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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 4.1929

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Wieder einmal das flache Dach
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https://doi.org/10.11588/diglit.13710#0324

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1. Phase

Das Altstadtbild ist rein erhalten. Der mächtige Giebel der
Mauthalle und das Turmpaar von St. Lorenz beherrschen die
Straße. Einheitlicher Bürgerhaustyp: Traufseite gegen die
Straße gewendet, nur an den Blockecken treten Giebel ein

2. Phase

Beginn einer gesunden Großstadtentwicklung. Der große,
seine Bestimmung klar aussprechende Geschäftshausblock
wahrt das städtebauliche Grundgesetz trotz seiner Höhe
durch horizontalen Abschluß, der St. Lorenz seine volle
Wirkung beläßt

3. Phase

In einer Stadt der Traufseiten bricht der „Altdeutsche" Giebel
ein. Statt glatter Giebelschrägen und glatter Hauswände
aufgelöste, wild-plastische Form.Die Lorenzertürme vermögen
sich nur mühsam zu behaupten. Die Aufnahme gibt nicht
den neuesten Zustand, inzwischen sind rechts drei weitere
Giebel am Ostermayerhaus hinzugekommen

WIEDER EIN MAL DAS FLACHE DACH

Der Stadtrat von Nürnberg hat — wie man sagt,
in Abwesenheit des Oberbürgermeisters — dem
Architekten O. E. Schweizer die Errichtung einer
Wohnhausgruppe mit flachem Dach auf Antrag
der Baupolizei untersagt. Wir haben in Heft 12
des vorigen Jahrgangs das von diesem Archi-
tekten erbaute ausgezeichnete Nürnberger Sta-
dion veröffentlicht. Diese Veröffentlichung haben
wir in dieser Nummer durch die des Stadion-
Kaffees ergänzt. Schweizer baut zurzeit in Wien
ein großes Stadion, das wir nach Fertigstellung
veröffentlichen werden. Unsere Leser haben so-
mit Gelegenheit, sich von der Qualität der
Schweizerschen Architektur zu überzeugen. Die
Wohnhaus-Gruppe, die man dem Architekten ver-
boten hat, liegt nicht in Nürnberg selbst, son-
dern draußen in einem waldigen Villengelände.
Die Maßnahme bleibt unverständlich, und wir
haben, da es sich um Nürnberg handelt, unseren
Mitarbeiter Dr. Justus Bier gebeten, uns ein ty-
pisches Stadtbild aus Nürnberg zu schicken, um
unseren Lesern zu zeigen, daß auch in der inne-
ren Stadt Nürnbergs, ausgenommen die rein er-
haltenen alten Partien, nichts zu verschandeln
ist. Die Häuser in den Hauptgeschäftsstraßen
mit ihrer nachgemachten deutschen Renaissance
und der eindrucksvolle Bilderbericht, den uns
Dr. Bier unter dem Motto „Großstadtstraße oder
altdeutsches Städtebild" geschickt hat, zeigen,
wohin die äußerlich formale Angleichung an Be-
stehendes führt. Schweizer hat in seiner Eigen-
schaft als Vorstand der Bauberatung bewiesen,
wieviel Feingefühl er für das wirklich alte Städte-
bild besitzt, und nun verbietet Nürnberg diesem
Architekten, draußen im Villenviertel Flachdach-
bauten zu errichten. Eine Stadt, deren Straßen
bis heute so verschandelt worden sind wie es der
Bilderbericht von Dr. Bier eindeutig zeigt, hätte
alle Ursache, sich zu überlegen, worauf Ver-
schandelung beruht. Sie beruht auf dem falschen
äußerlich formalen Angleichen. Jeder moderne
Bau, der Gesinnung und Charakter hat, wird nie
seine Umgebung verschandeln können, wenn er
als Baukörper gesund und natürlich in die Straße
hineingesetzt wird. Eine Flachdachgruppe in
einem Waldgelände ist nur dann eine Verschan-
delung, wenn sie architektonisch unehrlich aus
sich heraus entwickelt ist. Es ist schade, daß
Nürnberg, die Stadt, die es gewagt hat, als einen
wirklichen Ausdruck des Geistes unserer Zeit ein
so gutes Stadion zu erbauen, nunmehr dem glei-
chen Architekten ein solches Verbot auferlegt
hat. Die Schriftleitung

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