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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 3.1928

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Dreßler, Walter: Revolutionierung der Pietät: (ein prinzipieller Beitrag zur Friedhofsreform)
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Riezler, Walter: Friedhofsreform und Gewann J
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https://doi.org/10.11588/diglit.13709#0198

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Kongregationen, auf die geistlich orientierten mit-
telalterlichen Magistrate und auf die Zeiten nach
Kriegserschütlerungen kommen würde, nur das
prinzipiell Gesagte erhärten. Der Libertinismus
wohllebiger Epochen bindet sich künstlerisch unter
den Lehren der Konfessionen oder unter der
Schule einer Zeit, die das menschliche Maß auf
das Schlichte zurückführt. Wer mit den Gründen
der Revolutionierung der Pietät Anzeichen neuer
Form und neuer Gestaltung bekämpft, der weiß

nicht, daß jeder Schritt der Menschheit in reifere
Zeit sein Echo in der Kunst hat, die gestaltete
Religion ist. Wer aber um die Verwandtschaft
des Wachsens neuer Formen im äußeren und
inneren Leben weiß, der solle die Formen prü-
fen und nicht die Paragraphen, die ein Skelett
sind. Wer bewunderte und beurteilte ein Skelett,
solange der lebendige Organismus sich entwickelnd
lebt. Das Gewann „I" wird leben, weil es sich
selbst gebar. Walter H. Dreßler.

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FRIEDHOFSREFORM UND GEWANN J

Wir freuen uns sehr, daß wir Gelegenheit allem bei den unsymmetrischen Steinen, aber auch
haben, auf die wichtige und die Allgemeinheit bei den Kreuzformen, keineswegs von einem ge-
sicher interessierende Frage der „Friedhofsdik- wissen Manierismus ganz frei halten. Und nur in
latur" noch einmal zurückzukommen und daß
wir dabei, wie wir es schon im vorigen Jahrgang
(Seite 391) gewünscht haben,, auch Bilder aus
jenem ,,Gewann J" des Frankfurter Friedhofs
zeigen können. Und wir geben gerne zu, daß die
grundsätzliche. Frage von W. II. Dressler in ihrer
ganzen Tiefe erfaßt ist und daß es uns sehr ge<-
fällt und im Grunde ganz unserer eigenen Auf-
fassung entspricht, wenn die „Behörde" in dieser
A\ eise wichtig genommen, als Kern der neu sich
bildenden Gemeinschaft betrachtet wird. Wir
glauben wenigstens, daß die Entwicklung in dieser
Richtung läuft, daß freilich das Endziel, das man
vielleicht mit dem Worte „Staatssozialismus" be-
zeichnen kann, noch lange nicht erreicht ist, und
daß wir vor allem noch nicht wissen, ob diese
Entwicklung zum Heile der Menschheit sein wird,
d. h. ob es gelingen wird, die Gefahr einer Sche-
malisierung zu vermeiden und die seelisch-leben-
digen Werte zu erhalten. Die bisher erreichten
Vorstufen stimmen bedenklich — aber wir glau-
ben doch, daß schließlich auch diese Gefahr über-
wunden wird. Nun hat eine Behörde heute schon
den Mut. sich selbst so wichtig zu nehmen und kann
sich dabei, wie die Nachfrage nach Grabstellen
in dem ..Gewann J" beweist, auf die Zustimmung
der Einwohner berufen, die also offenbar in gro-
ßer Zahl heute schon an diese Entwicklung des
Staatswesens glauben. Die Frage ist nur die, ob
dieser Glaube allein schon genügt, ob der Gemein-
schaftsgeist schon heute so lebendig ist, daß er 1 \ i 1 \
die formbildende Kraft besitzt, für die etwa die , \f 1\l IT'VK/T A \
Erscheinung alter Friedhöfe leb ; - Zrimiii- ( j j ( tI ^v] )j J ,*\ n
ist. Und diese Frage allerdings müssen wir einst- , , , , r )
weilen verneinen, — verneinen auch vor den Bil- )()()/
dern aus dem „Gewann J". Sicherlich ist die { { \ ' ) ' )
Gesamterscheinung des Gewanne^ in ihrer Ein- V i J 's
heitlichkeit und bescheidenen Zurückhaltung HHHEHBHHHiH^HH
durchaus erfreulich, — aber im einzelnen werde GRABSTEINPLATTE, SCHIEFER, KLASSE LÖRCHER
ich den Eindruck einer gewissen Seelenlosigkeit, Kunstgewerbeschule Stuttgart
eines absichtlichen Schematismus nicht los, der

um so auffallender ist, als ja nicht etwa die diesem Schematismus unterscheidet sich das ,be-
gleiche'Form des Grabmals immer wieder konnnl. wann .)" meines Erachtens von manchen Grab-
sondern eine ganze Fülle an verschiedenen For- bezirken etwa auf dem Waldfriedhof in Mün-
men erscheinen, die sich manchmal sogar, vor chen. wo die Bestimmungen auch eine gewisse

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