Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

DOI Artikel:
Wolf, Gustav: Vom Weg der Bautypen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0209

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Siedlung Breslau-Pöpelwitz Arch. Theo Effenherger, Breslau

Vom weg der bautypen_

VON GUSTAV WOLF, MÜNSTER i. WESTF.

i Primitiv-Typen vvonnen hat, als Kollekliv-Schöpfung an-
Vuf den untersten Stufen der kulturellen zusehen. Als solche Kollektiv-Schöpfungen
Entwicklung eines Volkes lassen roher gelten uns auch die alten Bautypen, zu
Werkstoff und plumpes Werkzeug, ge- denen sich der Begriff des Bürger- und
ringe Ansprüche und beschränkte Erkennt- Bauernhauses, des Bathauses und Schlos-
nis nur wenige Urformen menschlicher ses, des Klosters und der Kirche wechselnd
Werke zu. Als Behausung z. B. treten verdichtet hat. Diese Typen wurden nicht
Zelt, Hütte und Blockhaus, weil schon der gemacht, nicht entworfen, nicht erfunden
Werkstoff die Gestaltungsmöglichkcit be- und nicht beschlossen. Sie wuchsen, Aus-
grenzt, mit Notwendigkeit überall ohne we- lese des Tüchtigsten, im Kampf ums Da-
senlliche Änderung in Urformen auf, die sein. Soweit wir sehen, stand von der
von der Kultur, obwohl schon in ihrer Vorgeschichte bis zum Anbruch der In-
Frühzeit bekannt und gefunden, auch spät dustriezeit des neunzehnten Jahrhunderts
noch gern gestaltet und verwendet werden: der Umfang des technischen Könnens nicht
als Primitiv-Typen. im Mißverhältnis zur Aufnahmefähigkeit
Kollektiv-Schöpfungen des durchschnittlichen Menschen. Ein
Wer schuf solche Primitiv-Typen? An sich Stammtyp wie der des Bauernhauses ent-
könnten gewiß Einzelne aus dem Grabe wickelte sich daher organisch, seinen
der Vergangenheit heraus Anspruch darauf Schöpfern mehr unbewußt als bewußt. Er
erheben,' dies oder jenes, z. B. die Maurer- war wie ein Gefäß, in dem sich tausend-
kelle, den Pflug, den dreibeinigen Schemel fachü Erfahrungen ansammelten, ihn lang-
erfunden und gestaltet zu haben. Jedoch sam ausbildend, weiterbildend, nötigenfalls
gewisse Gedanken „lagen in der Luft", auch umbildend. Der Stammtyp fand seine
senkten sich gleichzeitig in verschiedene Abarten: Abarten des Umfangs, der Wohl-
Gehirne nieder, zur ersten tastenden Idee babenheit, des Werkstoffs, der Neben-
gab ein Zweiler einen Beitrag, ein Dritter zwecke, der klimatischen, der ständischen,
eine Mängelverbesserung. Darum hat man cler stammesartlichen Besonderungcn.
sich gewöhnt, das Endergebnis einer lan- Individual-Schöpfungen
gen Reihe von Erfahrungen, sei auch die Je mehr Nebenzwecke aber sich dem
geniale Idee eines Einzelnen der erste zün- Hauptzweck eines Werkes anschließen, je
elende Funken gewesen, als geistiges Eigen- mehr Teile das Werk umfaßt und auf je
tum eines Volkes oder der Menschheit zu mehr Stufen der Erkenntnis sich die ver-
betrachten. Man ist geneigt, alles, was schiedenen Angehörigen eines Volkes ver-
durch allgemeine Anerkennung und An- teilen, desto mehr verzweigen sich die Ge-
wendung die Eigenschaften des Typus ge- staltungsmöglichkeiten, desto mehr enlfer-

157
 
Annotationen