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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 6.1931

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Bier, Justus: Ein Wohnhausumbau
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https://doi.org/10.11588/diglit.13708#0075

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EIN WOH NHAUSUMBÄU

JUSTUS BIER

Wir legen hier einige Bilder vom Umbau eines
Wohnhauses in Nürnberg vor, den Carl Gross-
berg durchgeführt hat. Es handelt sich um ein ge-
räumiges Einfamilienreihenhaus, das in den acht-
ziger Jahren des vorigen Jahrhunderts gebaut im
Äußeren wie ehemals auch im Inneren die Formen
der Neurenaissance zeigt, aber durch einen klaren,
noch klassizistischer Tradition entstammenden
Grundriß die Voraussetzungen für einen modernen
Umbau bot. Wie überhaupt dieser Typ des Reihen-
hauses mit Vorgarten und großem Hintergarten im
unbebauten Blockinnern als bürgerliches Einfamilien-
haus große Vorzüge gegenüber der heute vorherr-
schenden Kleinvilla mit allseitigem, aber viel zu be-
engtem Gartenumland hat.

Grossberg hat bei seinem Umbau zunächst für
stärkere Kommunikation der vier Räume des Wohn-
geschosses untereinander und mit dem Freiraum
(Wintergarten) gesorgt, um so an Stelle der streng
geschiedenen Einzelzimmer des alten Planes einen
einheitlichen, aber differenzierten Wohnorganismus
zu erzielen. Auch die Möblierung wurde durch die-
ses Zusammensprechen der Räume bestimmt. Sie
besitzt ein reizvolles phantastisches Moment, das
nicht durch dekorative Spielereien erzielt wurde,
sondern durch sichere Auswertung der Gegensätze,
die sich durch die verschiedenartige Funktion der
Einzelräume bei der Wahl und Austeilung der Möbel-
stücke und Beleuchtungskörper ergaben. An Einzel-
heiten sind bemerkenswert die Wandschränke aus
verchromtem Metall und grauem Opakglas, die sehr
sparsam bemessen werden mußten, da die massiven
Mauern des alten Hauses den Einbau normaler
Wandschränke unmöglich machten.

Über die Möblierung hinaus hat Grossberg dem
Haus einen besonderen Reiz durch die farbige Ge-
staltung gegeben. Sie hält sich durchweg in so
pastellartigen lichten Tönen, daß der Gesamtein-
druck dem Weiß nahe kommt, aber nicht einem kalki-
gen toten Weiß, sondern einem Weiß von farbigem
Reichtum des Lichtes. Der Eindruck der Räume be-
stätigt überzeugend ein Wort von Corbusier: .,Das
Innere des Hauses soll weiß sein, aber um die weiße
Farbe zur Wirkung zu bringen, ist Polychromie not-
wendig." Im Gegensatz zu Corbusier wie auch zu
Gropius u. a. hält Grossberg einen Raum immer in
einem Farbton zusammen. Hier wird die Raum-
anschauung des Malers Grossberg deutlich, dessen
kristallinisch durchklärte Stadtlandschaften ebenso
wie seine phantastischen, seltsam überdeutlichen,
aber durch ihre Starrheit und Totenstille doch wie-
der entrückten Traumbilder immer den klaren drei-
dimensionalen Raum bewahren, während Corbusier

in seinen Bildern ebenso wie in seiner Architektur
(Pessac!) alle materiellen Zusammenhänge vollkom-
men aufzulösen sucht.

Außer an Wohnhäusern — neben dem hier vorge-
führten sind Häuser der Architekten Schweizer in
Nürnberg und Feile in Würzburg von Grossberg far-
big gestaltet worden — hat sich Grossberg auch an
anderen Bauten, an Schweizers Tribünenkaffee
(..Form" 1929, Heft 10) und Großbauten wie dem
..Woga"-Komplex Erich Mendelsohns am Kurfürsten-
damm (Kino usw.. vergl. ..Form" 1929, Heft 4) als Ge-
stalter der farbigen Haut des Baukörpers bewährt.

Wohnhausumbau Dr. M., Nürnberg, ausgeführt von Carl
Großberg, Sommerhausen b. Würzburg. Treppenhaus und
Vorplatz im Erdgeschoß in kühlem, lichten Blau. Läufer und
Handlauf dunkleres Graublau

Renovation de la maison d'habitation de M. le Dr. M., Nuremberg.
Cage d'escalier et vestibule au rez-de-chaussee en bleu clair
froid. Tapis d'escalier et dessus de rampe en gris bleu plus sombre

House of Dr. M., Nuremberg. Staircase and hall on ground floor
in cool, light blue. Slair-carpet and hand-rail In darker greyish
blue

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