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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 2.1927

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Schwab-Felisch, Hildegard: Ein Kinderzimmer
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https://doi.org/10.11588/diglit.13210#0334

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EIN KINDERZIMMER

Es gibt noch keine Lösung des Problems Kinder-
zimmer; vielleicht kann man sagen: Das Problem
ist noch gar nicht gestellt. Rosa Gardinchen, Mär-
chenfriese, sonnige Fensler, ein paar Kleinmöbel
— mit solchen Requisiten ist gewöhnlich die Frage
der praktischen Gestaltung des Kinderzimmers er-
ledigt. Selbst in dem Buch „Der neue Haushalt"
von Dr. Erna Meyer, das sich sehr ausführlich und
bemerkenswert zur Küche und anderen Arbeits-
plätzen der Hausfrau äußert, ist der Muster-Raum,
in dem die Kinder groß werden, plötzlich von der
Wohnung in das Montessori-Kinderheim verlegt,
und nur mit Mühe drängt man den Verdacht bei-
seite, daß auch hier wie so oft das Aufziehen des
Betriebes zum Selbstzweck geworden sei., da (nach
Dr. Meyer) die ..Einordnung des Kindes in den
planvoll wirtschaftlich geführten Haushalt" das
Problem bedeutet. Wir möchten eher glauben,
daß der „planvoll wirtschaftlich geführte Haus-
halt" u. a. die Aufgabe habe, sich in das Kinder-
leben einzuordnen und daß daher dieses Kinder-
leben einmal in seinen Bedürfnissen studiert wer-
den müsse, um dem reibungslosen Funktionieren
des Haushaltes einen lebendigen Sinn zu geben.
Daß man mit „ein paar Tassen und Tellern, Spül-
schüssel, Wäschestücken, Klammern und Leine
usw." zwar eine Anzahl gleichaltriger Knirpse im
Kindergarten zur Selbständigkeit anleiten kann,
wird jedem einleuchten; wieso solche Dinge aber
die Kinderstube der Familie ändern oder gar die
Frage der „Einordnung des Kindes" lösen sollen,
wird sich jede Hausfrau vergebens fragen. So vor-
züglich in manchen Fällen — nicht in allen — die
Monlessori-Schule sein mag, auf die Familie ist
sie nicht übertragbar. Wie aber in der Wohn-
und Lebensgemeinschaft der Familie das Kinder-

zimmer beschaffen sein sollte, das läßt sich nicht
aus Theorien konstruieren. Vielleicht geben die
folgenden Erfahrungen aus der Praxis heraus An-
regung, auch diesen Baum künftighin den Funk-
tionen seiner Bewohner entsprechend zu formen.
Einige Binsenwahrheiten müssen vorangeschickt
werden, Wahrheiten, die jedermann geläufig sind
und die doch selten genug in dem Bauplan eines
Hauses berücksichtigt werden: 1. Gewöhnlich be-
steht eine Familie aus dem Ellernpaar und mehre-
ren verschiedenaltrigen Kindern. 2. Die Kinder
gehören des öfteren verschiedenen Geschlechtern
an; im Zweifelsfall spricht die Wahrscheinlichkeit
dafür. 3. Die Anforderungen an das Leben für die
Zeit vor, während und nach der Pubertät sind
verschiedene. — So lächerlich es klingen mag, daß
diese Dinge hervorgehoben werden, so nützlich ist
es doch, sich ihrer mit Nachdruck zu erinnern,
wenn man an den Plan eines Kinderzimmers her-
antritt.

Obwohl man im allgemeinen heute auf ein Zwei-
kindersystem exemplifizieren kann, sollte man
doch bei der Festlegung der Normalgrundrisse der
Wohnung mit dem Vorbandensein von vier Kin-
dern rechnen; eine nähere Begründung warum,
erübrigt sich wohl. Als Mindestmaß für die Auf-
zucht von vier Kindern genügt ein Zimmer von
etwa 4,5x4,5 m. Dieses Zimmer muß zwei Fen-
ster haben, die durch einen breiten Pfeiler von-
einander getrennt sind. Das eine der Fenster bil-
det gleichzeitig die Tür zu dem ganz unerläß-
lichen Austritt in die freie Luft, sei dies nun ein
Balkon, ein Dachgarten oder eine Terrasse. Die
Anordnung der Fenster mit dem Pfeiler dazwi-
schen ermöglicht es der Familie, aus den oben
genannten Binsenwahrheiten den Schluß zu

THONET-STÜHLE

Die Technik dieser Fabrikation ist vom
Begründer der Firma Gebrüder Thonet
A. G. vor fast hundert Jahren erfunden
worden. Sie führte zur Herstellung des
Wiener Stuhls". Das Grundmaterial
der Fabrikation dieser Stühle besteht
aus einer Anzahl von kantigen oder rund
gedrechselten Buchenstäben verschie-
dener Längen- und Querdimensionen.
Das Verfahren der GebrüderThonet A.G.,
das Holz zu dämpfen und ihm dann
unter gewissen Voraussetzungen eine
beliebige Form zu geben und diese zu
erhalten, ermöglicht das Zusammen-
schrauben dieser Teile (Sitzrahmen,
Lehnen, Vorderfüße) zu einem Stuhl ohne
Zuhilfenahme von Leim als konstruktives
Bindemittel. Diese Konstruktion verleiht
dem Möbel eine unbegrenzte Stabilität,
gleichzeitig aber auch Leichtigkeit und
Elastizität. Das Material bleibt in seinem
organischen Gefüge unverletzt, da keine
Faser durchschnitten zu werden braucht.
Aus diesen konstruktiven Prinzipien
ergaben sich die Formen der Stühle

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