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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 3.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.13709#0235

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ZUM INHALT DES HEFTES

Wir haben immer wieder in unserer Zeit-
schrift neben der Betrachtung von besonde-
ren künstlerischen und architektonischen
Schöpfungen das Augenmerk unserer Leser
auf Erzeiignisse zu lenken gesucht, deren
Entstehung nicht an eine besondere einma-
lige Lage und Einstellung geknüpft ist, son-
dern, die aus einem breiten gleichartigen Be-
dürfnis heraus entstehen. So haben wir von
Zeit zu Zeit guteWaren veröffentlicht, um zu
zeigen, wie bei diesen Erzeugnissen wirt-
schaftliche und technische Grundlagen mit
den Forderungen des Käufers, die vor allem
von seinem Lebensgewohnheiten ausgehen,
zusammentreffen, und wie all diese Fakto-
ren das Aussehen der Waren bestimmen.
Hier äußert sich die besondere Struktur un-
serer Zeit unmittelbar und nicht erst durch
das Einfühlen eines Menschen von indivi-
dueller Sensibilität, wie sie bei der Entste-
hung des Kunstwerks ausschlaggebend ist.

In diesem Heft zeigen wir Beispiele
aus einer ganz bestimmten Gruppe von
Waren, die sich charakterisieren, wenn auch
nicht begrenzen läßt. Es sind Erzeugnisse,
in denen sich eine etwas gehobenere und an-
spruchsvollere Lebensführung zu Wort
meldet. Sie entstammen fast durchweg der
engsten Umgebung des Menschen, sie sol-
len seine Erscheinung und persönliche Um-
gebung bessern und ihr Form geben. Diese
Verbesserung gegenüber reiner Bedürfnis-

befriedigung steckt sich heute andere Ziele
als früher, wie Frau Dr. Schwab-Felisch
in ihrem Aufsatz „Formen und Form" dar-
legt. Auch der Mann legt heute immer mehr
Wert auf sein Äußeres, im Sinn sportlicher
Knappheit und Bequemlichkeit, verbunden
mit Vorliebe für handfeste Qualität.

Wie die Lebensformen früherer Zeiten
das geschaffen haben, was wir heule Kunst-
gewerbe nennen, jene — im Hinblick auf
den Schöpfer — unpersönlichen Formen,
so entstehen heute aus gleichem Trieb
andere Formen, gestaltet von unseren
Lebensgewohnheiten und Wünschen. Das
Kunstgewerbe früherer Zeiten zeigt uns
weniger besondere künstlerische Schöpfun-
gen — Einzelslücke waren nur Mittler zwi-
schen Kunst und Kunsthandwerk — als un-
persönliche handwerkliche Serienware. Der
Frauenschmuck der Benaissance ist es eben-
so wie die verzierten Schuhe der Bokokozeit
oder die Porzellangeschirre des Empire,
wenn es da überall auch Künstlerstücke ge-
geben hat, signiert und besonders geschätzt.
Deshalb müssen wir dem Kunstgewerbe
jener Zeiten weniger die kunstgewerblichen
Arbeiten von heute gegenüberstellen, als un-
sere Serienschuhe, unseren Serienschmuck,
unsere elektrischen Kocher. Auch heute
greift der Künstler in die Gestaltung der
Serienarbeit ein, aber in vollem Verständnis
für ihre besonderen Bedingungen. W. L.

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