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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 3.1928

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Lotz, Wilhelm: Möbeleinrichtung und Typenmöbel
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https://doi.org/10.11588/diglit.13709#0172

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Foto Rehbein

HOCKER (D. R. P.)
STAHLROHR EMAILLIERT, ROHRGEFLECHT

(Muster gesch.)
Mies van der Rohe
Bei diesen Stahlrohrstühlen weiß man doch, warum Metall-
rohr verwendet ist. Man sitzt nicht auf einem krausen Rohr-
gestänge, sondern auf einer wo hl aus probierten Biegungs kurve,
die auch als Form überzeugend wirkt. Die Übertragung des
Gewichts des Sitzenden auf die Kurve ist eine glückliche
moderne Idee. Linear geradezu klassisch, in der Verkörperung
der Funktion absolut modern

waren auch beinahe die einzigen Typen, die man
in der Industrie vorfand, und selbst mit diesen
erklärte man sich nur im Prinzip einverstanden,
— so wurden an den Eisenbelten die Proportionen
geändert.*)

Nun ist der Thonetstuhl aber auch geradezu
glänzend geeignet, dem zur Einrichlung passenden
Stuhl gegenüber gestellt zu werden, um daran
zu zeigen, wie mit einer ganz andersartigen Ver-
wendung von Holz ein Stuhltyp geschaffen wor-
den ist, der praktisch, sehr haltbar und bequem
ist und vor allem nur ein Stuhl sein will.

Welches sind nun die Gründe für die Gegner-
schaft gegen die einheitlich entworfene Einrich-
tung?

Die Möbelindustrie stellt eine Unmenge von
Mustern von Zimmern her, jedes Muster muß
sich von allen andern unterscheiden, von Zeit zu
Zeit müssen neue herausgebracht werden. Von
früheren unterscheidet sich das neuere nur da-
durch, daß statt des Akanthusblalts ein moder-
nes Zackenornament aufgeklebt ist. So ist es
vor allem beim billigen Möbel. Teuere Möbel
nehmen ,,kubische" Formen an. Immer ist es
eine Garnitur, die zusammen verkauft wird, ein
„Zimmer", zu dem nach Beschluß der Händler
ganz bestimmte Stücke gehören. Wesentlich ist
immer für das Muster die Form, die alle Stücke
zur Einheit verbindet. Das verführt natürlich
die Möbelindustrie zu krassem Formalismus,
wie in allen Industrien, die „Muster" machen.
So kommt es, daß man keinen Stuhl kaufen kann,

") Vergl. die Einleitung von Werner G raff zu dem Buche ,,Innen räume",
das wir in der vorigen Nummer besprochen haben.

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