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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 8.1933

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Jahresversammlung des Deutschen Werkbundes in Würzburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.13209#0329

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wickeln, sondern wir wollen auf unserer Ueberlieferung weiter
bauen, so, wie es unser Führer Adolf Hitler in Nürnberg ganz
klar herausgestellt hat.

Der Werkbund hat in seinen Grundanfängen behauptet und
herausgestellt, daß sein Streben nach Wertigkeit ginge. Von
diesem Streben ist irn letzten Jahrzehnt erheblich abgewichen
worden. Ich möchte darum vorschlagen, daß wir darauf hin-
streben, daß der Werkbund an erster Stelle setzt die Hand-
werksehre. Fahren Sie durch die deutschen Lande und sehen
Sie sich nur an den Straßen oder an den Geschäften die
Schilder an. Da können Sie sehen: Maurer- und Zimmermeister,
Architekt; —Tischlermeister sehen Sie schon ganz selten: Möbel-
fabrikanten! Schmied oder Schlosser und alle derartigen
selbstverständlichen Bezeichnungen, die die Handwerksehre
auch am Schild zum Ausdruck bringen, finden Sie fast über-
haupt nicht mehr. Jeder einzelne Handwerker schämt sich,
daß er ein Handwerker ist, weil wir ihm vorgemacht haben,
wir von der Stadt aus, daß man täuschen muß, um Geschäfte
zu machen. Diese Grundgesinnung und Grundeinstellung zu
der Leistung, die ein Mensch gelernt hat und die er vollbringen
muß und ausübt, fasse ich zusammen als Handwerksehre. Wenn
wir diese Handwerksehre nicht ganz scharf wieder heraus-
stellen und damit alle wieder ehrlich werden auch in dieser
Hinsicht, werden wir nie zu einer anderen Kunstanschauung
und Kunstübung kommen.

Es geht um die geistige Grundhaltung, und wenn ein Tischler-
meister oder Maurermeister an sich schon unehrlich ist, indem
er eine andere erschwindelte Bezeichnung und Deckung für
sein Tun gebraucht — wie wollen Sie von dem Abnehmer
seiner Erzeugnisse noch eine Ehrlichkeit erwarten, wenn der
Anbietende schon nicht mehr ehrlich ist.

Wir sind untergegangen in einem Schaffen und Streben für
die oberen Zehntausend. Sehen Sie der Reihe nach Ihre Aus-
stellungen durch, das sind keine Dinge, die für das Volk irgend
etwas zu bedeuten haben, das sind Dinge für einen ganz
kleinen Kreis Auserwählter, mit dem Volk sehe ich keine Ver-
bindung. Ich muß ausdrücklich betonen: das lag selbst-
verständlich nicht am Werkbund an sich. Der Werkbund ist
eine menschliche Form des Zusammenschlusses Vieler, und es
ist ein Irrtum, zu sagen: Der Werkbund trägt die Verant-
wortung. Die Verantwortung tragen im Leben immer Einzelne,
und diese Einzelnen, die andere Dinge auf ihre Fahnen ge-
schrieben hatten, als der Werkbund es ursprünglich getan hat,
diese tragen die Verantwortung für das, was geschehen ist.
Ich mußte dieses ausdrücklich herausstellen: Das Geltungs-
bedürfnis dieser Einzelnen und das Geschäftemacherbedürfnis
dieser Einzelnen waren die inneren Triebfedern.

Noch ein Wort muß ich sagen von dem sogenannten
r,Machen" Prominenter. Das stammt, glaube ich, aus dem
Amerikanischen, und „prominent" ist etwas, was ich nicht kenne.
Aber es soll das geben. Die Größen wurden gemacht von einer
gewissen Presse, sie wurden gemacht auf dem Asphalt am
Kurfürstendamm und im Romanischen Kaffee. Dieses „Machen"
lehnen wir ab. Eine verdiente Handwerkerehre auf Grund der
Leistung wird für uns die Anerkennung sein des Einzelnen.
Dazu werden wir beobachten den Mann, den Menschen. Es
gibt keine Leistung ohne einen ganzen Menschen! Ein soge-
nannter Prominenter mit irgend einer Spitzenleistung — die
mag da sein —, das ist für mich kein Mann, das ist irgend
ein Spezialist, aber keine Persönlichkeit. Es gibt keine
Trennung zwischen Persönlichkeit und Erzeugnis dieser Per-
sönlichkeit. Wenn Sie nicht alle willens sind, sich zu Trägern
dieser handwerklichen Grundehrlichkeit und zu dieser Grund-
ehrlichkeit eines Menschen durchzuringen und dieses Bestreben
mitzutragen, dann wird der Werkbund seine Aufgabe nicht
erfüllen können, und der Werkbund wird dann den Verlauf
nehmen, den er verdient hat.

Ich habe bereits eingangs gesagt: Es ist nicht möglich, ich
lehne es auch ab, ein Arbeitsprogramm zu geben. Das Arbeits-
beschaffungsprogramm für meinen Teil, wie ich es übersehen
kann und wie ich es vorwärts treiben kann für den Werkbund,
habe ich gegeben.

Jeder einzelne von Ihnen hat ein besonderes Gebiet, das
er besonders beherrscht. Er möge dieses Gebiet an uns
herantragen.

Vor 14 Tagen sprach ich vor einer Tagung der Reichsbauern-
führer und trug diese Gedanken vor bezüglich des Bauern-
hauses und bezüglich der inneren Haltung des Bauern, auch
unserer Haltung bezüglich der inneren Gestaltung. Da wurde
mir die Frage gestellt: Wie wollen Sie das anfangen? Da
habe ich geantwortet: Als Führer des Werkbundes glaube ich,
den Werkbund für diese Gedanken hundertprozentig ein-
spannen zu können, nicht, weil ich es will, sondern weil wir
müssen. Wenn wir nicht wollen, gut, dann wollen wir nicht.
Der Einzelne, der nicht will, mag dahingehen: Die Mehrzahl
wird wollen, weil sie muß. Wir müssen uns dieser Dinge
annehmen, weil wir nicht im luftleeren Raum irgendwo herum-
vagabundieren können, sondern weil wir uns angliedern müssen
an das, was Notwendigkeit ist.

Ich glaube, in Ihrem Sinne konnte ich die Erklärung abgeben,
daß es mir gelingen wird, daß der Werkbund sich hundert-
prozentig dafür einsetzen wird, daß wir diese Gedanken des
neuen Anfanges und der neuen Gestaltung des Bauernhauses
und der Bauernmöbel als Gebrauchsmöbel annehmen und zur
Verfügung stehen werden. Der Reichsminister Darre horchte
sofort auf: Wie kommt ein Architekt, der doch in der Stadt
sitzt, auf diese Ideen und zu diesem gedanklichen Ausdruck,
daß er sagt: Das Bauernhaus ist das zukünftige Gesicht des
Bauern und die zukünftige charakterliche Prägung des Bauern.
Ich sagte ihm: Herr Reichsminister, Sie werden keinen neuen
Bauern bilden ohne ein neues Bauernhaus und ohne neue
Bauernmöbel, und da brauchen Sie uns. Daher erreichte ich
die Möglichkeit, über diese Dinge so scharfe Forderungen
zu stellen.

An allen Stellen werden Sie Gehör finden, wenn Sie in
der Lage sind, Ihre Forderung zu formulieren. Nicht etwa
kommen und sagen: Ich will Aufträge haben. Aus diesem
Grunde kann ich auch nicht sagen: Hier liegen die Arbeits-
beschaffungsmöglichkeiten bis ins einzelne für den Werkbund.
Das ist unsere Aufgabe und Ihre Aufgabe. Ein Führer kann
nur führen, wenn er getragen ist von dem, was da ist, von
denen, die er führen soll. Sonst ist es keine Führung, sonst
ist es das, was die Römer mit Diktator bezeichnen. Adolf Hitler
verlangt ausdrücklich und macht ausdrücklich zur Bedingung:
Die Entwicklung kommt von unten und wir leiten sie, nur in
den großen Linien dirigieren wir die Entwicklung, alles andere
Tragende und Schaffende kommt von unten."

Öffentliche Kundgebung

In der öffentlichen Kundgebung wurde der Werkbund von
dem Bürgermeister der Stadt Würzburg begrüßt. Außerdem
sprachen die Vertreter des Reichsstandes der Deutschen
Industrie und der Handwerkskammer.

Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Rede von
Dr. Benze vom preußischen Kultusministerium. Er charakteri-
sierte zuerst die Anschauungen des Liberalismus von der grund-
sätzlichen Gleichheit aller Menschen, von der Allmacht der
Erziehung und der Entwicklung der Kultur. Er zeigte die Aus-
wirkungen dieser Anschauungen auf die Ansichten über Kultur
und Kunst. Er legte vor allem dar, wie falsch der Gedanke
sei, der sich am besten mit dem Ausspruch: „ex Oriente lux"
charakterisieren läßt.

Diesem Gedankengut des Liberalismus stellte er scharf die
Kulturauffassung des Nationalsozialismus gegenüber, die auf
dem Glauben und Wissen von der rassischen Bedingtheit sich

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