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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 1.1905

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Flamm, Hermann; Albert, Peter P.: Ordnungen und Satzungen der Freiburger Münsterkirche
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https://doi.org/10.11588/diglit.2395#0096

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86

Albert, Dienstanweisungen und Bestallungen

[Er] sol auch schaffen, daz alle bruder und Schwe-
ster von dem selmesser verkundt werden, die in der-
selben fronvasten sich verbrudert haben.

Selbst die „kerzerin", die Kerzenwärterin, wurde
dem Münster durch seine Pfleger eidlich zum Dienst
verpflichtet: sie sol Unser Liben Frauen nutz fürdern
und iren schaden wenden, so vil und an ir ist gegen
den luten, die sie beschicken. Sie hatte nicht bloß
die kerzen ufzuzunden und den rauch zu bestellen und
zu spreiten, sondern auch den Bürgern und Bürge-
rinnen umzusagen und anders mehr zu besorgen.
Ihr Lohn war für jede Verrichtung vorschriftsmäßig
geregelt (Bl. 14).

Von ganz besonderer Wichtigkeit war der Dienst
des Werkmeisters beim Münster. Ihm galten die
folgenden Vorschriften (Bl. 15):

Dis ist ein werkmaister des loblichen münster
schuldig zu ton.

Item zum ersten sol ein werkmaister kein andern
b[a]u noch verding annemen, allein des b[a]us unser
frouen warten.

Item so er gesellen anstellet, ein flissig ufsehen
haben, wie sie arbeiten, und welcher der arbeit nit ein
benugen tut, sol er am nesten samstag wider wandeln
lassen.

Item er sol lugen, daß sie winter und summer
rechter zit an und abgangen.

Item er sol nichtz, das dem b[a]u zugehert, cleins
noch groß verkaufen noch zu seinem nutz bruchen on
der pfleger oder eins Schaffners wissen und willen.

Item er sol alle iar zum minsten zweimol uf den
ufgeng und gewelben gen, den b[a]u besichtigen und wo
er sehe, es were an tachwerk, an fugen oder ander
dingen, daß schad zuston weit, sol er das furderlich an-
zeigen, domit der schad furkummen werd.

Item er sol eigentlich sehen, was die puren für
fuder stein füren, das er dem Schaffner allweg anzeig,
was er darfur Ionen sol.

Item so ungewetter sind oder fuer ufgieng, sol er
allwegen zu der kirchen und zu dem turn lugen.

Item er sol nit mer den ein lerjungen haben, es
wer den sach, so noch einer vorhanden wer, der für
ein gesellen arbeitet.

Item er sol kein balierer annemen on der herren
wissen und willen.

Item was dem b[a]u zugehert, es sie werkgeschir,
kalg, ruschholz und anders, sol er trulich behalten und
verwaren lassen und sunst in allen dingen allweg des
b[a]us nutz und frommen schaffen.

In dieser Weise war für alle, auch die unter-
geordneteren Bediensteten der Münsterkirche der
Kreis ihrer Geschäfte sowie ihres Einkommens genau
umschrieben: für die Sigristen und den sogenannten
Kreuzbruder wie für den Wächter auf dem Turm
und den Totengräber. Es gab besondere Vorschrif-
ten für die Speisung all der an den verschiedenen
Festen des Kirchenjahrs zur Erhöhung des feier-
lichen Gottesdienstes mitwirkenden Personen, für

die Einsammlung des Opfergelds durch alle Zeiten
des Jahres sowie für die Leistungen und Verpflich-
tungen eines jeden sein erstes Messopfer im Münster
feiernden Priesters. Der hierarchischen Ordnung
der Kirche entsprechend war alles bis ins kleinste
geregelt zum besten des auf so vielfältige Beihilfe
angewiesenen zeremoniellen Apparates, dessen Wir-
kung und Würde durch das Versagen eines auch
nur ganz nebensächlichen Gliedes in der großen
Kette der Mitwirkenden empfindlich gestört werden
konnte. Unverrückt und zäh wurde in allen Stücken
am alten Herkommen festgehalten; Abänderungen
finden wir meist erst im Laufe des 16. Jahrhunderts
eingeführt und dabei den Rat der Stadt vielfach in
ausschlaggebender Weise beteiligt, nach Maßgabe des
innigen Wechselverhältnisses, in dem das ganze
Mittelalter hindurch Staat und Kirche, weltliche und
geistliche Ortsobrigkeit zueinander standen. Für
die Geschichte des Gottesdienstes überhaupt und
für die des Münsters und der Stadt Freiburg ins-
besondere ist deshalb die Kenntnis dieser alten
Ordnungen, wie sie im nachstehenden erstmals an
die Öffentlichkeit kommen, von mannigfacher Be-
deutung.

Der sigersten gelübt.

Item sie sollen treulich warten der kilchen und der
glocken nacht und tag mit lüten ze metti, ze meß, ze
prim, ze vesper und ze conplet, als es dan gewonlich
und harkomen ist, und gegen dem wetter und gebet und
die fürglocken.

Item sie sollen den fünf glocken, der sie warten,
ir seil kaufen und besorgen mit salben, das kein schad
davon kome, alles in irem kosten'.

Item wen sie zusamen verluten zu der frugen meß
oder zu der fronmeß2, so sollend sie zu altar dienen in
einem uberrock bi dem eid. Desglichen sollen sie zu
sant Johanns meß auch zu altar dienen und darzu die
herren helfen anlegen, die die meß versehen.

Item sie sollen getrulich warten des heiigen Öls tag
und nacht.

Item sie sollen auch des taufs trulich warten nacht
und tag und den heiligen crisam zu der tauf und zum
heiigen öl geben und das tauförklr5 und ein gelten darzu,
alles in iren kosten4.

Item sie sollen ouch versorgen das wasser in die
stein zu dem wiwasser und in die kessel und darzu
wedel geben.

Item sie sollen ouch frü ze mettizit alle die am-
pelen entzünden, die Unser Frauen sind im minster oder
ander lüt, die inen entpfolen sein, und zu der tagmeß
die nachtlichter löschen. Und so man zu bet lutet am
obend, so sond sie die nachtampelen wider entzünden
und die taglicht wider löschen. Und so man das fron-

1 Späterer Zusatz: „gibt ietz der bau".

2 Jetzt: Frauenamt.

8 Tauförkli oder Taufnapf ist das Gefäss für das Tauf-
wasser.

' Späterer Zusatz: „gibt der bau".
 
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