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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

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Lotz, Wilhelm: Die Form in der Goldschmiedekunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0070

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DIE FORM IN DER GOLDSCHMIEDEKUNST

VON DR. WILHELM LÖTZ, KÖLN

Das was wir heute unter der ..Form" im geschaltet in seiner Rolle als schöpferisches
Kunsthandwerk verstehen, ist ein Be- Individuum. Das ist der Begriff von
griff, der erst allmählich unter vielen Wand- Form, wie ihn heute der Städtebauer, der
hingen sich im Lauf des letzten Vierteljahr- Ingenieur und manche Archilekten haben,
hunderts geprägt hat. In den Anfängen Daß das Problem der Gestaltung von Ty-
der Bewegung, die teils noch aus dem Ju- pen mit dieser Gesinnung eng verbunden
gendstil herauswuchs, sprach man von der ist, dürfte klar sein. Auf dem Gegenpol
Zweckform. Man verstand darunter die dieser Anschauung steht der Künstler: der
Anpassung an den Gebrauchszweck. Diese Maler, der Bildhauer. Für ihn ist die
Anpassung sollte durch die Gedankenarbeit Form das Mittel eines Ausdrucks, der all-
und das Ausprobieren durch den Schöpfer gemein menschlich ist, aber durch die Indi-
crreicht werden, der Schöpfer ward zum vidualität des Künstlers gegangen ist. Nicht
Ingenieur. Deshalb bewunderten wir auch Gefühlswerte stellt er dar, sondern er gibt
die reinen Zweckschöpfungen des Inge- organisch funktionelles Leben, oder er
nieurs, und einzelne sahen sie als letzte zeigt eine Kraft, die hinter der Form stellt,
Erfüllung des Ideals unserer Zeit an. Heute die die Formen werden läßt. Form wird
sprechen wir kaum noch von der Zweck- mehr als Mittel, sie wird selbst Kraft und
form, sondern mehr von der Form unserer Geist, wie Lichtfluten auf Rembrandts Ge-
Zeit. Die Gestaltwerdung ist nicht mehr, mälden nicht mehr Flecken sind, sondern
so glauben wir heute, das Ergebnis der bewegte Atmosphäre vor der Formwer-
Arbeit eines Einzelnen, sondern die Le- dung.

bensformen, die Produktionsmethoden und Beide Begriffe von Form, die wir eben

die neuen Bedürfnisse formen als schöpfe- betrachtet haben, sind für unsere heutige

rische Faktoren wie von selbst die Formen Zeit nur Ziele, sie haben ihre Erfüllung

unserer Zeit. Zwar wir müssen das erken- noch nicht gefunden. Noch ein andrer

neu und diesen Einflüssen Rechnung tra- Begriff von Form ist zu betrachten. Wäh-

gen, aber der Einzelmensch ist fast aus- rend der Begriff der technischen Form

Entwurf: Joseph Hoffmann
Ausführung: Wiener Werkstätte

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