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60

Geiges, Das St. Annen-Fenster im jetzigen Alexander-Chörlein





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ebenso wie die schwarze Tonung auf der Messer-
scheide der Mutter Anna, dem Filzhut des hl. Joachim
usw., und selbstredend wie immer auch das Silber-
gelb, womit, abgesehen von den Nimben der acht
erwachsenen Personen, alles Gelb im Fenster her-
gestellt ist, also auch die Äderung auf den blaugrün-
lichen Fliesen.

Bei einem namhaften Teil der Gläser sind mit
der Nadel in Kursivschrift die Namen der in dem
betreffenden Feld angebrachten Personen teils voll
ausgeschrieben, teils in Kürzung oder auch nur in
deren Anfangsbuchstaben einradiert, was augenschein-
lich vor dem Brennen der einzelnen Stücke geschah
und nur den Zweck haben konnte, dem Glaser beim
Verbleien das Auffinden der zusammengehörigen
Teile zu erleichtern. Ich wüsste keine andere zwang-
lose Erklärung dieser eigenartigen Wahrnehmung.
Von einem ähnlichen Verfahren spricht auch Vasari,
doch die von demselben erwähnte Numerierung wurde
nicht eingebrannt und verfolgte nur den Zweck, dem
Glasmaler eine bequemere Übersicht zu geben über
die Zusammengehörigkeit der vor der Bemalung natür-
lich noch minder leicht kenntlichen einzelnen Gläser30.

Das Brennen erfolgte im 16. Jahrhundert in der
sogenannten Pfanne, d. h. einem oben offenen Kasten
aus starkem Eisenblech, in welchem die Gläser durch
aufgesiebtes Kalkmehl oder Asche voneinander ge-
trennt, in mehreren Schichten aufeinander gelagert,
in abgeschlossenem rauchfreiem Feuer geglüht wur-
den. Bei der immerhin bedeutenden Größe mancher
Glasstücke bestand dabei mehr oder weniger stets
die Gefahr eines ungleichen Durchbrennens und
damit entweder einer Deformation der Gläser oder
eines ungenügenden Einschmelzens der Farben, wenn
die Glut entweder zu hoch getrieben oder zu rasch
gesteigert wurde. Dem letzteren Fehler dürfte die
Ablösung einzelner Teile der Malerei wohl in erster
Linie zuzuschreiben sein. Ein mehrmaliges Brennen,
das bei der beschriebenen Technik nicht unbedingt
erforderlich war, hat wohl nur ausnahmsweise statt-
gefunden. Dass eine solche Ausnahme bei dem
St. Annenfenster nicht Platz gegriffen hatte, lässt sich
mit einiger Sicherheit aus der angeführten Anwen-
dungsweise des Rotlots schließen, das man bei
kleineren Einzelheiten, wie beispielsweise den Apfel-
stielen und der Kragenschnur beim Wams des hl. Jo-
seph, mit Rücksicht auf die störende Verschiebung
jedenfalls auf der Bildseite aufgetragen haben würde,
wenn man ein zweimaliges Brennen beabsichtigt hätte.

Die Stärke der Gläser bewegt sich bei unserem
St. Annenfenster ungefähr zwischen 1,5—3,5 mm und
hält sich damit in den damals üblichen Grenzen.
Die Flächenausmessung der einzelnen Stücke über-
schreitet nicht 40 cm nach einer Dimension. Zur

Verwendung größerer Tafeln, wie sie namentlich
auch bei einzelnen der Hochchorfenster zu finden
sind, wo selbst das ansehnliche Maß von 60 cm er-
reicht wird, lag keine Veranlassung vor.

Die Verbleiung ist nicht mehr die alte. Die
jetzige Fassung entstammt der bereits erwähnten Re-
stauration, bei welchem Anlass nicht nur die gebro-
chenen Stücke durch Notbleie verbunden, sondern auch
einzelne fehlende oder zertrümmerte Teile erneuert
wurden, kenntlich durch die abweichende stark ins
Rötliche stechende Tönung des Schwarzlotes. Es gilt
das besonders von dem Fußband in der zweiten Bahn,
wo schon das schlecht geformte engbrüstige O in
dem Wort „Todnau" die Hand des Restaurators er-
kennen lässt, sowie von dem am Boden liegenden
aufgeschlagenen Buch. Letzteres ist zwar anscheinend
getreu nach dem leider nicht mehr vorliegenden
Original kopiert, fraglich ist es jedoch, ob dessen
Einordnung ehemals nicht eine etwas andere war.
Jedenfalls sind die anschließenden Teile des Fliesen-
bodens mit den aufgemalten Resten der Buchbänder
zerworfen und es ist nicht recht zu verstehen, warum
man sich anlässlich der Neufassung nicht bemühte,
bei den hier und auch an andern Stellen der Unter-
felder eingetretenen Deformationen wieder einen ge-
ordneten Zusammenhang herzustellen.

In der schlechtesten Verfassung befinden sich
die beiden Unterfelder der ersten Bahn, wobei die
starken Bruchschäden im Lüftungsflügel eine Folge
dieser Einrichtung sind, die selbst bei vorsichtigster
Handhabung immer eine große Gefahr für die ein-
gefügte Verglasung in sich birgt und erfahrungsgemäß,
trotz aller Vorkehrungen durch zahlreiche beider-
seitig angeordnete Windstäbe schließlich auch un-
vermeidlich zu einer Zertrümmerung führt. Dass
die Verglasung des andern Flügels darunter in ge-
ringerem Maße zu leiden hatte, ist nur der er-
schwerteren und darum beschränkteren Benützung
desselben zu danken.

Die neuen Bleie überschreiten bei einer Flügel-
breite von 7 mm merklich das ursprüngliche Maß,
das zum Teil nur 3 mm betrug, und an keiner Stelle
über 6 mm hinausging. Ursprüngliche Bleiruten in
ersterer Stärke sind zufällig an zwei Stellen noch
erhalten, und zwar an der oberen Bandschleife über
dem hl. Joseph und der mit dem Wort David be-
schriebenen über dem hl. Cleophas, an welcher man
des komplizierten Schnittes und der sich hieraus er-
gebenden Bruchgefahr halber eine Auswechselung
gegen neues Blei, die auch nicht gerade geboten war,
vermied. Wie die beigefügte Zeichnung erkennen
lässt, besteht hier die Bandverschlingung jeweils aus
einem rahmenförmigen Glasstück, in dessen Aus-
schnitt der durchblickende blaue Grund mittelst eines

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