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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 1.1905

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Flamm, Hermann; Albert, Peter P.: Ordnungen und Satzungen der Freiburger Münsterkirche
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https://doi.org/10.11588/diglit.2395#0073

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Ordnungen und Satzungen der Münsterkirche.

i.

Die Präsenzstatuten mit den Münstergottesdienstordnungen von 1364 und 1400.

Von

Dr. Hermann Flamm.

as durch verschiedene Gründe bedingte
rasche Wachstum der Stadt Freiburg in
I den ersten zwei Jahrhunderten nach der
yB-c2siyy) Gründung war auch auf die Entwicklung
der Pfarrei von bedeutsamem Einfluss,
der sich vor allem in der Besetzung der Münster-
pfarrei äußerte.

Nach der ältesten Verfassungsurkunde verlieh
Herzog Konrad der neuen Stadt unter andern vor-
bildlichen Rechten, wie sie andern Städten in Deutsch-
land bisher nirgends zu teil geworden waren, das
Recht der freien Pfarrwahl' oder genauer das Recht
der Vorpräsentation. Die Bürger schlugen darnach
ihren freigewählten Kandidaten dem Herzog vor, der
ihn dann dem Bischof zu präsentieren hatte. Ganz
in derselben Weise regelt auch noch der sogenannte
Stadtrodel, der aus der Zeit um 1200 stammt, also
noch unter herzoglicher Herrschaft abgefasst ist, die
Besetzung der Pfarrei-. Vollständig im Widerspruch
mit dem bisherigen Zustand erklären dagegen die
aus der Zeit der gräflichen Herrschaft stammenden
Verfassungen von 1275 und 1293 übereinstimmend:
die kilchun ze friburg sol der herre lihen, swem er
will3, stellen also die Ernennung des Pfarrers in das
völlig freie Belieben des Stadtherrn.

Die Erklärung für diese auffallende Verschiebung
geben die Ereignisse des Jahres 1247 und der nächst-
folgenden Zeit. In jenem Jahre4 nämlich versuchte

1 Verfassungsurkunde bei H. Schreiber, Geschichte der
Stadt Freiburg. 1. Tl. Freib. 1857. II. Beilage S. 30: Nunquam
alium advocatum burgensibus meis, nunquam alium sacerdotem
absque electione preficiam, sed quoscunque ad hoc elegerint, hos
me confirmante habebunt. Noch deutlicher heißt es ebenda S.35:
Nulluni dominus per se debet eligere sacerdotem nisi qui com-
muni consensu omnium civium electus fuerit et ipsi presentatus.

' H. Schreiber, Urkundenbuch der Stadt Freiburg. 1. Bd.
Freib. i. Br. 1828. Nr. I § 8: Dominus dabit ecclesiam sacerdoti,
quem burgenses communiter elegerint.

;; Das. 1. Nr. XXIV S. 75 und Nr. L S. 124.

' Zu dem Folgenden siehe U. Stutz, Das Münster zu Frei-
burg i. Br. im Lichte rechtsgeschichtlicher Betrachtung. Tüb.
und Leipz. 1901. S. 11 ff.

der regierende Graf Konrad von Freiburg den päpst-
lichen Kaplan Graf Gebhard, seinen Jüngern Bruder,
auf die jedenfalls damals schon sehr einträgliche
Pfarrstelle zu bringen. Durch ein allem Anschein
nach willkürliches Verfahren wurde der seit etwa
15Jahren seines Amtes waltende Pfarrer Rudolf5 auf
Betreiben des Grafen am 8. April 1247 vor dem Me-
tropolitangericht zu Mainz wegen angeblicher Ver-
gehungen abgesetzt und seine Stelle dem Grafen
Gebhard übertragen6. Bürgerschaft und Schultheiß
jedoch wollten von einem Pfarrer aus der gräflichen
Familie nichts wissen. Das Treiben derartiger hoch-
geborener kirchlicher Würdenträger war zu bekannt,
und die Befürchtung, dass es dem Grafen nur um
die Einkünfte zu tun war, er sich im übrigen aber
wenig um die Seelsorge kümmern würde, war nur
zu berechtigt. Der gräfliche geistliche Herr war nun
aber einmal da und nicht mehr zu verdrängen. In
einem sehr diplomatischen Bittgesuch an Papst Inno-
zenz IV., der sich damals in Lyon aufhielt, baten
daher Schultheiß und Gemeinde, der Papst möge,
da ihre Stadt 40 0007 Einwohner, aber nur eine Pfarr-

5 Sein Familienname ist nicht näher bekannt. Stutz nennt
ihn S. 11, irregeführt durch eine Stelle im Freiburger Urk.-
Buch Bd. 1 Nr. X S. 52 Rudolf von Eichstetten und lässt ihn
aus dem bekannten Freiburger Patriziergeschlecht der von Eich-
stetten abstammen. Nach dem vollständigen Abdruck der be-
treffenden Urkunde, den P. Max Straganz im 1. Bd. der Neuen
Folge des Freiburger Diöz.-Archivs S. 393 f. gibt, ist jedoch
Greiderer, dem Schreiber die Stelle im Freiburger Urk.-Buch
Rudolfo plebano de Eistat entnahm, beim Abschreiben in eine
falsche Zeile geraten und ist von dem in der Zeugenreihe
zuerst erwähnten Pfarrer Rudolf de Friburch gleich bei der
Stelle weitergefahren, wo von einem Ritter Rudolf de Eistat die
Rede ist. Die richtige Zeugenreihe lautet nach Straganz: Ru-
dolfo plebano de Friburch; viris nobilibus: domino Burchardo
de Üsenberg, Rudolfo de Eistat usw.

" J. Berger, Registres dTnnocent IV. Paris 1881. Nr. 2512.

7 Berger Nr. 2845. Die Zahl von 40000 ist natürlich
übertrieben, wie es ja auch der Zweck der Eingabe vermuten
lässt. Im Jahr 1385 zählte Freiburg 9—9500 Einwohner, war
aber schon stark im Rückgang begriffen. Einfach wie A. Hauck,
Kirchengeschichte Deutschlands. 4. Tl. Leipz. 1903. S.23Anm. 6.
 
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