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Braun, Zwei Wiener Goldschmiedearbeiten
Elements â orfèvrerie des Pierre Germain gedient
haben.
Das zweite Stück des Münsterschatzes von kaiser-
licher Provenienz ist ein prächtiger silberner, ver-
goldeter Messkelch, genannt, ich weiß nicht warum,
der Günzburger Kelch (Abb. 9). In den späten
schweren und pompösen Louis XV.-Formen ausge-
führt, trägt er reichen Schmuck an Edelsteinen und
buntem aufgelegtem Email. Der in graziösem schmalen
Fries durchbrochene Fuß ist in kräftigen Rocaille-
formen getrieben und mit drei aufgelegten gegosse-
nen Engelsköpfchen geschmückt. Am gegossenen
Nodus erblickt man die Symbole des Messopfers,
die Traube und die Ähre. Die Cupaverschalung
lassen aber den Schluss zu, dass der Kelch gleich-
falls gegen 1770 entstanden sein dürfte, was um so
wahrscheinlicher ist, als er gleichfalls ein Geschenk
des kaiserlichen Hofes ist. Was die Emails mit Szenen
aus den beiden Testamenten betrifft — es sind an der
Cupa Abendmahl (Abb. 10), Kreuzigung und Him-
melfahrt, auf dem Fuße die entsprechenden Szenen
aus dem Alten Testamente, Melchisedek und Abraham,
Wein und Brot segnend, ferner Moses mit der ehernen
Schlange (Abb. 11) und Jonas vom Walfisch an das
Land geworfen —, so ist deren Provenienz nicht
unbedingt in derselben Werkstätte zu suchen. Die
Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass sie aus Augs-
burg bezogen wurde, wo es verschiedene Meister
Abb. 10. Bunte Emailplatte vom Wiener Messkelch mit
Darstellung des hl. Abendmahls.
zeigt abwechselnd Email- und getriebene Felder,
letztere mit Engeln, welche die Leidenswerkzeuge
halten. Die Höhe des Kelches beträgt 29,5 cm. Vor-
trefflich und von feinstem Geschmack ist an dem
Kelch auch die Juwelierarbeit, der Schmuck in ver-
schiedenfarbigen Steinen und Halbedelsteinen. So
sind die Trauben am Nodus aus gefaßten Amethysten
und Smaragden gebildet.
Von dem Beschauzeichen, das knapp am unteren
Rande eingeschlagen ist und nicht ganz vollständig
dort Platz fand, sind nur die Feingehaltszahl 13 und
zu deren beiden Seiten die beiden ersten Zahlen
1 und 7 der Jahreszahl erkenntlich, analog dem Abb. 2
mitgeteilten Beschauzeichen der Ampel. Ein Meister-
zeichen ist nicht vorhanden. Die Formen des Kelches
und Vergleiche mit verwandten und datierten Stücken
Abb. 11. Bunte Emailplatte vom Wiener Messkelch mit
Darstellung des Moses mit der ehernen Schlange.
gab, die derartige Emails im großen und für den
gesamten Bedarf im Reiche produzierten, eine Ar-
beitsteilung, die schon aus technischen Gründen
sich empfahl.
Die vergoldete Patene des Kelches zeigt in
einer Kartusche das Lamm Gottes mit der Fahne in
guter Gravierung. Das vergoldete Löffelchen mit
dem Feingehaltsstempel | 13 | und der Signatur
ist ursprünglich nicht mit dem Kelche ge-
sondern war entweder schon im Besitze
wurde nachträglich in Freiburg
Die Voit waren eine
VOIT
kommen
des Münsters oder
für die Kirche verfertigt.
Freiburger Goldschmiedefamilie, die urkundlich seit
der Spätrenaissance bis in den Beginn des 19. Jahr-
hunderts nachweisbar sind.
Braun, Zwei Wiener Goldschmiedearbeiten
Elements â orfèvrerie des Pierre Germain gedient
haben.
Das zweite Stück des Münsterschatzes von kaiser-
licher Provenienz ist ein prächtiger silberner, ver-
goldeter Messkelch, genannt, ich weiß nicht warum,
der Günzburger Kelch (Abb. 9). In den späten
schweren und pompösen Louis XV.-Formen ausge-
führt, trägt er reichen Schmuck an Edelsteinen und
buntem aufgelegtem Email. Der in graziösem schmalen
Fries durchbrochene Fuß ist in kräftigen Rocaille-
formen getrieben und mit drei aufgelegten gegosse-
nen Engelsköpfchen geschmückt. Am gegossenen
Nodus erblickt man die Symbole des Messopfers,
die Traube und die Ähre. Die Cupaverschalung
lassen aber den Schluss zu, dass der Kelch gleich-
falls gegen 1770 entstanden sein dürfte, was um so
wahrscheinlicher ist, als er gleichfalls ein Geschenk
des kaiserlichen Hofes ist. Was die Emails mit Szenen
aus den beiden Testamenten betrifft — es sind an der
Cupa Abendmahl (Abb. 10), Kreuzigung und Him-
melfahrt, auf dem Fuße die entsprechenden Szenen
aus dem Alten Testamente, Melchisedek und Abraham,
Wein und Brot segnend, ferner Moses mit der ehernen
Schlange (Abb. 11) und Jonas vom Walfisch an das
Land geworfen —, so ist deren Provenienz nicht
unbedingt in derselben Werkstätte zu suchen. Die
Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass sie aus Augs-
burg bezogen wurde, wo es verschiedene Meister
Abb. 10. Bunte Emailplatte vom Wiener Messkelch mit
Darstellung des hl. Abendmahls.
zeigt abwechselnd Email- und getriebene Felder,
letztere mit Engeln, welche die Leidenswerkzeuge
halten. Die Höhe des Kelches beträgt 29,5 cm. Vor-
trefflich und von feinstem Geschmack ist an dem
Kelch auch die Juwelierarbeit, der Schmuck in ver-
schiedenfarbigen Steinen und Halbedelsteinen. So
sind die Trauben am Nodus aus gefaßten Amethysten
und Smaragden gebildet.
Von dem Beschauzeichen, das knapp am unteren
Rande eingeschlagen ist und nicht ganz vollständig
dort Platz fand, sind nur die Feingehaltszahl 13 und
zu deren beiden Seiten die beiden ersten Zahlen
1 und 7 der Jahreszahl erkenntlich, analog dem Abb. 2
mitgeteilten Beschauzeichen der Ampel. Ein Meister-
zeichen ist nicht vorhanden. Die Formen des Kelches
und Vergleiche mit verwandten und datierten Stücken
Abb. 11. Bunte Emailplatte vom Wiener Messkelch mit
Darstellung des Moses mit der ehernen Schlange.
gab, die derartige Emails im großen und für den
gesamten Bedarf im Reiche produzierten, eine Ar-
beitsteilung, die schon aus technischen Gründen
sich empfahl.
Die vergoldete Patene des Kelches zeigt in
einer Kartusche das Lamm Gottes mit der Fahne in
guter Gravierung. Das vergoldete Löffelchen mit
dem Feingehaltsstempel | 13 | und der Signatur
ist ursprünglich nicht mit dem Kelche ge-
sondern war entweder schon im Besitze
wurde nachträglich in Freiburg
Die Voit waren eine
VOIT
kommen
des Münsters oder
für die Kirche verfertigt.
Freiburger Goldschmiedefamilie, die urkundlich seit
der Spätrenaissance bis in den Beginn des 19. Jahr-
hunderts nachweisbar sind.