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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

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Mumford, Lewis: Die Stadt der Zukunft
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Briefe an die Form
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Redaktionelle Mitteilung
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https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0231

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menschliche Gemeinwesen zu schaffen, müssen
wir schon den Plan unserer Städte daraufhin an-
legen, wir müssen die Zahl und die Dichtig-
keit der Bevölkerung hegrenzen, müssen uns vor-
behalten, die Ausnutzung des Grund und Bodens
zu regeln und bereits auf dem Planentwurf
der Industrie ihren Baum im richtigen Verhält-
nis zu den Wohngebieten anweisen; in dem
Maße, wie die Bevölkerung anwächst, müssen wir
neue Zentren gründen, die nach demselben Prin-
zip zu entwickeln wären. Solch ein Milieu würde
der Industrie jede notwendige Erleichterung bie-
ten und dem Handel zu seinem Recht verhelfen.
In diesem Milieu gäbe es keinen Platz für den
Bodenspekulanten oder für irgend eine Spezies,
die, auf ihrem Geldbeutel ruhig sitzend, fett
werden, indem sie sich von anderen die „Werte"
schaffen lassen. Auch könnte auf solchem Boden
der Ingenieur keine Früchte ernten, der sein
Wissen und Können darauf richtet, gegen die
Leiden der Überfüllung kostspielige Linderungs-
mittel zu ersinnen. Wenn rücksichtslose Speku-
lation und rücksichtslose Ingenieurarbeit das Kri-
terium für Größe sind, so kann eine human ge-
dachte Siedlung niemals groß sein. Ist dafür
eine Entschuldigung nötig?

Nehmen wir an, daß die neuen Siedlungs-
ideen und der Gedanke der Landesplanung
populär würden: New York, Chicago und
„Zenith"*) würden zweifellos fortbestehen; denn
nur eine Hungersnot oder giftige Gase wären
imstande, der Überfüllung dieser Städte in
großem Maßslab abzuhelfen. Der Unterschied
aber wäre, daß wir, anstatt unsere Hände und
Gehirne zu dem Zweck anzustrengen, die große

*) Ort der Handlung in Sinclair Lewis Roman „Babbitt". D. Übers.

Briefe an Die Form

Die Form bringt in Heft 5 einen Artikel über
„Amerikanische Baukunst" von Lewis Mumjord
mit der redaktionellen Vorbemerkung, daß dieser
Artikel besser über die Auffassungen unterrichtet,
die gegenwärtig die amerikanische Architektur be-
herrschen, als es die Ausstellung „Neue ameri-
kanische Architektur", die vor kurzem in der
Akademie der Künste staltfand, vermochte.
Beim Durchlesen des Mumfordschen Artikels
mußte ich feststellen, daß gerade die Ausstellung
„Neue amerikanische Architektur" eine schla-
gende Illustration zu den von Mumford geäußer-
ten Auffassungen bildet. Das spricht doch für
die Ausstellung. Auch hat man, besonders in der
Berliner Presse, dieser Ausstellung zum Vorwurf
gemacht, daß sie nicht nach einem bestimmten
Plan zusammengestellt sei, und daß in ihr nicht
alle Spitzenleistungen amerikanischer Baukunst
vertreten wären. Ich muß es als einen Vorzug die-
ser Ausstellung bezeichnen, daß sie kein bestimm-
tes und eng begrenztes Programm durchführte,
sondern dem Besucher die Möglichkeit ließ, sich

Stadt noch titanischer zu gestallen, lieber ver-
suchen sollten, unsere Energien zu straffen und
auf ein Ziel zu lenken, das zu einer weiteren
Ausbreitung der Bevölkerung und zu ihrer Wohl-
fahrt führt. Denn Städte brauchen nicht arm
und jämmerlich zu sein, weil sie klein sind; und
der Gegensatz zu dem Wahnsinn der Riesen-
stadt ebenso wie zu der Trübseligkeit von Goplier
Prairie ist eine schöne Siedlung — schön im
schlicht häuslichen Sinn, wie wir ihn jetzt in
Leichworth finden, schön in der durchschnitt-
lichen Höhe ihres Kullurnivcaus, wie wir es jetzt
in Genf finden, schön in stolzen, städtischen
Einrichtungen und großen Männern, wie sie einst
den Glanz von Florenz, Nürnberg und Gent bil-
deten. Ich möchte gar zu gern das Bild einer
dieser Städte — und ich könnte dafür noch hun-
dert andere anführen —■ dem kalten, ungeheuer-
lichen Koloß entgegenstellen, den unsere Archi-
tekten und Geschäftsleute zu unserer Erheiterung
heraufbeschworen haben. Das eine Ideal schließt
das andere aus; und ich bin keinen Augenblick
darüber im Zweifel, welches Idealbild selbst der
einfache Mann auf der Straße wählen würde,
wenn er vor die Wahl gestellt würde und alle
Schlußfolgerungen zu ziehen imstande wäre.
Seihst vom Standpunkt der Architektur ist die
Wahl einfach: denn nur in einem Staat, in dem
der finanzielle Betrieb automatisch ist, in dem
der Kapitalismus eine unumschränkte Herrschaft
ausübt, ist der Architekt zu entschuldigen, wenn
er denkt, daß die Güte der Architektur von dem
Bestehen baupolizeilicher Vorschriften abhängt!
Trotz all seiner Schwächen steht der amerika-
nische Architekt den Dingen denn doch nicht so
machtlos gegenüber. Übersetzt von Marg. Mauthner

selbst ein Urleil über die amerikanische Baukunst
zu bilden.

So interessant es ist zu sehen, wie Sie selbst, wie
Mendelsohn, Paulsen oder Rading Amerika beur-
teilen, so notwendig und wünschenswert schien es
mir zu sein, daß jeder sich selbst ein Bild von
dem augenblicklichen Zustand amerikanischer
Baukunst machen konnte, und darin sah ich den
Sinn und auch den Wert der Berliner Ausstellung.

Mies van der Hohe

Redaktionelle Mitteilung

Herr Prof. Oskar Schlemmer, Dessau, legt Wert
auf die Feststellung, daß die in unserem Theater-
heft (Februar 1926) veröffentlichten Abbildungen
aus „Der abtrünnige Zar" zum Teil nur als Schau-
spicleraufnahmen zu werten sind und demnach das
nach seinen Entwürfen gestaltete Szenenbild nicht
zur Anschauung bringen. Wir beabsichtigen, das
Thema Bühnongestaltung demnächst ergänzend in
einem zweiten Sonderheft zu behandeln, und
freuen uns mitteilen zu können, daß Herr
Prof. Schlemmer dafür einen eigenen Beitrag mit
ausführlichem Bildmaterial in Aussicht gestellt hat.

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