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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 5.1930

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Riezler, Walter: "Stockholmutställningen 1930"
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Bartning, Hans: Schwedisches Bauen
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https://doi.org/10.11588/diglit.13711#0525

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sehr wichtig genommen, und zwar einstweilen
weniger hinsichtlich der formalen Gestaltung
als vielmehr aus Gründen der offenbar auch in
dem wirtschaftlich heute noch blühenden Schwe-
den wichtigen Verbilligung.

Dazu paßt es auch, daß ein Teil der Ausstel-
lung dem Problem der Wohnung gewidmet ist,
ganz in dem Sinne der jüngsten Ausstellungen
dieser Art in Deutschland. Auch hier sucht man
nach den typischen Lösungen für das Siedlungs-
haus und die Mietswohnung, wobei entschiedener
als auf anderen Gebieten die bisher üblichen
Wege verlassen und in Raumgestaltung und Ein-
richtung neue Wege beschritten werden. Es
sind ausgezeichnete Lösungen darunter, und
ganz allgemein herrscht ein sehr gesunder Geist,
der die Probleme einfach und natürlich sieht und
auf allzu große Absichtlichkeiten verzichtet.

(Wie es in Stockholm sonst um den Wohnungs-
bau steht, darüber berichtet Bartning in dem
folgenden Aufsatz.)

Alles in allem ist diese Ausstellung eine selten
abgerundete Leistung, von der wir Deutschen
manches lernen können, — die uns auch hinsicht-
lich der „Neuen Zeit" einige Winke geben kann.
Sie entbehrt keineswegs des ernsten ideellen
und praktischen Hintergrundes, der heute allein
noch den Aufwand rechtfertigt, hat aber dabei
die Grazie und Leichtigkeit einer Improvisation,
so wie es dem nur für eine kurze Zeitspanne
Geschaffenen gemäß ist. Damit ist nicht gesagt,
daß ihre Wirkung mit ihr selbst zu Ende sein
muß. Sie wird im Gegenteil gerade deshalb
auf die Dauer stark wirken und mit dam
Neuen, das sie bringt, für Schweden eine Epoche
bedeuten.

SCHWEDISCHES BAUEN

HANS BARTNIN G

Die Lage.

Schweden baut augenblicklich intensiv. Die
beiden Wirtschaftszentren Stockholm und Go-
tenburg brauchen neue Wohnhäuser, neue Ge-
schäftshäuser.

Die Initiative geht vom Privatkapital aus, vom
Baulustigen selbst, allein oder in Zusammen-
schlüssen — vom Bürger, dem die Erneuerung
Existenzfrage geworden ist.

Grundlagen für eine durchgreifende Moderni-
sierung der Städte anläßlich dieser Bautätigkeit
sind gegeben: Die Industrie ist leistungsfähig,
z. T. schon seit Jahren rationalisiert. Die Bau-
arbeiter sind ausgezeichnet geschult und da-
durch anpassungsfähig. Und es gibt einen gro-
ßen Stab begabter Ingenieure (Bau- und Berg-
ingenieurtradition), fähiger Architekten, moder-
ner Wissenschaftler (Stadtgeografie, Volkswirt-
schaft).

Aber die effektive Mitarbeit der Behörden
fehlt noch.

Im folgenden soll zunächst vom Kampf der
jungen Architekten mit den offiziellen Stellen die
Rede sein: in ihm spiegelt sich Zielsetzung und
Arbeit der neuen Bewegung.

Probleme.

Stockholm steht vor der Gefahr einer partiel-
len Wohnungsnot. Die niederen Einkommenklas-
sen können die hohen Mieten der neuen Woh-
nungen, die 40 bis 50 v. H. ihres Einkommens
kosten, nicht bezahlen. Sie haben deshalb bisher

in den billigeren alten Häusern der inneren Stadt-
teile gewohnt. Da aber in letzter Zeit starker
Mangel an neuerschlossenen Grundstücken
herrscht, werden heute durchschnittlich fünfmal
soviel alte Häuser abgerissen wie in normalen
Jahren. Wo soll der Mann mit dem Existenzmini-
mum wohnen?

Der Weg zur Lösung •— in Deutschland schon
beschritten — wird die Großorganisation der
Herstellung der Kleinstwohnung durch die Stadt
sein. Die Stadt muß die Rentabilität der ver-
schiedenen Bauweisen und Wohnungstypen er-
forschen, muß typisieren, muß Stadtplanung und
Finanzierungssystem auf den Bau der Kleinst-
wohnung einstellen.

Die Stadt Stockholm, die einen hohen Prozent-
satz ihres Grund und Bodens besitzt, hat schon
vor Jahren den ersten Schritt zu einer derartigen
Wohnbauorganisation getan; sie leitet den Sied-
lungsbau für die mittleren und niederen Ein-
kommenklassen im Brommagebiet (8 bis 10 km
von Stockholm). Das Terrain ist dort billig; die
Bauarbeit geschieht zum großen Teil als „Eigen-
bau" durch die Wohnungssuchenden selbst; die
Verbindung des Gebiets mit den Arbeitsplätzen
der Stadt geschieht durch elektrische Bahnen
und Omnibusse verhältnismäßig rasch und billig.

Aber der zweite Schritt, die Ausarbeitung und
Durchforschung der Organisationsmöglichkeiten,
bleibt aus. Die Straßen werden in Kurven und
Schlingen angelegt, die Geländeaufteilung ge-
schieht nach demselben Brezelsystem, die Be-

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