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Das Münster von Südwesten.

Der Lettner im Freiburger Münster.

Von
Kunstmaler Karl Schuster.

rst um die Mitte des 16. Jahrhunderts tritt
die Renaissance an den Bauwerken in
Freiburg auf, reichlich hundert Jahre,
nachdem sie in Italien der herrschende
Stil geworden war. Die neuen Formen
wurden zunächst ohne richtiges Verständnis an-
gewendet, erst Hans Böringer gab in seinem 1579
entworfenen Lettner ein Bauwerk, aus dem die volle
Beherrschung der Antike spricht, wie sie nur durch
gründliche Studien in Italien selbst erworben werden
konnte. Leider ist gerade dieses Werk, das auch
später weder in der Reinheit der Formen noch in
der Gediegenheit der Ausführung in unserer Stadt
übertroffen wurde, nur als Bruchstück auf uns ge-
kommen - in den beiden Musikchören, die jetzt
in den Querschiffen des Münsters aufgestellt sind.
Umfangreiche Teile des ursprünglichen Baues
sind abhanden gekommen, doch haben sich noch
erhalten: in der Münsterbauhütte das in Stein ge-
meißelte Bild des Baumeisters und ein Oberlicht-
gitter, in der St. Michaelskapelle vier Porträtreliefs
mit Wappen und zwei einrahmenden Konsolen, in
der städtischen Altertümersammlung zwei Säulen,
aus je vier Stücken bestehend, bei Glasmaler Albert
Merzweiler in Freiburg vier Maßwerktafeln samt
Deckplatten. Wie sich im Verlaufe dieser Abhand-

Freiburger Münsterblacter I, 2.

lung zeigen wird, bildete auch die fünfstufige Treppe,
die gegenwärtig vom Langhaus in den untern Chor
führt, einen allerdings in der Form etwas veränder-
ten, aber noch an ursprünglicher Stelle erhaltenen
Teil des Lettners,

Schriftliche Nachrichten über die frühere Ge-
stalt des Baues enthält ein Voranschlag des Werk-
meisters Jakob Altermadt aus dem Jahre 1667, im
Archiv der Münsterfabrikverwaltung, der das Bestehen
einer Wendeltreppe („Schneg") nachweist (siehe Bei-
lage 2) und ein Manuskript der Universitätsbibliothek,
von Kaplan Joseph Felizian Geissinger 1787 angelegt
(siehe Beilage 3). Danach bestand der Lettner aus
fünf Bogen, die zwei Chorstiegen und drei Altäre
enthielten, auch wird das Vorhandensein des Meister-
bildes sowie der vier Reliefporträts bestätigt. Geissinger
gibt eine Abbildung eines Teils des Geländers, der
jetzt nicht mehr vorhanden ist. In den Chor führten
zehn Stufen, der Abbruch und die Wiederaufstellung
im Querschiff fanden 1790 statt.

Was H. Schreiber (1820) und später Fr. Adler1
über die Urheberschaft und Datierung des Lettners
vorgebracht haben, hat sich als durchaus irrig er-
wiesen, dagegen hat F. Gelges zuerst und mit Recht

Deutsche Bauzeitung. Berl. 1881. S. 531.
 
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