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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 8.1933

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Ein Plagiat
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Spitzenpfeil, Lorenz Reinhard: Drei Aufsätze über die Schrift
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https://doi.org/10.11588/diglit.13209#0261

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Ein Plagiat

In Nr. 2 des laufenden Jahrgangs ist ein Aufsatz „Vom Wesen der Schrift" erschienen. Der Einsender, Herr Fritz Rabe-Köln,
hat einen geistigen Diebstahl begangen, denn die Ausführungen sind — von ganz geringen Umstellungen abgesehen — eine
wörtliche Wiedergabe eines Aufsatzes, den der bekannte Schriftschöpfer Lorenz Reinhard Spitzenpfeil unter dem gleichen Titel
am 17. November 1921 in den „Münchner Neuesten Nachrichten" veröffentlicht hat. Der Aufsatz ist auch in Spitzenpfeils aus-
gezeichneter Broschüre „Grundsätzliches über die Schrift" enthalten (Verlag H. O. Schulze, Lichtenfels, 1. Auflage 1927), die im
Herbst in 3. Auflage im gleichen Verlag erscheinen wird. Wir bringen die Ausführungen noch einmal und dazu zwei weitere
Aufsätze, um die auf langjähriger Arbeit fußenden Bestrebungen des Verfassers zur Bekämpfung des Schriftwirrwarrs, zur
Klärung der ganzen Schriftfrage und zu einer sinnvollen Weiterbildung der Schrift zu zeigen. Die Schriftleitung.

Drei Aufsätze über die Schrift

LORENZ REINHARD SPITZENPFEIL, KULMBACH

|( Vom Wesen der Schrift Seiten der Schrift und damit das Wesen des Ganzen klar

Die Schrift ist Verkehrsmittel.

herauszuarbeiten.

Die Schrift ist Ausdrucksmittel. *

In diesen zweien Gedanken hängt das Gesetz der Schrift. Die Grundform betont die besonderen Merkmale der Buch-

Denn: jede Schrift will durch Übertragung eines geistigen staben und die Unterscheidung von ähnlich aussehenden

Inhaltes der Verständigung und damit dem Verkehr dienen; Zeichen, sieht also auf das Wesentliche der Einzelheit, auf das

und anderseits kann es keine Schrift geben, die nicht persön- Trennende und Auseinandergehende. Daher bei allzunaher

liehen, völkischen und allgemein menschlichen Kulturgehalt — Berührung der Kampf ums Dasein mit allen Abstufungen der

bejahend oder verneinend und unabhängig vom Wollen oder Heftigkeit und der Zeitdauer.

Nichtwollen — zum Ausdruck bringt. Die Ausdrucksform kleidet die Buchstaben in Gewänder von

Als Verkehrsmittel fordert die Schrift die unbedingte Einhai- gleichem Stoff und gleichem Schnitt, um sie als Glieder einer

tung ganz bestimmter Zeichen mit wesentlichen Erkennungs- Familie zu kennzeichnen. Sie ist auf das Ganze, das Allgemeine

merkmalen: die Grundform. Der Kunsttrieb erstrebt in jeder gerichtet und hat die Neigung zum Annähern, zum Angleichen,

nur denkbaren Wiedergabe die Abwandlung des einmal Fest- zum Zusammengehen.

stehenden: die Ausdrucksform. Die Grundform, entstanden durch Ubereinkunft aus Erfahrung

Grundform und Ausdrucksform bedingen, durchdringen und und Gebrauch, dient dem praktischen Bedürfnis, ist als

ergänzen einander und lassen sich als ein Unteilbares wie Leib „ruhender Pol in der Erscheinungen Flucht" bis zu einem

und Seele nicht trennen. Die sichtbare Darstellung der Grund- gewissen Grade feststehend und meßbar und in manchem

form verlangt die Verwendung irgendwelcher Ausdrucksform, Sinne zeitlos.

sei sie auch die allereinfachste. Und wiederum kann keine Die Ausdrucksform ist ständig wechselnd. Sie hängt ab von
Ausdrucksform gestaltet werden, ohne dabei eine bestimmte der jeweiligen Anwendung der Schrift, von Werkstoff, Gerät
Grundform zu berücksichtigen. Bald bildet die Grundform die und Arbeitsweise, von den nicht leicht zu messenden und schwer
Voraussetzung und die Ausdrucksform die Folge, bald ist es zu fassenden persönlichen und völkischen, religiösen und staat-
umgekehrt, je nachdem wir beide in Beziehung zu einander liehen, klimatischen, örtlichen und zeitlichen Einflüssen. Stets
setzen. So sind Grundform und Ausdrucksform in jedem Buch- war die Schrift in ihrem Ausdruck ein getreues Spiegelbild vom
staben innig verbunden und lebendig, gleichwie die Bewegung Kulturzustand eines Volkes in einer bestimmten Zeit,
der Weltkörper durch gegeneinander wirkende Kräfte bestimmt Die Grundform wendet sich an das verstandesmäßige
wird. Denken. Sie verlangt Anpassung an die Eigenart der Sprache,
Bei grundsätzlichem Erörtern müssen wir dennoch Grundform größte Klarheit der Zeichen an sich wie beim Zusammenklang
und Ausdrucksform strenge auseinander halten, um die zwei der Wortbilder, Vermeiden von Doppelformen, Ausscheiden

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