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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 3.1928

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Riezler, Walter: Gespräch vor den Pressabauten
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https://doi.org/10.11588/diglit.13709#0208

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AUSSTELLUNGSHALLEN, NACHTAUFNAHME

Eindruck, den diese Bauten machen, bei
jedem einfach Denkenden ein solches Ur-
teil auslösen würde. Ich kann auch das, was
Sie sagten, nicht ohne weiteres widerlegen.
Man muß sich damit abfinden, daß es nun
einmal nicht die Art des Deutschen, jeden-
falls nicht des Deutschen seit Bismarck, ist,
nach einem Zusammenbruch in aller Be-
scheidenheit und Stille wieder klein anzu-
fangen und geduldig zu warten, bis es bes-
ser wird, — daß er wohl mit einer bewun-
dernswerten Zähigkeit ohne Zögern sein
Haus auf den Trümmern wieder zu bauen
anfängt, daß er aber nach außen es nicht
merken lassen will, wie schlecht es ihm geht,
wie schwer er zu arbeiten hat, vielmehr im
Gegenteil, sich und den Andern vormacht,
es sei alles in Ordnung und nichts fehle
ihm. Daß dies dem Ausland gegenüber
nicht gerade klug gehandelt ist, darüber
braucht man kein Wort zu verlieren. Wann
hätte es der Deutsche jemals verstanden,
anderen eine günstige Meinung von sich bei-
zubringen? Aber von innen und im Zusam-
menhang mit dem gesehen, was man sonst

von der Tüchtigkeit des Deutschen und von
seiner Art, sich mit dem Unglück abzufin-
den und sich über das Verlorene zu trösten
weiß, — ist es da nicht ein Zeichen einer
ganz ungebrochenen Lebenskraft, die man
bewundern muß, wenn sich der Deutsche
nicht verbittert in seine Arbeit — die er
wahrhaftig treu und ausdauernd genug lei-
stet! — vergräbt und über der Arbeit und
der Schwere des Lebens nicht alle Fällig-
keit zur Ausspannung und Freude verliert,
sondern wenigstens da, wo es die Gesamt-
heit angeht, seinen Stolz darein setzt, mehr
als das Notwendige zu leisten. Ist es nicht
doch ein großartiges Schauspiel, wie die
großen Städte des Westens in einem fast
leidenschaftlichen Wettstreit sich gegensei-
tig überbieten, wenn es gilt, sich dem immer
mehr drohenden Übergewicht der Reichs-
hauptstadt gegenüber als Stätte der Kultur
und des selbständigen Lebens zu behaup-
ten? Sicherlich ist mit Ausstellungsbauten
allein, und wenn sie noch so großartig sind,
nichts Entscheidendes getan und wird man
auch die Ausstellungen selbst, so wie sie bis.

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