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NS-Frauen-Warte: die einzige parteiamtliche Frauenzeitschrift — 10.1941-1942

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Heft 3
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https://doi.org/10.11588/diglit.2783#0056
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^öallade am 6trom z°ni«tzun, °on s-ir« 40

ckr verlieh sein hauptquartier in üer versicherungsanstalt und ging in -en
vom, Ls trieb ihn, dem lieben herrgott einen Sesuch abzustatten, die Kirche
war eine Macht, -er himmel hatte Zrankreich den Sieg geschenkt, der himmel
würde auch weiter helfen, vie ewige vorsehung war gut französisch,
ver seltsame kleine Seneral lieh sich die tirgpta öffnen, er ging hinunter zu
den acht toten liaisern, er hatte ein Lefühl, alr ob er sich dort in guter, wenn
auch gefährlicher Gesellschaft befände, Aber er wollte dem leufel vor die
Schmiede gehen, um einen Ausgleich für üen Mangel seiner inneren Zestigkeit
;u finden,

E; war kühl bei den üeutschen Kaisern, ihn fror, als er oor den Särgen stand,
Oa lag veutschlanü, tot und kalt und eingegruftet, Vie Toten stanüen nicht
mehr auf, wa; tot war, blieb tot, was besiegt wor, blieb besiegt,

Ver Seneral drehte das ikäppi in den neroösen händen, man kam nie hinter
den Sinn der Vinge, der Tod war einer von jenen Leisetretern, denen man
noch nicht auf die Schliche gekommen war, wer weih, wa; alles hinter dem
2od lauerte, er kam nur immer in seiner abgeschmackten Maske und lieh sich
nicht in die liarten schauen.

vas volk erzählte sich, die toten liaiser stiegen zu gewissen Zeiten aus ihren
Särgen, wenn es hart auf hart ginge, und wenn die sogenannte deutsche Zrei-
heit in Lefahr wäre, Lei Napoleonr Ltur; wären sie von einem Zährmann
über den klhein gebracht worden in blinkender wehr und blitzenden wasfen,
um für die deutsche Einheit zu fechten, ver Leneral schmeckte etwas trocken
L.tteres, al; er an üen öegriff der deutschen Einheit dachte, Ni« und nimmer
durfte dieses Gespenst der deutschen Ginheit austauchen: denn es warf seine
frostigen Schlagschatten über Zrankreichs gesegnete Gefilüe, Vas Gebäude Sis-
marcks war geslürzt, geblieben war eine Nuine, unü auch diese muhte bir zum
letzten Stein und bi; in die Zundamente hinunter geschleist werden, Nichts
mehr von üeutscher Einheit, sie erschien einem nur noch in abgeschmackten
Träumen, sie war der fürchterliche wolf, der in die stanzösischen herden ein-
brach und die ritterlichste Nation der welt bedroht«,
ver vermessene taumelte, ein Schrei blieb gelähmt in die stehl« gebannt, er

griff nach einem halt, ,Mein herz', dachte er, ,mein-her;!'

Zm vämmerlicht zwischen den Sarkophagen stand eine Gestalt, oon Schatten
umflossen und durch die grauen Schleier fiimmernder stugen verhängt.

vie Gestalt kam langsam näher, die Umrisse klärten sich, das Gesicht gewann
mehr und mehr an Lchärfe.

«vffnete sich die Schlucht der Jahrhunderte, kam ein Sendbote des Todes gnd
rührte an ein stagwürüiges Soldatenschicksal?! liam einer mit reinem Gewissen
und wies auf der Gouverneurs beschmutztes Uleid?!

„hier steht Zrankreich!" sprach gedämpst der General, abergläubisch und an
Lrscheinungen glaubend.

plötzlich erkannte er den Menschen, wie töricht, an einen toten Xaiser ;u
denken, man muhte etwar für seine Nerven tun, ver hier stand, war kein
Uaiser, er war nichtr al; ein oerlorener Sohn seiner heimat.

„ölon clieu, le »srguis ck'Ordis?!"

Zranz Zosef heinz trat schweigend vor den stanzösifchen General hin, er
machte eine verbeugung und lächelte, aber dieses Lächeln stand unbeschreiblich
fremü und verlassen in -em verschlossenen Gesicht mit den harten und kalten
stugen,

Ver lleine General suhr über den herabhängenden Schnurrhart, dann streckte
er dem Lauernführer di« hand hin,

„D la la, Sie suken 'ier eine gutte Gesellschast?"

Lr rückte am Schulterriemen und schaute den Kebellen genau an. ver Mann
war zur Zeit sein bester Sundesgenosse, man muhte ihn nur beim verfluchten
Lhrgeiz packen, vas sinstere Gesicht mit dem rötlichen Sart, der Mund und die
schwach seitwärts gebogene Nase oerrieten ebensoviel entschlossene Tatkrast wie
Skrupellosigkeit,

„Zch habe den Geschmack an deutschen Naisern oerloren, ich sah Sie, herr
General, zufällig in den vom gehen, da bin ich hinterhergekommen, Zch stehe
zum erstenmal in dieser Totenkammer, Mir ist, als ob ich hier nicht oiel ver-

loren hätte, ich habe es mehr mit den Lebendigen zu tun, Vie Toten sind nicht
meine Zreunüe,"

ver Leneral lachte lautlos, üer Schreck war noch nicht oerflogen, er glaudte
an Zeichen, war er eine gute vorbedeutung, dah -er Mann, der letzter und
oberster handlanger seines schändlichen Planes werden sollte, ihm in diesem
Schattengewölbe gegenübergetteten war? wer war stärker hier in der Gruft,
die toten Naiser oder üer lebendige verräter?

ver abttünnige öauer stand groh -a, aufrecht und den Gberkörper ein wenig
zurückgebogen, wie einer, der einen Nngrist parieren will, üabei aber keinen
Lchritt zurückweicht,

„Ls sein gutt, wie Sie stehen » won cotö, wonsieur 'einz, auch wie eine
Naiser 6u kalLrinar, abber eine lebendige Naiser, nix tote Naiser cowwe ga."

Lr deutete auf üie Sarkophage, Zranz Zosef heinz runzelt« die örauen, eine
schwarze vorstellung zog an ihm vorüber, Lr Ichaute nach Üen Gräbern, ein
Schauer lief über seinen Nücken, es wurde ihm plöylich unbehaglich in der
Nachbarschaft der Todes, Sonderbar roch der Tod, man würde Mühe haben,
diesen Seruch ;u vergessen,

„ölonsieur 'einz", sprach der Leneral scherzenü, „kommen Sie, ist su kalt,
kommen Sie 'eraus, Sie sollen leben, Sie sein eine gutte Zreunü, ich oersiker Sie,
auch Zrankeich cst votrc ami."

Sie gingen, in der niederen Tür blieb der öauernrebell noch einmal stehen
und schaute zurück, der ganze Raum oerschwamm zu einem düsteren öild, Lr
grist sich an die Stirn und fühlte üie kühl« Zeuchte ausbrechenden Schweihes,
.Man muhte sich mit mancherlei verttaut machen in einem Menschenleben',
dachte er.

„war 'aben Lie, wonsicur 'einz?"

„kicu ctu tout, Man hat manchmal sonderbare visionen, Zch bin ein schlechter
Gesellschaster, wenn die Toten zu Gast geladen sind,"

Lr wandte sich um und ging hinter dem Leneral üie Treppe hinauf, Lr bih
die Zähne zusammen unü oerwllnschte das vämmerlicht des Gotteshauses,

Zm Leitenschist blieb er stehen und wühlte mit den Zingern im öart,

„Zch hätte Sie gerne um eine Unterredung gebeten, herr General, wir stehen
wieder einmal an einem wendepuntt, der passioe widerstand ist adgeblasen."
„ckc sais tout, wonsicur 'einz,"

„Veutschland hat uns ausgegeben, wir Linksrheinischen müssen «twar unter-
nehmen, wir hosten auf Zhre Unterstützung,"

,So sieht einer aus, der sein Land oerrät', dachte blitzschnell der General, ,ich
muh ihm die hand geben, aber ich muh mir diese hand dann waschen. hier
steht Zrankeich, hier steht nicht der Mensch '

Lr gab ihm die hand und schaute ihm ins Lesicht, dann glitt der ölick über
ihn hinaur.

va stand Zran; Zoses heinz au» dem Vorfe Drbis, der unbändige Notblonde,
der eine neue öauernidee propagieren wollte, der kühne pläne hatte und einen
beflügelten Leist, der aber in die Nbwässer geraten war statt in den steien
Strom,

va stand er, der sein waidwundes Land oerriet,

Tirards schwarzer Nabe,

„Nommen Sie in eine Stunde, ich 'aben noch eine kleine coutörcace,"
ver Marquis d'Grbis verlieh den vom,

„L,e oorbcsu noir", sprach der General und kniete oor dem hochaltar nieder,
Lr rief die heiligen an und den öeistand des himmels,

Lr wuhte nicht, wie unendlich fern dieser Gott war, den er in seiner törichten
verblendung für sich in Nnspruch nahm,

Zn seinem houptquartier wies er alle öesucher und öittsteller ab und nahm
nur den Lapitaine Marcel Zorest« mit in sein Prioatbüro, Nls er die Tür hart
geschlossen hatte, trat er knapp vor den Lapitaine hin und schaute ihm schars
in üie Nugen,

„Sie wissen, warum ich Si« hierher befohlen habe?"

„Zawohl, herr General."

„Gut, dann werden Sie wissen, dah ich im okkupierten Land keine Nachsicht
haben darf, selbst nicht mit einem Dffizier, üer auhergewöhnliche verdienste hat
Nuch nicht, wenn er Nommandeur der Lhrenlegion ist." Sor«l-tzun, -uf s«it« 47


vrs lsslt immer sclton unck llilt ietrt erst reclit.

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