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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 1.1905

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Krebs, Engelbert: Maria mit dem Schutzmantel am Freiburger Münster
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https://doi.org/10.11588/diglit.2395#0042

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32

Krebs, Maria mit dem Schutzmantel

„diesem schirmenden Dache, in diesem Schöße zärt-
licher Liebe sah jener Schauer der höchsten Dinge
„und Erforscher der Geheimnisse Gottes, Dominikus,
„eine unzählige Schar seiner Ordensbrüder, umfasst
„von der Hut eines ganz besonderen Schutzes und
„von den Armen einer ganz einzigartigen Liebe. Und
„aufjauchzend im Geiste, warf er sich nieder und
„dankte Gottes Sohn und seiner Mutter, der glor-
reichen Jungfrau. Dann aber kehrte er zu sich
„selbst zurück und schlug mit der Glocke das Zei-
„chen zur Mette und die Brüder standen sofort auf1."

Dietrich von Apolda ist ein äußerst dramatischer
Erzähler, das lässt sich wohl schon aus dieser einen
Probe seiner Kunst zur Genüge erkennen. Aber mit
der ursprünglichen Schilderung bei Zaesarius ver-
glichen, wird die Anlehnung an die Zisterziensersage
doch gar zu deutlich, ja in Einzelheiten unverkenn-
bar ersichtlich. Wie dem auch sein mag, jedenfalls
hat kaum ein Autor im Dominikanerorden mit seiner
Vita Dominici solchen Erfolg gehabt wie Dietrich.
Die Spuren derselben finden sich in den wundersamen
Lebensbeschreibungen dersüddeutschen Frauenklöster
zahlreich, und die Verfasserin des größten derartigen
Werkes, Katharina von Gebweiler, die Priorin von
Unterlinden in Kolmar, hat sogar von dem gewandten
Stile dieses Autors manches in ihre Vitensammlung
hineinverwoben, wie sich textkritisch nachweisen
lässt2. Auch der wundersame Mantel Maria ist in
diese Literatur des beginnenden H.Jahrhunderts mit
herübergenommen worden.

Damit sind wir aber in der Zeit, aus der wir
die ersten plastischen und bildlichen Darstellungen
der Madonna mit dem Mantel der Barmherzigkeit
haben, und darum sind gerade diese literarischen
Parallelen besonders interessant. Die Idee ist hier
nicht mehr so speziell auf einen bestimmten Orden
angewandt, sondern wird individueller erzählt, ein
Zeichen, dass der Gedanke ganz in die Anschauungs-
weise der Religiösen und Beghinen übergegangen ist.
So lesen wir in dem „Büchlein von der Gnaden
Überlast" der Nonne von Engeltal über Schwester
Elsbet Ortliebin: „Ir war Unser Frau gar lieb. Es
„gefugt sich zu einem mal in octava assumpcionis,
„da man sang die Sequenzen ,Salve mater salvatoris',
„da sah sie, daz Unsere Frau ob den swebt, die mess
„sungen und hext sie alle mit irm mantel umbvangen
„und da sie sungen den vers: ,Salve mater pietatis
„et totius', do kom ein grozzer gotlicher schin und
„bedacket unser frauen3."

' Theodericus de Apolda 1. c. pag. 583.

- Vgl. Krebs, Die Mystik in Adelhausen. Freiburg i. Br.
(Waibelsche Buchhandlung) 1904. S. 23 Anm. 1 und S. 64
Anm. 3.

: Der Nonne von Engeltal Büchlein von der Gnaden Über-

Aus Katharinental berichtet die Chronistin dieses
Hauses folgendes: „Ein swester, diu hieß sant Anne
„Hettin, die hat ze einer zit vil Edens an dem her-
„zen und do si eins tages in dem werchhus saß mit
ir werch, do erschein ir Unser Frau und trug einen
gar schonen mantel; an dem stund mit guldinen
„buochstaben geschriben: ave Maria! und nahm si
„Unser Frow unter iren mantel und trost sie und
„sichert sie des ewigen lebensV

Ähnliches teilt Greith aus der mystischen Viten-
sammlung des Klosters Thöß mit über Elsbet Bäch-
lin: „Als sie kaum acht Jahre alt war, schien ihr, wie
„sie selbst erzählte, im Schlafe, als ob sie Unsere
„Liebe Frau vor sich sehe; sie ging alsbald zu ihr
„hin und die reine Magd nahm sie unter ihren Man-
„tel, wie eine Mutter ihr herzliebes Kind und sprach
zu ihr: ,Siehe, aus diesem Mantel will ich dich nimmer
„lassen.' Ihr kindlich Herz ward davon mit Gnaden
„so gestärkt, dass, so oft ihr nachmals etwas Widriges
„im Kloster begegnete und sie darüber in Ungeduld
„verfiel, sie dann zurhand bei sich dachte: ,Ach, willst
„du Unserer Lieben Frauen aus dem Mantel fliehen?'""'
Eine Anführung des schirmenden Mantels Mariens
im Zusammenhang mit dem Salve Regina findet sich
in dem vorgenannten Büchlein über das Kloster
Engeltal, nur deckt hier der Mantel nicht, sondern
dient gleichsam als Waffe. Es heißt in der erwähnten
Schrift: „Da sie (Sophie von Neitstein) nu toet waz,
„do kom sie einer bewerten swester her wieder.
„Der sagte sie, daz sie daz ,Salve regina' het ange-
„hept (auf dem Totenbette) da ging Unser Fraue Maria
„ein in eim veiolfarbenen mantel und ging mit ir
„sant Agnes und vil juncfrauen. Da wet unser frau
„den mantel gen den vinden, da fluhen sie alle hin-
„wek6."

Wie in den erwähnten Frauenklöstern, so waren
auch im Freiburger Adelhauserkloster schon seit 1234
fromme Nonnen, von denen im Beginn des H.Jahr-
hunderts viel wundersame Dinge erzählt wurden.
Auch hier ward der Gnadenmantel Maria gesehen,
wie uns von Anna von Munzingen in ihrer „Chronik"
berichtet wird: „Unser Frou wart auch zu einem male
„gesehen an der wihnacht abende unter complete,
„daz sie durch den core ging und hat einen wun-
„nenclichen mantel an . . ." Die Bedeutung dieses
wonniglichen Gewandstückes aber erhellt aus einer
andern Erscheinung, die Elsbet von Valkenstein gehabt

last (vor 1355); ed. Schröder, Bibliothek des Literarischen Vereins
Stuttgart, Bd. 108. Tübingen 1871, S. 38.

1 Leben heiliger Alemannischer Frauen im Mittelalter. 5. Die
Nonnen von St. Katharinental bei Dieszenhofen; ed. Birlinger,
„Alemannia" 15 (1887) S. 181.

■' C. Greith, Die Mystik im Predigerorden. Freiburg i. Br.
1861. S. 369.

'' Engeltaler Nonne a. a. O. S. 25.
 
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