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Kleine Mitteilungen und Anzeigen.

Zur Geschichte der St. Michaelskaplanei im Münsterturm.

Von

Dr. Hermann Flamm.

;in altes Münsterurbar vom Jahr 1666x
erwähnt in einer Aufzeichnung der Pfrün-
den des Freiburger Münsters ein „Bene-
ficium comitum de Friburg", das im Jahr
1285 von den Grafen von Freiburg auf
St. Michaelsaltar gestiftet worden sei; der Stiftungs-
brief sei nicht erhalten. Diese Notiz enthält ver-
schiedene Unrichtigkeiten und ist auch sonst durch-
aus irreführend; Tatsache ist jedoch, dass im Münster
jahrhundertelang eine Kaplanei auf St. Michaels-
altar bestand, der in der heute noch danach be-
nannten St. Michaelsempore im zweiten Geschoss
des Münsterturms aufgestellt war. Diese Turmkapelle,
die sich weit nach dem Hauptschiff auftut, liegt
etwa 14,6 m über dem Boden der Kirche und erreicht
mit ihrer Decke eine Höhe von 15 m. Was lag also
näher als die Verwendung des Jahres 1285 als Bau-
datum und der Schluss, dass der Münsterturm, über
dessen Baugeschichte sonst nur noch die bekannte
Nachricht des Jahres 1301 vom „nüwen turne, da
die gloggen inne hangent" überliefert ist, schon 1285
eine Höhe von mindestens 30 m besessen haben
müsse? Die beiden Daten 1285 und 1301 passten
ja vortrefflich zusammen, und der überwiegende An-
teil, der den Freiburger Grafen an der Erbauung des
Turms zweifellos zukommt, sprach nicht minder
einleuchtend dafür, dass die Grafen als die Bau-
herren des Turms auch die Dotierung der Kaplanei
der Turmkapelle übernommen hätten. Dass diese Ka-
pelle gerade dem heiligen Erzengel Michael geweiht
war, schien nun noch vollends zu der mittelalter-
lichen Auffassung zu stimmen, die diesem Engel,
dem Wächter des Himmels und dem Sieger über
die Hölle, mit Vorliebe Kapellen auf Bergeshöhen,
in den Westtürmen der Burgen oder in den Ober-
geschossen der nach Westen gelegenen Kirchtürme
errichtete. Zugunsten einer Verwendung der Jahres-

zahl 1285 als Baudatum des Münsterturms sprachen
also eine Reihe sehr gewichtiger Gründe, und in
der Tat ist der Versuch einer solchen Auslegung
neuerdings von verschiedener Seite gemacht worden;
ich habe selbst lange Zeit geglaubt, an der Notiz des
Münsterurbars eine wichtige Entdeckung gemacht zu
haben, bis sich schließlich aus verschiedenen Nach-
richten der richtige Zusammenhang ergab, der es
dann allerdings erklärt, wieso die nicht wenigen Irr-
tümer über die Michaelskapelle des Münsterturms
entstehen konnten. Kurz zusammengefasst ist die
richtige Sachlage die, dass die im Jahr 1295, nicht
1285 gebesserte Pfründestiftung in der St. Michaels-
kapelle der gräflichen Burg auf dem Schlossberg nach
deren Zerstörung im Jahr 1366 in das Münster trans-
feriert wurde.

Freiburg besaß in alter Zeit im ganzen vier
Michaelskapellen'2, die auf der untern Burg auf dem
Schlossberg, die Michaelskapelle im Obergeschoss
des Münsterturms, ferner eine Michaelskapelle in der
nördlichen Vorstadt Neuburg auf dem Platz an der
Ringstraße hinter dem heutigen Kommandantenhaus
und endlich noch die aus späterer Zeit stammende
Michaelskapelle auf dem alten Friedhof, die in diesem
Zusammenhang nicht weiter interessiert.

Wahrscheinlich die älteste der drei erstgenannten
Kapellen ist die in der Vorstadt Neuburg; von ihr
wird erst dann kurz zu berichten sein, wenn die
Geschichte der Kaplanei der Grafenburg und des
Münsterturms klargestellt ist. Von der Michaels-
kapelle der Burg hören wir zum erstenmal in einer
Urkunde3, die wegen ihrer Wichtigkeit zur Klar-
stellung der Sachlage hier zunächst vollständig ab-
gedruckt werden möge:

Heinricus dei gratia Constantiensis ecclesie epis-
copus omnibus Christi fidelibus presentes litteras in-

1 Im Auszug mitgeteilt von Felizian Engler, Beiträge zur
Geschichte der Münsterpfarrei in Freiburg. Mitteilungen über
die ehemaligen kleinen Pfründen (Beneficia simplicia), welche
1664 der Münsterpräsenz inkorporiert wurden: Freiburger Diö-
zesanarchiv 22 (1892), S. 243.

2 „In sant Michels des heiligen erzengels und sant Peters
und sant Paulus der heiligen zwölfboten ere" erfolgte im Jahr
1415 auch die Stiftung der Tigesheimpfründe auf St. Martins-
altar beim Heiligen Grabe, auch Frauenaltar genannt Stadt-
Archiv: Kirchensachen, Münster, Beneficium Hans von Tigis-
heim.

3 Erzbischöfl. Archiv: V. Specialia, 3a Pfarreien und Orte.
 
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