, gemalt sein, mit denen er alle, die seine früheren
Arbeiten kannten, in Erstaunen versetzt, von der Hand desselben Murillo, der
damals noch für amerikanischen Export schuftete, um wie der bewunderte
Kollege die Welt sehen zu können. Dem zweiten Porträt der Budapester
Galerie (Nr. 311) zeigt sich das Bildnis eines älteren Mannes im Besitz des
Fürsten Doria zu Rom, dort „Pantoja“ genannt, eng verwandt. Blick, Mund
und Ohr sind fast die gleichen, das spärliche Haar und die durchschimmernde
Kopfhaut hat nur ein sehr erfahrener Künstler so malen können. In der
gleichen Weise ist das stark belichtete Augenlid für einen Meister charakte-
ristisch, dem noch das Murillo zugewiesene Köpfchen der Stuttgarter Galerie,
der Jüngling in der Eremitage (Nr. 442) und der ganz hell gemalte Knabe in
der Galerie Czernin (dort Strozzi genannt) anzugehören scheint *). Am
stärksten erinnern an van Dyck seine Genreszenen, von denen u. a. die Galerien
zu München und Karlsruhe und die Sammlung Cremer in Dortmund Beispiele
besitzen. (Abb. 166).
Während Moya’s von den Niederländern hergeleitete Kunst, sobald es ihr
an Anregung fehlt, sich in Granada im seichten Wasser der Provinz kraftlos
verläuft, brachte sie nach Sevilla neues Leben zu einer Zeit, als der Strom
unbrechbarer Kraft nach der Hauptstadt abgeleitet ward; hat doch er nach
dem Zeugnis der alten Biographen Murillo den Weg gezeigt, den er ein-
schlagen mußte.
1) Bei der Murillo in derselben Galerie zugeschriebenen Halbfigur eines jungen Soldaten,
die mit diesem Bilde manche verwandte Züge aufweist, könnte man an der spanischen Her-
kunft zweifeln.