Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 3.1928

DOI Artikel:
Gellhorn, Alfred: Zum Thema der Formung in der Produktion
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13709#0319

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ZUM THEMA DER FORMUNG IN DER

PRODUKTION

Das Thema

Kein Jahr vergeht ohne repräsentative Ausstel-
lungen unserer Kulturerzeugnisse, auch im
Ausland. Noch einige Jahre, und wir sollen
am Rhein im Goethejahr 1932 die großen Ver-
anstaltungen des Deutschen Werkbunds erleben,
der es unternehmen will, die Gestalt unserer Zeit
maßgeblich darzustellen. Bei solcher Unterneh-
mensfreudigkeit, der man nur zustimmen kann,
hat man aber zugleich auch zu prüfen, worüber
eigentlich wir an Kräften und Leistungen ver-
fügen. Denn wenn es richtig ist, daß große Aus-
stellungen an sich schon immer Anlaß zu erhöhter
Tätigkeit sind, so trifft dies besonders auf die
gestaltende Arbeit zu, um die es sich hier handeln
wird und die man nicht nur in ihrem zufälligen
Zustand zu zeigen hat, der man vielmehr im Hin-
blick auf bevorstehende Prüfung noch Ergänzimg
und Richtung zu geben hat, solange es Zeit ist.
Es soll also eine kritische Sichtung versucht
werden, und zwar im positiven Sinne, d. h.
nicht um Noten zu erteilen, sondern um weiter-
zuhelfen.

Was ist dafür zu betrachten? Man kann sich
an die reinen Kunslgewerbeausstellungen halten,
aber damit wäre der Rahmen vielleicht doch
zu eng. Denn mit gleichem Recht gehört in
den Kreis der Betrachtung etwa die Werk-
stoffschau des vergangenen Jahres, deren in
der Materie begründete große Einheitlichkeit
übrigens fast zu weitgehend zu einer Anbetung
dos rein Technischen überhaupt einen großen Teil
der Besucher und Kritiker veranlaßt hat.

Man kann auch mit gleichem Recht etwa die
dauernde Schau als Maßstab nehmen, die sich in
dien Magazinen und Schaufenstern unserer Städte
darbietet, und zwar mit besonders viel Berechti-
gung darum, weil hier keine verantwortliche Ge-
samtleitung den wahren Stand der Dinge verhüllt,
d. h. des wirklich herrschenden Geschmacks und
Urteils, und weil liier am reinsten die Wechsel-
wirkung des Publikums, der Verbraucher, derer,
die es am meisten angeht, in Erscheinung tritt.

Um jedoch nicht von vornherein zu ungünstige
Ergebnisse zu erhallen, sondern vielmehr etwa
einen ähnlichen Vergleichsboden zu haben, wie er
für die kommenden Veranstaltungen gegeben sein
wird, zugleich aber doch so umfassend wie mög-
lich, wollen wir das Niveau der Leipziger Messe als
maßstäbliches Beispiel nehmen, alltäglich und um-
fassend zugleich, vor allem aber systematisch zu
überschauen. Die letztvergangene mag als Beispiel
dienen, von dem wir uns durch Zurückgreifen auf
sonstige Veranstaltungen nur soweit entfernen
wollen, wie die Fragestellung es notwendig machen
wird.

Die Bauten

Was Messen und Ausstellungen gemein haben,
sind die Hallen, die zu ihrer Aufnahme neu er-
richtet werden. Hierfür kämen die Anlagen der
Technischen Messe in Betracht. Doch gerade dieses
Gebiet kultureller Leistung wird man doch nicht
nur an diesem einen, allerdings besonders unzu-
länglichen, Beispiel betrachten dürfen. Denn im-
merhin sind auch in Deutschland zielbewußtere
Ausstellungshallen entstanden. In seinem Buch
über Eisen- und Eisenbetonbau in Frankreich
hat Giedion überzeugend dargestellt, wie die Pa-
riser Weltausstellungen der Jahre 1855, 1867,
1878, 1889 jeweils einen Schritt vorwärts bedeu-
teten für die Lösung des Problems freier Über-
spannung großer Räume, wie also die Aufgabe
der Unterbringung selbst bereits den stärksten
Antrieb für die Produktion ihrer Zeit bedeutete.
Ähnliches kann man bei uns in Deutschland für
die Hallenkonstruktionen in Frankfurt a. M. und
Breslau feststellen, während andere, von Berlin,
Dresden, München bis zu den rheinischen Städten,
gleich bezeichnend die negative Tatsache bestäti-
gen, daß auch nur ein Wunsch, zu gesteigerten
technischen Möglichkeiten zu gelangen, nicht vor-
lag und man zufrieden war, wenn eine soge-
nannte Einheit erzielt wurde.

Auch das hat gewißlich seine Gründe. Jahr-
zehntelang war bei uns die ganze Erfindungskraft
von der Industrie selbst in Anspruch genommen,

309
 
Annotationen