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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

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Rohde, Oskar: Zur Technik des Möbelbaues
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https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0305

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WERKSTATT-TECHNIK-FORM

Zur Technik des Möbelbaues

Von Herrn Karl Schmidt, Direktor der Deutschen
Werkstätten A.-G., Dresden-Hellerau, erhalten wir
auf unseren Wunsch folgende Stellungnahme zu
den Ausführungen des Herrn A. Hamburger über
die Technik des Möbelbaues im Juliheft der
„Form-':

Es dürfte kaum ein künstliches Material geben, das
in den guten Eigenschaften natürliches Material
erreicht. Holz, weil es quillt und trocknet, durch
künstliches Material zu ersetzen, dürfte kaum ge-
lingen. Es gibt Tausende von Versuchen und Pa-
tenten auf diesem Gebiete. In der Praxis hat sich
kaum eines dieser Materialien halten können. Ge-
nau wie im Baugewerbe, wo mir ein Fachmann,
der 20 Jahre lang neue Techniken und neue Mate-
rialien und Bausysteme geprüft hat, sagte: von all
den Neuerungen ist nur das Ziegel- und Holzhaus
übriggeblieben.

Der Tischler ist von jeher gewöhnt, auf die Eigen-
schaften des Holzes Rücksicht zu nehmen, und
wenn die notwendige Fachkenntnis und Erfahrung
vorhanden ist, kann man trotz der verschiedenen
Eigenschaften der Hölzer die vollkommensten Mö-
bel erreichen. Es gibt immer wieder Leute, die aus
einer gewissen Romantik heraus das Furnieren der
Hölzer verurteilen. Ich halte das aber tatsächlich
für ganz unbegründet. Möbel aus Weichholz
macht man an sich massiv. Möbel aus den schön-
sten und härtesten Hölzern (ostind. Satin, Mak-
kassar-Ebenholz, die härtesten Mahagoni-Arten)
kann man aber nicht massiv verarbeiten. Es hieße
also auf die Verwendung der edelsten Hölzer ver-
zichten. Man kann auch unseren einheimischen
Kirschbaum, Rüster in großen Flächen nicht mas-
siv verarbeiten, einmal, weil die Flächen reißen
würden, dann aber, weil es viel schwieriger sein
würde, schöne zusammengesetzte Flächen zu er-
reichen. Es würde weiter bedingen, daß man die
interessanten Furniere, die man durch Aufschnei-
den von Wurzelstöcken und Aststellen erreicht
(Pyramiden-Mahagoni, die Wurzelstöcke vom
Tujaholz) aufgeben müßte und damit auf die
künstlerischen Wirkungen verzichten würde, weil
diese Wurzelstöcke die Eigenschaft haben, massiv
in lauter Stücke zu zerreißen.

Bei der lehrerhaften schulmäßigen Erziehung der
Deutschen darf man auch nicht vergessen, daß
wir pedantisch in unseren Ansprüchen sind. Der
Deutsche läßt sich weder ein Ästchen noch einen
Riß im Möbel gefallen. Er würde ein solches
Möbel immer zurückgeben. Bei Massivhölzern ist
aber beides unvermeidlich, wenn der Verschnitt
nicht ins Ungemessene steigen soll. Wir haben
jahrelang das schönste Nadelholz, Lärclienholz, zu
massiven Schlafzimmern verarbeitet; wir haben
diese Verarbeitung schließlich aufgeben müssen,

weil (trotzdem wir 80 v. II. Verschnitt hatten)
die Möbel noch fortwährend wegen kleiner Äste
von der Kundschaft beanstandet wurden. Wir
haben auch jahrelang in milder Eiche massive Ma-
schinenmöbel hergestellt, ebenso in einem milden
Mahagoni. Auch das haben wir, aus den vorer-
wähnten Gründen, aufgeben müssen. Es gibt
Leute, die sagen, das Furnieren sei eine Art Kar-
tonnagenarbeit und die Seele sei nicht mehr im
Material. Für robustere Landhäuser und für
wirklich gebildete Leute, die sich nicht wegen eines
Risses im Holz aufregen, kann man natürlich sehr
schöne kräftige massive Eichenmöbel herstellen,
dagegen ist gar nichts zu sagen. Aber die gebil-
deten Leute sind in Deutschland in bezug auf
Materialgefühl, Technik und Erscheinung noch
sehr rar. Ein Blick in jedes Möbelmagazin, in
jede deutsche Wohnung belehrt uns, daß auch
der sogenannte akademisch gebildete Deutsche
Möbel mit schlechten Schnitzereien und dergl.
noch immer mit Vorliebe kauft, weil diese Möbel
genau das sind, was seiner Bildungs- und Ge-
schmackshöhe entspricht.

Bei Häusern, vor allen Dingen Stadthäusern, die
ganz auf elegantes, vornehmes reiches Material ge-
stimmt sind, ist das Furnieren ganz gewiß gar
nicht zu entbehren. Daß bei jeder Materialverar-
beitung Verschnitt und Abfall entsteht, ist unver-
meidlich; das ist nicht nur bei Holz, sondern auch
bei Metall, Papier usw. der Fall.

Daß die Sperrplatte das Dreifache einer einfach
verleimten Holzplatte kostet, ist an sich richtig.
Ich kann aber mit der einfach verleimten Platte
nicht viel anfangen. Sie muß Grat bekommen und
braucht auch sonst noch allerhand Bearbeitung.
Ich bin überzeugt, daß sich die Verwendung der
verleimten Platten, die zuerst vor 26 Jahren von
den Deutschen Werkstätten angewendet wurden
und heute in etwa i5 Fabriken in großen Mengen
hergestellt werden, noch ganz wesentlich mehr ein-
bürgern wird, und zwar aus dem einfachen
Grunde, weil das Quellen und Trocknen des Holzes
dabei wegfällt. Nachdem bei den Brüningschen
Platten überhaupt kein Massivholz mehr verwendet
wird, sondern auch das innere Holz aus Furnier
besteht, kann man von den Platten fast behaup-
ten, daß sie absolut stehen und sich nicht ver-
ziehen, so daß man aus solchen glatten Platten
ohne jeden Rahmen Zimmertüren herstellen kann.
Es ist auch richtig, daß massive Holzmöbel ineist
weniger kosten als furnierte. Das Furnieren ge-
schieht trotzdem, weil man nur dann die Sicher-
heit hat, daß vom Kunden keine Beanstandungen
kommen. Jeder Arbeiter verlangt heute sein
Schlafzimmer nicht aus weichem Holze, sondern
Eiche furniert. Die Leute haben in gewisser Be-
ziehung vollständig recht, das furnierte Möbel ist
unbedingt widerstandsfähiger. Unter dem dünnen

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