Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 8.1933

DOI Artikel:
Lörcher, C. Ch.: Neubildung deutschen Bauerntums und bäuerlicher Bauweise
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13209#0270

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Entwurf für die Siedlung Striggow in Mecklenburg. Südlicher Teilabschnitt. Alte Gutsgebäude und Neubauten bilden eine
neue Einheit.

NEUBILDUNG DEUTSCHEN BAUERNTUMS UND BÄUERLICHER BAUWEISE

Wenn wir auf unsere Eingliederung in den Neuaufbau unseres
Staates rechnen wollen, dann müssen wir uns über die Grund-
fragen volklicher Erhaltung und volklicher Neubildung klar
werden, darum, weil all unser Tun nicht Selbstzweck ist und
sein kann und weil wir, wie alle anderen Teile auch, dienendes
Glied sein wollen, unser Tun und Schaffen gliedhaft im Dienste
des Ganzen sehen müssen. Der Mensch ist das Ziel, und mit
ihm das Volk.

Der Bauer soll die Ernährung unseres Volkes sichern, er soll
aber auch weiterhin, und nicht an letzter Stelle, die Erhaltung
unseres Volkstums sichern, den Bestand unseres deutschen
Volkes untermauern. Die bauliche Aufgabe bei der Siedlung
ist also nicht einseitige technische Befriedigung eines wirt-
schaftlichen Bedürfnisses, Erstellung eines Wirtschaftshilfsmittels
für die bäuerliche Wirtschaft, sondern sie ist weiter zu fassen
und hat zugleich, und wieder nicht an letzter Stelle, höheren
Zielen zu dienen.

Zur Neubildung deutschen Bauerntums gehört eine Neu-
bildung des deutschen Bauernhauses und seiner Einrichtung,
anknüpfend an eine Jahrhunderte hindurch blühende Baukultur
bäuerlicher Haltung. Nicht der Bau von Siedlerhäusern und
Siedlergehöften im hergebrachten Sinne ist die Aufgabe, sondern
die Dorfbildung als bäuerliche Gemeinschaftsgruppe, aber
wieder nicht als Summe einer Reihe von Gehöften, sondern
als organische Gemeinschaft der Bauern und ihrer Bauernhöfe,
wie wir sie in deutschen Landen noch vielerorts vorfinden.
Also nicht Siedlergehöfte, sondern Bauernhöfe, auf denen
Bauernfamilien sitzen, Volk und Vaterland verpflichtet.

Zum Bauerntum gehört ein Bauernhaus, ohne Bauernhaus kein

Bauer. Nur wer um das Bauernhaus weiß und seine Kultur
erlebt und gelebt hat, der wird sein Teil mithelfen können an
der Aufgabe, die den Bauleuten im Dienste der Neubildung
deutschen Bauerntums zu lösen gegeben ist.

Nicht jeder Bauer ist bodenverbunden; mancher Städter ist
in seinem Denken und Fühlen bäuerlicher geblieben, oder
vielleicht wieder geworden auf dem Umweg über die Stadt,
als mancher „Landwirt". Im Heimweh nach Verlorenem, im
Abstand von den Dingen, findet der Mensch vielfach erst den
wahren Wertmesser wieder für die Werte dieser Erde. Wer
das Wesen echten Bauerntums nicht erfaßt hat, wird an der
Erstellung neuer Bauernhöfe nicht fördernd tätig sein können.
Technisches Können und Verstand allein genügen nicht. Wer
da glaubt, ländliche Bauweise, bäuerliches Bauwesen, als eine
Spezialität darstellen zu können, zeigt damit nur, wie welten-
fern, oder wie verstädtert er den Aufgaben bereits gegen-
übersteht und hat nicht begriffen, die Aufgabe in ihrer
Totalität zu sehen. Die Vielgestaltigkeit der Wechselbeziehungen
zwischen Wohnung und bäuerlicher Nutzung, zwischen dem
Leben im Stall und dem Leben in der Stube, gibt dem Bau-
gedanken des Bauernhofes seine innere Begründung. Bäuer-
liche Bauweise wird immer heimische Bauweise sein, boden-
verbunden in Material und Gesinnung.

Auf die technischen Fragen unserer Aufgabe im einzelnen
einzugehen, versage ich mir, auch darum, weil diese land-
schaftlich und stammlich, wie das Bauerntum, so verschieden
sein werden, wie der Boden, den wir in seine ursprüngliche
Bestimmung zurückführen wollen, dem Bauerntum Sicherung
seiner Geschlechterfolge zu sein. Dipl.-Ing. C. Ch. L ö r c h e r.

260
 
Annotationen