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dem Mantel des Olympos, die Fimbria, 9) hat ihre Beziehung auf das aus dem schmel-
zenden Schnee ablliessende Wasser.
Die Gestalt des Poseidon zeichnet sich vor den übrigen Göttern durch ruhige
Haltung aus. Lässt der beigeschriebene Name und der Dreizack ihn als den Gott
der Erdbewässerung (Hellenika S. 51, 126, 128) erkennen, so hat der Künstler
nicht minder durch das wie von Wasser triefende Haar sein Wesen bezeichnen wollen.
Wo die Gewitterwolke auf dem Berge liegt, da ist sicher der Boden benetzt, Poseidon
ist da, und bleibt, so lange die Wolke bleibt. Er scheint sich nicht von der Stelle
bewegen zu wollen, und unter dem Mantel die Finger der geschlossenen Hand zusam-
menzuhalten, als wollte er die Geburt der Athene hindern. Denn wenn die Wolke
sich auflöst, muss er sich entfernen, aufhören zu thun, was seines Amts ist, den Boden
zu bewässern; und wenn auch durch die Geburt der Athene der Regen auf die Ebene
hinabfallt und hinablliesst, und also dort die Herrschaft des Gottes beginnt, so mag er
doch schon voraussehen, dass diese seine Herrschaft, wie z. B. über Attika, von kurzer
Dauer seyn wird. Die Pallas wird alsbald zur Glaukopis werden und ihn wieder ver-
treiben, und im Grunde hat er Recht, dass er dem abweisenden Wink, den ihm Zeus
mit seiner Rechten zu geben scheint, nicht gar zu eilig folgt.
Die kleine geflügelte Figur erklärt Gerhard für eine Nike. Wir möchten sie
lieber Iris nennen, bis ihre nahe Verwandtschaft mit der Nike nachgewiesen seyn
wird. Iris ist die Göttin der Nässe, die in Dünsten zum Himmel hinauf- und in Regen
und Thau wieder vom Himmel herabsteigt. Sie kommt eilig herbei, weil bei der
Geburt der Pallas sie nicht fehlen darf. Ihrem Wesen nach dem Hermes, dem Regen-
gott, ähnlich, macht sie die Gegenwart dieses Gottes, der auf andern Darstellungen
desselben Gegenstandes erscheint, überflüssig. — Ihr folgt auf dem Fuss Apollon.
Auch er, der Gott der Entwässerung (vgl. die Abhandlung „Apollons Ankunft in
Delphi"), niuss zugegen seyn. Als Gott der Entwässerung durch Verdampfung
steigt er den Olymp hinan, als Gott der Entwässerung durch Abfliessen wird er
wieder hinabsteigen. Als letzterer ist er auch der Lautenspieler und Musaget, der in
dem ablliessenden Wasser die Saiten der Lyra rauschen lässt, welche ihm der Begengott
9) Festus. Fiber — quo nomine extremae fluminis orae appellantur. Unde et fibras jecinorum et finj-
brias vestimentorum dieimus.
dem Mantel des Olympos, die Fimbria, 9) hat ihre Beziehung auf das aus dem schmel-
zenden Schnee ablliessende Wasser.
Die Gestalt des Poseidon zeichnet sich vor den übrigen Göttern durch ruhige
Haltung aus. Lässt der beigeschriebene Name und der Dreizack ihn als den Gott
der Erdbewässerung (Hellenika S. 51, 126, 128) erkennen, so hat der Künstler
nicht minder durch das wie von Wasser triefende Haar sein Wesen bezeichnen wollen.
Wo die Gewitterwolke auf dem Berge liegt, da ist sicher der Boden benetzt, Poseidon
ist da, und bleibt, so lange die Wolke bleibt. Er scheint sich nicht von der Stelle
bewegen zu wollen, und unter dem Mantel die Finger der geschlossenen Hand zusam-
menzuhalten, als wollte er die Geburt der Athene hindern. Denn wenn die Wolke
sich auflöst, muss er sich entfernen, aufhören zu thun, was seines Amts ist, den Boden
zu bewässern; und wenn auch durch die Geburt der Athene der Regen auf die Ebene
hinabfallt und hinablliesst, und also dort die Herrschaft des Gottes beginnt, so mag er
doch schon voraussehen, dass diese seine Herrschaft, wie z. B. über Attika, von kurzer
Dauer seyn wird. Die Pallas wird alsbald zur Glaukopis werden und ihn wieder ver-
treiben, und im Grunde hat er Recht, dass er dem abweisenden Wink, den ihm Zeus
mit seiner Rechten zu geben scheint, nicht gar zu eilig folgt.
Die kleine geflügelte Figur erklärt Gerhard für eine Nike. Wir möchten sie
lieber Iris nennen, bis ihre nahe Verwandtschaft mit der Nike nachgewiesen seyn
wird. Iris ist die Göttin der Nässe, die in Dünsten zum Himmel hinauf- und in Regen
und Thau wieder vom Himmel herabsteigt. Sie kommt eilig herbei, weil bei der
Geburt der Pallas sie nicht fehlen darf. Ihrem Wesen nach dem Hermes, dem Regen-
gott, ähnlich, macht sie die Gegenwart dieses Gottes, der auf andern Darstellungen
desselben Gegenstandes erscheint, überflüssig. — Ihr folgt auf dem Fuss Apollon.
Auch er, der Gott der Entwässerung (vgl. die Abhandlung „Apollons Ankunft in
Delphi"), niuss zugegen seyn. Als Gott der Entwässerung durch Verdampfung
steigt er den Olymp hinan, als Gott der Entwässerung durch Abfliessen wird er
wieder hinabsteigen. Als letzterer ist er auch der Lautenspieler und Musaget, der in
dem ablliessenden Wasser die Saiten der Lyra rauschen lässt, welche ihm der Begengott
9) Festus. Fiber — quo nomine extremae fluminis orae appellantur. Unde et fibras jecinorum et finj-
brias vestimentorum dieimus.