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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 2.1927

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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.13210#0067

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RUNDSCHAU

ZUM NEUEN JAHRGANG

Lieber Herr Dr. Riezler!

Ich wende mich nicht gegen die Form, sondern nur gegen die Form als Ziel.
Und zwar tue ich das aus einer Reihe von Erfahrungen heraus und der dadurch ge-
wonnenen Einsicht.

Form als Ziel mündet immer in Formalismus.

Denn dieses Streben richtet sich nicht auf ein Innen, sondern auf ein Außen.

Aber nur ein lebendiges Innen hat ein lebendiges Außen.

Nur Lebensintensität hat Formintensität.

Alles Wie wird getragen von einem Was.

Das Ungeformte ist nicht schlechter als das Übergeformte.

Das eine ist nichts, und das andere ist Schein.

Wirkliche Form setzt wirkliches Leben voraus.

Aber kein Gewesenes und auch kein Gedachtes.

Hier liegt das Kriterium.

Wir werten nicht das Resultat, sondern den Ansatz des Gestaltungsprozesses.
Gerade dieser zeigt, ob vom Leben her die Form gefunden wurde, oder um ihrer
selbst willen.

Deshalb ist mir der Gestaltungsprozeß so wesentlich.
Das Leben ist uns das Entscheidende.

In seiner ganzen Fülle, in seinen geistigen und realen Bindungen.
Ist es nicht eine der wichtigsten Aufgaben des Werkbundes, die geistige und reale
Situation, in der wir stehen, aufzuhellen, sichtbar zu machen, ihre Strömungen zu
ordnen und dadurch zu führen?

Muß man nicht alles andere den schöpferischen Kräften überlassen"?

Mit herzlichen Grüßen
Ihr

Mies van der Rohe

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