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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 2.1927

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Renner, Paul: Zu den Arbeiten von Ferdinand Kramer
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https://doi.org/10.11588/diglit.13210#0330

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Architekt Dipl.-Ing. Ferd. Kramer, Frankfurt a. M.
KOMBINATIONSMÖBEL: KÜCH ENSCH RANK UND HOCKER
Abstellfläche Linoleum, Autolackanstrich

ZU DEN ARBEITEN VON FERDINAND KRAMER

Die Möbel von Ferdinand Krämer zeigen den
neuen Stil in einer so reinen Verkörperung, daß
man an ihnen, wie an einem Schulbeispiel, das
Slilgewissen unserer Zeit demonstrieren kann. Sie
sind frei von jedem Historismus; sie sind nicht
minder frei von dem dogmatischen Formalismus,
der die falsche Modernität charakterisiert.
Frei von Historismus; es ist gut, sich der Tragweite
dieser Worte bewußt zu werden. Im Mittelalter
gab es keine „Künstler'', sondern nur Meister, die
ihr Handwerk verslanden. Durch die Renaissance
wird die natürlich gewachsene Formenwelt der
eigenen Kultur ersetzt durch die fremden Formen
der Antike. Und wie sich dadurch vom Volk die
dünne Oberschicht der humanistischen Bildung
und der welschen Vornehmheit ablöst, so legt sich
über das handwerkliche Schaffen die „Kunst",

ausgeübt von den Künstlern, die sich durch das
Studium der fremden Formenwelt gebildet und
vornehm dünken. Empire und vollends der Eklek-
tizismus des neunzehnten Jahrhunderts zerschnei-
den die letzten Fasern, mit denen der Künstler
im Volk und Handwerk wurzelt. Die Formen ent-
stehen auf dem Papier, mehr oder weniger ent-
lehnt dem Formenschatz vergangener Zeiten; die
Verwirklichung der Form im Werkstoff und die
technische Ausführbarkeit werden erst später be-
dacht. Auch die praktischen Bedürfnisse des Auf-
traggebers müssen sich diesem Kunst-Formalismus
unterordnen.

Dazu kommt, daß sich diese Entfernung von
Kunst und Leben vollzieht in einem Zeitalter, in
dem das Leben selbst ein ganz neues Gesicht be-
kommt. Die jähe Entwicklung der maschinellen

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