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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 4.1929

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Hartlaub, Gustav Friedrich: Ethos der neuen Baukunst
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Lotz, Wilhelm: "Film und Foto"
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https://doi.org/10.11588/diglit.13710#0333

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er zuallerletzt dienstbar sei — wenn er nur seine
Sache „anständig" mache. Er wird nicht immer
so denken dürfen. Nicht Metaphysik, nicht Reli-
gion, nicht Feudalismus und Absolutismus im
alten Sinne braucht die neue Form der „Stahl-

zeit" zu gedeihlichem Wachstum: wohl aber eine
neue Ordnung, die seinem Gewissen Ruhe
gibt und das Ideal des Menschen und seine
Gemeinschaft nicht länger in zweideutigem
Lichte erscheinen läßt. G. F. Hartlaub

„FILM UND FOTO"

Die internationale Ausstellung des Deutschen
Werkbundes „Film und Foto" ist am 18. Mai in
Stuttgart eröffnet worden. Wir haben es im
wesentlichen mit einer Ausstellung moderner
Fotografien zu tun, die Filmvorführungen sollen
vom 13. bis 26. Juni stattfinden.

Der erste Eindruck, den man von der Ausstel-
lung erhält, ist ein sehr lebendiger, denn es liegt
ein großer Reiz darin, das Leben und die Um-
welt, auch Dinge, die die Kamera anders sieht
wie das Auge, oder die das Auge gar nicht sieht,
gleichsam wie in einem Bilderbuch vorgeführt zu
bekommen. Von manchem Besucher hörte man
die Äußerung, daß eine solche Ausstellung ja
viel lebendiger sei und einen frischeren Ein-
druck hinterlasse als eine moderne Gemäldeaus-
stellung. Der Eindruck wird noch besonders be-
günstigt durch die Art, wie die Fotos angebracht
und im Raum angeordnet sind. Professor
Schneidler von der Stuttgarter Kunstgewerbe-
schule hat Anordnung und Aufbau geleitet. Aus-
stellungstechnisch ist das eine Leistung, deren
Wert gerade darin liegt, daß sie nicht aufdring-
lich ist, daß sie dem einzelnen Foto seine Aus-
wirkung und Eindringlichkeit läßt.

Über die Darstellung des Themas der Aus-
stellung kann hier noch nicht das Letzte gesagt
werden. Es ist nicht richtig, eine so neuartige
Ausstellung sofort nach dem ersten Eindruck in
den Himmel zu heben oder zu verdammen. Ehe
man ein abschließendes Urteil wagt, muß man
erst die Resonanz dieser Ausstellung beobach-
ten. Die persönliche Einstellung zum Material und
die persönliche Meinung muß hier zurücktreten.

Es braucht kein Wort darüber verloren zu
werden, daß die Ausstellung in dieser Größe und
in diesem Rahmen eine Notwendigkeit war, und
es ist das Verdienst von Gustav Stotz, diese
Notwendigkeit erkannt und die Ausstellung
mit der ihm eigenen Initiative eingerichtet
zu haben. Freunde der Sache mögen etwas
besorgt gewesen sein, daß die Ausstellungslei-
tung sich ein so hohes Ziel gesetzt hat, das sie
vor der Ausstellung etwa in folgende Worte ge-

kleidet hat: die Ausstellung wage den Versuch,
den Wirkungsbereich des Gebietes klarzustellen,
es in seiner Gesamtheit zu bearbeiten und seine
Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Die Ausstellung ist, das läßt sich vorläufig
aussagen, eine gute Auswahl bester fotografi-
scher Arbeiten aus den für dieses Gebiet in
Frage kommenden Kulturländern. Ein ganz klei-
ner Prozentsatz, einige Dinge, die sehr auf der
Grenze stehen, hätten vielleicht noch ausge-
schieden werden können. Es sind die Dinge, die
sich nur modern gebärden, bei denen aber die
Gebärde recht äußerlich ist. Daß aber dem gan-
zen Gros des Materials, das sich heute dem un-
kundigen Beschauer sonst überall aufdrängt, mit
sicherem Instinkt der Zutritt zu dieser Ausstel-
lung verwehrt worden ist, ist zweifellos ein gro-
ßes Verdienst.

Die Einbeziehung des ausländischen Materials
ist als Vergleich für das, was in Deutschland
geleistet wird, sehr wichtig, es zeigt vor allem,
daß die moderne Fotografie als rechtes Kind
unserer Zeit gar keine nationalen oder völki-
schen Bindungen kennt. Nur die Amerikaner
fallen heraus mit ihrer raffinierten Technik, die
man geradezu als kultiviert bezeichnen kann.
Die Fotos von Outerbridge sind elegante Kabi-
nettstückchen und wie wir hören, behandelt er
sie im Verkauf wie man früher wertvolle Radie-
rungen verkaufte. Dieser Versuch, die Fotogra-
fie aus ihrer selbstverständlichen Gebundenheit
an die moderne Zeit und ihre Reproduktionstech-
niken in einzelnen Spitzenleistungen herauszu-
heben in die feudale Atmosphäre des Gemälde-
kultes und Gemäldegeschäftes, ist sehr verhäng-
nisvoll. Und hier muß ein Punkt berührt werden,
der für die Auswirkung der Ausstellung gefähr-
lich werden kann. Die Ausstellung ist, offenbar
absichtlich, wie aus verschiedenen Reden und
Veröffentlichungen der Ausstellungsleitung her-
vorgeht, auf Namen eingestellt. Das ist schon
ausstellungsmäßig nicht sehr günstig, wenn es
auch ausstellungstechnisch leichter sein mag.
Bei der Fotografie entscheidet nun einmal nicht

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