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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 5.1909

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Kempf, Friedrich: Neue Nachrichten über zwei Wiener Goldschmiedearbeiten aus dem Jahre 1770 im Freiburger Münster
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https://doi.org/10.11588/diglit.2635#0077
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Kempf, Neue Nachrichten über die zwei Wiener Goldschmiedearbeiten aus dem Jahre 1770 im Freiburger Münster

besser genügen zu können, beschloss Eleonora die
Stiftung eines Benefiziums. Es ist fast unglaublich,
wie viele Kostbarkeiten zu dieser Kirche im Laufe
der Zeit gestiftet wurden, teils von der Königin
Eleonora selbst und ihren Verwandten, teils von den
adeligen Familien der Umgegend. Große Festlich-
keiten wurden bei diesen Anlässen gefeiert. In
der letzten Zeit war das Königin-Bild geradezu die
berühmteste Wallfahrt in Schwaben.

Von hohen und höchsten Herrschaften kamen
oft Besuche. Am denkwürdigsten war für die Kirche
wohl der 30. April 1770, an welchem die Erzherzogin
Marie Antoinette auf ihrer Reise nach Frankreich zur
Vermählung mit dem Dauphin ihre Andacht bei
dem Königin-Bild verrichtete.

„Eine überaus kostbare Lampe, welche die (16)
Brustbilder ihrer kaiserlichen Eltern und höchsten
Geschwistern in Medaillonen auf Art eines Stamm-
baumes lebhaft vorstellet, und, die zwei im Flammen
ausschlagenden Herzen des durchlauchtigsten Hoch-
zeitspaares zur Behältnis des ewigen Lichtes sinn-
reich widmet, war der Zins der Frömmigkeit, durch
welchen die Königl. Braut für sich und ihren er-
habensten Gemahl der Mutter der schönen Liebe die
inbrünstigste Verehrung abstattete."

Der Erzherzogin wurde aus Anlass ihres Besuches
ein lateinisch abgefasstes interessantes Gedenkblatt
gewidmet, das wahrscheinlich einen Augustiner Chor-
herrn von Wettenhausen zum Verfasser hat und das
der Ampel als eines „mirabile ac memorabile opus"
erwähnt1.

Unter Joseph II. kam das Ende der Wallfahrt. Die
für die Markgrafschaft Burgau publizierte neue Pfarr-
einrichtung hatte die Sperrung der Kgl. Lothringischen
Kapelle zur Folge, die schon als Familienheiligtum
ein besseres Los verdient hätte, zumal Herzog Leo-
pold L, um dessentwillen Königin Eleonora die Stif-
tung gemacht hatte, der Großvater Josephs II. war.

Am 28. Juli 1787 gab das Ordinariat Augsburg

1 Das Gedenkblatt spricht auch von einem silbernen
Doppelherz, das Marie Antoinette in dieselbe Kirche stiftete.

infolge Zuschrift der Regierung von Freiburg dem
Dekan Feichtmayer zu Günzburg den Auftrag, „die
Übersetzung des Gnadenbildes sowohl als auch die
Sperrung der Kapelle mit Einverständnis des k. k.
Oberamtes auf eine alles Aufsehen soviel als mög-
lich vermeidende Art vorzunehmen". Die Kapelle
wurde dann auch am 9. August geschlossen und bald
darauf exekriert. Das Gnadenbild wurde in die Ka-
puzinerkirche zu Burgau übertragen, was sich an
Kostbarkeiten vorfand nach Günzburg geschafft, wozu
die Memorabilia Wettenhusiana sagen: „Ornamenta
et pretiosa Günzburgi reservantur haud dubie ean-
dem cum ceteris eiusmodi bonis et vasis habitura
sortem et (aiunt alii) mortem."

Am 27. November 1787 wurde die Kapelle auf
Abbruch versteigert und im März 1788 dem Erdboden
gleichgemacht. Nach Vollendung der neuen Pfarr-
kirche in Burgau im Jahre 1790 wurde das Gnaden-
bild in dieser untergebracht, wo es sich noch heute
befindet.

Alte Leute haben erzählt, ihre Eltern hätten oft
davon gesprochen, dass die Schätze der Kirche nach
Günzburg gekommen seien. In Günzburg hat man aber
nichts mehr davon. Sicherlich waren bei Schließung
der Kirche und bei Verteilung der Schätze auch
Regierungsbeamte von Freiburg zugegen, welche die
Ampel und einen Kelch für das Münster in Freiburg
bestimmt haben mögen.

Bezüglich des Kelches erklärt sich jetzt auch
die alte Bezeichnung „Günzburger Kelch". Auch er
ist, aber nicht für das Münster und nicht von Marie
Antoinette gestiftet, wie aus folgendem Eintrag im
Inventarverzeichnis der Domkustodie hervorgeht:
Ein vergoldeter silberner Kelch samt Paten und
Löffelchen mit mehreren echten und unechten Fluss-
steinen und einigen Emails verziert, wurde von der
Kaiserin Maria Theresia bei dem sogenannten Königl.
Wallfahrtsbilde in Burgau geopfert und von der
hiesigen Münsterkirche gekauft (Gewicht 108 Lot).

Von den eingangs verzeichneten ausgetauschten
Gegenständen ist in Burgau nichts mehr bekannt.

Von einer Bildrahme in der Böcklinkapelle.
 
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