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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 5.1930

DOI Artikel:
Schwab, Alexander: Baupolitik und Bauwirtschaft, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.13711#0110

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BAUPOLITIK UND BAUWIRTSCHAFT

ALEXANDER SCHWAB

Reorganisation der RFG.

Das war schon lange fällig. Auch sanfte Gemüter
v/aren ungeduldig geworden, und Einsichtige wuß-
ten längst, daß hier mehr Fassade als Funktion vor-
handen war. Von Männern, die das Getriebe von in-
nen kannten, war auch offen ausgesprochen worden,
daß die jetzige Organisationsform der Gesellschaft
sie, bei allem Fleiß und guten Willen der Mitarbeiter,
hindern mußte, zu ihrem Ziel zu gelangen. Man verlor
sich notwendig in Einzelheiten — die billige Wand,
das richtige Dach, die rationale Heizung — und ver-
lor darüber das eine Ziel aus dem Auge: das billige
Haus, das ja keineswegs durch die Zusammenfügung
dieser Elemente mit Sicherheit erreicht wird. Man
wandte viel Zeit und Geld an Feststellungen, für die
teils die Technischen Hochschulen, teils die Ver-
suchslaboratorien der Industrie da sind. Der Indu-
strie gegenüber begnügte man sich vielfach damit,
ihre Mitteilungen durch Abdruck unter der Firma
der RFG zu sanktionieren, und nannte das „Zu-
sammenarbeit". Es fehlte in allem die starke, ord-
nende und auf das Ziel hinlenkende Hand.

Wenn nunmehr Wichard v. Moellendorf, lei-
der zunächst nur kommissarisch, mit der Leitung
der RFG beauftragt worden ist, so ist das mehr
als eine Personalangelegenheit; es läßt vielmehr
auf einen Systemwechsel hoffen. Der neue Mann
soll außerordentliche Vollmachten mitbekommen
haben; er hat schon während des Krieges in seiner
engen, oft bestimmenden Zusammenarbeit mit
Rathenau seine streng sachliche und aller Willkür
abgeneigte Unabhängigkeit bewiesen, die ihm in
seiner jetzigen Tätigkeit als Leiter des Staatlichen
Materialprüfungsamtes treu geblieben ist. Ingenieur
von Vorbildung, ist er doch vollkommen frei von
der in Deutschland so häufigen Enge des Nur-Fach-
mannes, vielmehr gewohnt, als Organisator das ge-
nau gekannte Detail dem gewollten Endeffekt unter-
zuordnen.

In industriellen Kreisen soll man zum Teil gegen
diese Lösung Einspruch erhoben haben mit dem
Wunsch, einen reinen Techniker an der Spitze der
RFG zu sehen. Ein bedauerlicher Irrtum: denn im
Grunde hat die Industrie selbst keinen Nutzen da-
von, wenn die RFG — wie es dann gewollt und ge-
worden wäre — nur eine technisch aufgezogene At-
trappe für die wirtschaftlichen Augenblicksinteres-
sen einzelner Industriegruppen oder gar -firmen ist.
Der dauernde Vorteil der Wirtschaft liegt vielmehr
in der Existenz eines vollkommen unabhängigen Or-
gans, das ihr mit wissenschaftlich begründeten und
sorgfältig formulierten Forderungen gegenübertritt,
an den Angeboten der Produzenten vergleichende
Kritik von der Seite des Bedarfs ausübt, und damit
den Produzenten selbst ebenso wie dem Anlage-
kapital Ziel und Richtung weist.

Die RFG steht jetzt im Grunde erst am Anfang
ihrer Aufgabe. Sie wird in Programm und Organisa-

tion unter der neuen Leitung einer gründlichen Re-
form unterzogen werden müssen, wenn sie dieser
Aufgabe gerecht werden will.

Gegen das Städtebaugesetz.

Der Berliner City-Ausschuß hat sich in einer Ein-
gabe an den preußischen Landtag stark kritisch zu
dem Entwurf eines Städtebaugesetzes ausgespro-
chen. Die Begründung stütze sich auf Leitsätze
älteren Datums, die heute von der Gartenstadtbe-
wegung, in der sie entstanden seien, nicht mehr
anerkannt werden. Der als Beispiel vorgeführte
Ruhrsiedlungsverband wird als Vorbild abgelehnt.
Gegenüber den Großstädten habe der Entwurf eine
Abschnürungstendenz. Auf Grund seiner Berliner Er-
fahrungen fordert der City-Ausschuß eine gesetzlich
gesicherte Beteiligung der Wirtschaft bei der Durch-
führung. An Stelle der rein verwaltungsmäßigen Ge-
sichtspunkte sei als Leitgedanke eine Entwicklung
auf Grund des Arbeitsprozesses in das Gesetz ein-
zubauen. — Schließlich wird gefordert, daß im Rah-
men dieses Gesetzes auch die Erleichterung und
Beschleunigung des Baugenehmigungsverfahrens
endlich geregelt wird.

Ausstellungen im Ausland.

Vom 11. bis 20. März d. J. soll in Utrecht
eine internationale Ausstellung für Hoch-, Tief-
und Städtebau stattfinden, veranstaltet vom
Verein der Direktoren der Städtischen Bau-
ämter in Holland. Folgende Gruppen sind vor-
gesehen: Stadterweiterungspläne und Städtebau
— Wasserbau usw. — Straßenbau und Parks —
öffentliche Gebäude, Werke und dergl. — Woh-
nungsbau — Städtischer Grundbesitz, Siedlungen.
Die Ausstellungsleitung hat sich die Entscheidung
über Zulassung im einzelnen vorbehalten. Auskünfte
sind durch Dipl.-Ing. L. H. H o I s b o e r, Direktor der
Gemeentewerke, Utrecht, Achter Ciarenburg 12/14,
Drucksachen durch das Deutsche Ausstellungs- und
Messeamt, Berlin W 10, zu erhalten.

Bei Prag wird im Sommer dieses Jahres unter
Leitung von Architekt Prof. P. J a r a k eine Sied-
lung von mehr als 50 Objekten errichtet und nach
dem Vorbild der Werkbundausstellungen in Stutt-
gart und Breslau zunächst ausstellungsmäßig ge-
zeigt werden. Es soll sich fast ausschließlich um
Projekte der jüngeren Architektengeneration han-
deln, und zwar vollkommen möblierte Familienhäuser
mit Gärten.

Anschriften der Mitarbeiter dieses Heftes:

Paul Renner, Oberstudiendirektor der Meisterschule für Deutsch-
lands Buchdrucker, München, Pranckhstr. 2

Dr. Th. Metz, Syndikus der Niederländischen Handelskammer für
Deutschland, Frankfurt a. M., „Haus Offenbach", Platz der Republik

Roger Ginsburger, Architekt, Paris VI e, 63 rue de Seine

Dr. Hermann von Müller, München, Tengstr. 24

Dr. Alexander Schwab, Berlin W 57, Potsdamer Str. 93

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