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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 1.1905

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L.L. Maldoners Bericht über das Freiburger Münster
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https://doi.org/10.11588/diglit.2395#0102

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Kleine Mitteilungen und Anzeigen

Anno 1514 sind die Kirchenstühle im Münster, das
Grab Christi, dann äußert dem Münster der Kirchhof
neu aufgerichtet und angeleget worden, wie all dieses
eine alte Urkunde vom Jahr 1514 bekräftiget.

Man hat schon gemeldet, daß zu Unterhaltung des
großen und weitläufigen Münsters von den Herzogen
von Zähringen keine sondere Stiftung und Fundation
zurückgelassen worden. Weil nun der Stadt Freyburg
angelegen war, wie doch darzu ein erklecklicher Fonds
und Geldsäckel aufgebracht werde, woraus die immer
vorkommende Reparationen füglich zu bestreiten sein
möchten, stellte sie mittelst getanen Gelübdes ein ewig
dauernde Ordnung auf, daß von jedem Inwohnern
beiderlei Geschlechts und zwar ohne Unterschied der
Personen, so oft wer das Zeitliche verlasset, sofort nach
seinem Hinscheiden dem Münster der Fall erlegt und
abgerichtet werden solle.

Zu was vor einer Zeit aber dieser noch heutzutag
beobachtender Brauch aufkommen, solches hat man
nirgends ergründen können. Gleichwohle lasset sich
nicht uneben mutmaßen, das Gelübde habe damals sein
Anfang genommen, als die Stadt Freyburg in Mitte des
14. Säculi, wie oben schon angezeigt, den neuen Chor
anlegen lassen. Wenigstens ist die Abgab des Falls ein
uraltes Herkommen, und war vor diesem die Gewohn-
heit, daß des Verstorbenen bestes Kleid bei den Exe-
quien auf die Totenbahre gelegt und nachwerts auf die
lange Stange, welche noch zu gegenwärtiger Stund ob
der Sakristei an dem Gang geheftet ist, so lang gelegt
und ausgestreckt werden mußte, bis die Erben dem
Unser Lieben Frauen Bau eintweders das Kleid über-
lassen oder es mit Geld ausgelöst haben.

Von wegen diesem uralten Herkommen findet sich
im fürstlich bischöflich Baselischen Archiv ein Original-
schreiben, welches einer von Adel anno 1561 an Bischof
zu Basel, Melchior von Liechtenfels, hat abgehen lassen,
und lautet es unter andern also: es war der Brauch zu
Freyburg, daß man ein seiden Kleid auf die Bahr ge-
legt und dasselbig in das Münster an Unser Lieben
Frauen Bau oder anstatt desselbigen eine Summam
Gelds verwendet oder aber ein damasten Meßgewand
dahin geben solle.

Vor altem befanden sich nach Ausweis der vorhan-
denen Akten in diesem Münster und den andern zweien
in den Vorstädten gelegener Pfarreien zu sankt Nikolaus
und zu sankt Peter eine namhafte Zahl der Priester etc.,
die man Altaristen genennet. Sie nahmen aber an der
Zahl nach und nach ab, daß im Jahr 1572 nur noch 40
gewesen sind. Weil aber auch solche 40 Altaristen nicht
mehr erhalten werden könnten und sonst auch bei ihnen
große Mißbräuche, Unordnungen und Gebrechen ein-

geschlichen, haben Erzherzog Ferdinand zu Österreich
und Markus Sittich Graf von Hohenembs, Kardinal und
Bischof zu Costanz, durch ihre in besagtem Jahr 1572
nach Freyburg abgeordnete Kommissarien die Sachen
dergestalt genau untersuchen lassen, daß man nicht allein
eine merkliche Verminderung der Priesterschaft vor-
genommen, sondern es ist auch zugleich eine bessere
Ordnung und Disziplin angestellt, denen wenig bei-
behaltenen Geistlichen mehrere Unterhalt verschafft und
ihnen dadurch der Nam Präsenzherrn allerdings zu-
gelegt worden. Und war zwar bei dieser Visitation und
der neuen Anordnung abseiten des Erzherzoges und des
Bischofes die Meinung vollkommen dahin gerichtet, wie
etwa in dem Münster, gleichwie Herzog Sigmund zu
Österreich schon anno 1479 im Sinn gehabt, ein Kol-
legiatstift mit 12 Canonicis aufgerichtet werden möchte.
Allein die Sache käme, weil die erzfürstliche Universität
und der Stadtmagistrat sich dawider gesetzt, ebensowenig
zum Stand, als wie im Jahr 1707.

Jetziger Zeit ist Rektor und Pfarrer zu Freyburg
Johann Friderich Kreysser, sacrosancte theologiae doc-
tor, sacrae scripturae professor Ordinarius, fürstlich
bischöflich costanzischer Kommissarius und venerabilis
capituli Brisacensis decanus.

Unter andern vielen im Münster vorhandenen Stif-
tungen wird wohl die Böcklische Fundation die be-
trächtlichste sein. Allda im Kreuzgang findet sich neben
andern Kapellen und Chörlein das sogenannte Böcklische
Chörle, worin an der Wand unterhalb des hohen Fen-
sters das von Stein ausgeführte große Monumentum des
Dompropstes Böcklin von Böcklinsau in die Betrachtung
fallet, als welcher eben in diesem Chörle vor dem Altar
unter einem glatten Grabstein in einem großen aus-
gehauenen, gleich einem Brunnentrog formierten Stein,
darin noch weiter ein Sarg von Kupfer ruhet, begraben
liegt. [Folgt eine Beschreibung des Grabdenkmals
Bl. 396bf.]

Was die Böcklische Stiftung berührt, muss aus
dessen Verordnung alle Sonn- und Feiertagen in seinem
Chörle eine heilige Meß gelesen werden. In den 4 Fron-
fastenzeiten wird allzeit für seine Seel, Abends die
Vigil und andern Tags darauf ein Seelamt gehalten, wo-
bei die ganze Präsenz das Requiem über die Tumbam
singet und jedesmaln 4 Klosterjungfrauen ab dem Graben
und 2 von dem Grünenwald ihr Gebet gegen einer Be-
lohnung verrichten müssen. [Folgen noch weitere Nach-
richten über die Dompropst Böcklinsche Jahrzeit-Stiftung
sowie eine Beschreibung, wie anno 1739 das Böcklinsche
Grab eröffnet und befunden worden, nach der Mitteilung
des Präsenziars und Fabrikprokurators Franz Keller
von 1748].
 
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