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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 8.1933

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Schwab, Alexander: Kleidung als Wirtschaftsfaktor
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Mitteilungen des Deutschen Werkbundes
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https://doi.org/10.11588/diglit.13209#0105

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der Gewebe in der Bekleidungsindustrie verarbeitet werden,
während das übrige Drittel seinen Weg zum Verbraucher
durch das Kleinhandwerk, durch die Hausschneiderin oder
durch die Hand der selbst schneidernden Frauen und Mädchen
findet. Damit stimmt ungefähr die amtliche Angabe überein,
daß 1928 von den Wollgeweben, die für Bekleidungszwecke
in Betracht kommen, etwa 40%, von den Seiden- und Kunst-
seidengeweben etwa 50% (dem Werte nach) in der Beklei-
dungsindustrie verarbeitet wurden, während der entsprechende
Anteil für die Baumwollgewebe nicht zu ermitteln sei.

Ergab sich bisher als der durchschnittliche Verbrauch für
Bekleidung (immer einschließlich Bett- und Tischwäsche) im
Jahre 1928 pro Kopf etwa 62 bis 63 Mark, so haben wir eine
gute Gegenkontrolle an den amtlichen Erhebungen von Wirt-
schaftsrechnungen im Jahre 1927 28. In der Arbeiterhaus-
haltung mit einem Einkommen von etwa 220 Mark im Monat
— also offenbar im Haushalt des gelernten, qualifizierten und
regelmäßig beschäftigten Arbeiters — entfielen durchschnitt-
lich 11,4% auf die Ausgaben für Bekleidung, d. h. aufs Jahr
umgerechnet in der Familie 300 Mark. Das stimmt, wenn man
die Familie mit 4 bis 5 Köpfen annimmt, leidlich mit unserem
Ergebnis von 62 bis 63 Mark pro Kopf überein.

Dies alles gilt für 1928, ein Jahr verhältnismäßig guter Be-
schäftigung und ziemlich hoher — gerade auf diesem Gebiet
hoher — Preise. Die Verhältnisse haben sich sehr geändert.
Es genügt, darauf hinzuweisen, daß die Reichsindexziffer für
Bekleidung, die im Jahresdurchschnitt 1928 auf 170,1 gestanden
hatte (Grundlage sind die Preise von 1913 14 mit 100), 1931
schon auf 138,6, im Juni 1932 auf 117,2 gesunken ist und
gegenwärtig kaum noch über Vorkriegsniveau stehen dürfte.
Schon damit wäre der durchschnittliche Ausgabenbetrag seit
1928 auf etwa 36 bis 37 Mark zurückgegangen, wenn die
Mengenumsätze gleichgeblieben wäre'n. Es ist aber kein
Zweifel, daß auch diese in einem zur Zeit noch nicht genauer
zu bestimmenden Umfange gesunken sind, so daß der wert-
mäßige Umsatz des Jahres 1932 wohl kaum noch die Hälfte
dessen erreicht haben dürfte, was bei unserer Rechnung für
1928 zugrunde gelegt war.

Der Außenhandel

Zur Abrundung des Bildes sei noch hinzugefügt, daß das
Gesamtgebiet der Textil- und Bekleidungsindustrie eine erheb-
liche Rolle im Außenhandel Deutschlands spielt. Wir kleiden
uns nicht mehr — oder jedenfalls nur noch zu einem ganz

geringen Teil — in die Wolle einheimischer Schafe und in
das Leinen aus einheimischem Flachs. Im Jahre 1931 haben
wir an Textilrohstoffen, Halbfabrikaten und Garnen für 685 Mil-
lionen Mark mehr ein- als ausgeführt, und haben dafür an
Geweben, Kleidung, Wäsche und anderen Textilfabrikaten für
868 Millionen mehr aus- als eingeführt. Man kann also sagen,
daß wir im ganzen mit unserer Industrie den Bedarf an
ausländischen Textilrohstoffen bezahlt und noch 180 Millionen
Geld dazu ins Land geholt haben. Das war aber 1931 nur
möglich durch die krisenhafte Senkung des Einfuhrbedarfes.
Noch 1929 war es ganz anders: da war die (ebenso er-
rechnete) Textilbilanz Deutschlands mit etwa 630 Millionen
passiv.

Zur Problematik

der Textilwirtschaft nur einige Andeutungen. Das Gebiet ist
ungeheuer, die Aufgaben sind noch kaum erkannt. Es ist wohl
kaum zu bezweifeln, daß wir — nicht nur in Deutschland,
sondern mit gewissen Unterschieden in der gunzen abend-
ländischen Welt — hier durch Verwendung zu geringer
Qualitäten ungeheure Verschwendung betreiben. Die Un-
mengen billiger Fähnchen, die fabriziert, gekauft und ver-
braucht werden, sind in Wahrheit das teuerste, was sich
denken läßt. Der Männeranzug hat sich solider gehalten, doch
sind die mythologischen Qualitäten englischer und deutscher
bester Herrenstoffe (bekanntlich sind auch die englischen
Stoffe oft aus Aachen oder Chemnitz) für den Mann mit
Durchschnittsgehalt, geschweige für den Arbeiter nur ein
unerreichbares Märchen. Die Haltbarkeit alter Militärmäntel
oder erster Kriegsmonturen ist in großen Quantitäten nur dem
Staat erreichbar. Die Mode, dirigiert vom Umsatzinteresse
der Industrie, verlangt Wechsel, immer schnelleren Wechsel
um jeden Preis; die weibliche Psychologie, man weiß es,
kommt ihr entgegen. Was ist zu tun? Die Heimkehr zu
inländischen Rohstoffen findet eine enge Grenze an der Frage
der Bodenausnutzung, die bekanntlich bei Schafzucht ganz
extensiv und daher für den weitaus größten Teil unsres
knappen Bodens das Gegenteil von volkswirtschaftlicher Ver-
nunft oder Planung ist. Plan- und Zwangswirtschaft in der
Bekleidung? Wir haben sie im Kriege gehabt, notgedrungen,
und die Erinnerungen daran sind nicht erfreulich. Heute wären
die Bedingungen für ein solches Experiment völlig anders, in
gewissem Sinne günstiger ,in den Einzelheiten jedoch unabsehbar.

MITTEILUNGEN DES DEUTSCHEN WERKBUNDES

Anschrift der Geschäftsstel I e: Berlin W 62, Lützowplatz 8 II
Fernsprecher B 5 Barbarossa 0522 Postscheckkonto Berlin 15387

Die Jahresversammlung in Hamburg ist für September in
Aussicht genommen. Eine Vorstands- und Ausschußsitzung wird
im Monat April stattfinden. Das Datum kann mitgeteilt werden,
sobald einige laufende Verhandlungen abgeschlossen sind.

Von den Arbeitsgemeinschaften hat außer dem Münchener
Bund jetzt auch der Berliner Bund den Fragebogen be-

März 1933

antwortet. Auch dieser Arbeitsbericht wird, wie der des
Münchener Bundes, an die anderen Arbeitsgemeinschaften ver-
sandt, mit der nochmaligen Wiederholung der Bitte um endliche
Beantwortung auch ihrerseits.

Die „T r i e n n a I e", Internationale Ausstellung
für moderne dekorative Kunst in Mailand, wird

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