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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 5.1909

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Flamm, Hermann: Die Präsenzstatuten des Freiburger Münsters von 1364 und 1400 )
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https://doi.org/10.11588/diglit.2635#0079
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Flamm, Die Präsenzstatuten des Freiburger Münsters von 1364 und 1400

und beklagt es, dass auch Kleriker mit höhern
Weihen — die Inhaber der Münsterpfründen besaßen
also wohl damals schon wie später nicht selten noch
nicht alle die priesterlichen Weihen — ihre Residenz-
pflicht grob verletzen. Zur Abhilfe wenden sich aber
die Generalvikare nicht wie ihre Vorgänger im Jahr
1352 an die Schuldigen selbst, sondern ernennen
eine Aufsichtsbehörde, die aus dem Propst von
Allerheiligen, demjohanniterkomtur und dem Stadt-
schreiber von Freiburg bestehen sollte. Diese drei
Obmänner sollten sämtliche Geistliche der Stadt eid-
lich zum Gehorsam gegen ihre Vorschriften ver-
pflichten und streng über deren Beobachtung wachen.
Von Interesse ist die Art, wie ein Einfluss der Stadt
Freiburg auf die Regelung der Verhältnisse der
Münstergeistlichkeit fernzuhalten gesucht wird. Et-
waige Straffällige sollen zwar nach städtischem Recht,
aber nur nach dem Ermessen der Dreierbehörde
„et non prout cives dictaverunt" bestraft werden.
Während aber die Urkunde von 1352, die wie die
des Jahres 1356 durch die Beschwerde von Bürger-
meister und Rat der Stadt Freiburg veranlasst wurde,
irgend ein städtisches Aufsichtsrecht über die Münster-
kapläne noch gar nicht erwähnt, wird nunmehr be-
stimmt, dass bei besonders schweren Vergehen der
Präsenzherren die Hilfe der weltlichen Gerichts-
behörden ohne Furcht vor der Exkommunikation,
die sonst mit einer Verletzung des besondern Ge-
richtsstandes der Geistlichkeit verbunden war, an-
gerufen werden dürfe. Damit war die Anerkennung
eines Aufsichtsrechtes der Stadt Freiburg über die
Münstergeistlichkeit, wie es die Satzungen von 1364
anerkennen, angebahnt.

Die Strafgelder weist die Urkunde der General-
vikare je zur Hälfte der Freiburger und Konstanzer
Münsterfabrik zu „in subsidium structure ipsarum
ecclesiarum".

Eine endgültige Lösung der vorhandenen Schwie-
rigkeiten konnte auch die Entscheidung des Jahres
1356 noch nicht bedeuten. Sie unterlässt es noch mehr
als die von 1352, die Residenzpflicht aufs genaueste
zu umschreiben und das Mindestmaß für die Teil-
nahme am Gottesdienst festzusetzen. Die Verpflich-
tung zur Einhaltung des Herkommens, die, nebenbei
bemerkt, beweist, dass feste Satzungen der Münster-
präsenz vor dem Jahr 1356 noch nicht vorhanden
waren, bedeutete doch zu wenig. Trotzdem verdient
die Entschiedenheit, mit der die Generalvikare des
Jahres 1356 die Ordnung der Verhältnisse versuchten,
alle Anerkennung, und es kann nur befremden, dass
schon im folgenden Jahr der neue Bischof Heinrich III.
in einem Erlass vom 15. September 1357 \ offenbar

1 Albert a. a. O. S. 34 f. Nr. 166.

auf den Wunsch der Münsterkapläne, wieder zu den
Anordnungen des Jahres 1352 zurückkehrt und diese
wörtlich übernimmt. Die Aufsichtsbehörde des Jahres
1356 wird nicht mehr erwähnt; der Bischof wendet
sich direkt an Pfarrer und Kapläne, allerdings nicht
mehr, wie dies 1352 geschah, an ihre Gesamtheit,
sondern nur noch an die beiden ältesten Kapläne.
Was also als vorläufiges Ergebnis der ganzen Verhand-
lungen blieb, war die Aufstellung dieser Oberaufsicht,
die aus der Mitte der Kapläne hervorging und die
wir wohl als Vorläufer der seit 1364 errichteten Kom-
mission der Dreier, Ternani, anzusehen haben. Bei
dieser Schwäche des Bischofs kann es nicht ver-
wundern, dass eine entscheidende Besserung der Ver-
hältnisse nicht eintrat und dass es schon 1364 eines
erneuten Eingreifens des Bischofs bedurfte, das endlich
aller Unklarheit ein Ende machte. Das Statut des ge-
nannten Jahres fasst die Gesamtheit der Kapläne unter
Wahrung ihres Rechts der Selbstverwaltung zu einer
juristischen Person zusammen und verpflichtet jeden
einzelnen Kaplan in genau festgelegter Ordnung zum
täglichen Messelesen usw. Der Stadt Freiburg wurde
bei dieser Gelegenheit ein Aufsichtsrecht über die
Geistlichkeit der Münsterpräsenz zugestanden und
ihr so ein kleiner Ersatz für den Verlust des Pfarr-
präsentationsrechts durch die Ereignisse des Jahres
1247 geboten. Im übrigen kann bezüglich der ein-
gehenderen Würdigung der Urkunde von 1364 auf
den ersten Aufsatz verwiesen werden.

Was nun weiter die wiederaufgefundenen Origi-
nale der beiden Präsenzstatuten von 1364 und 1400
betrifft, so kann von einem Abdruck derselben ab-
gesehen werden, da die Abweichungen gegenüber der
seinerzeit benützten Abschrift des ältesten Freiburger
Ratsprotokolls nur geringe sind. Eine Zusammen-
stellung dieser Besonderheiten dürfte also genügen;
einige Druckfehler mögen bei dieser Gelegenheit
ebenfalls richtig gestellt werden.

a) Das Präsenzstatut von 1364.

(Münsterblätter !, 68 ff.)

Seite 68 Absatz 2 Satz 3 findet sich die unrichtige
Lesart „parte" statt „parti" auch im Original; im Neben-
satz „quod ipsum merito haberet excusare" stellt das
Original um: „haberet merito".

Seite 68 Absatz 3 Zeile 9 ist einzuschieben: „propter
populi multitudinem".

Seite 69 Absatz 1 Zeile 26 von oben lies: „quo-
ciens taies suas missas alibi celebra bit" statt „celebra-
bunt".

Seite 69 Absatz 2 Zeile 8 Satz 2 lies: „Quodque
negligens vel etc." statt „Quique negligens etc."

Seite 69 Zeile 2 von unten hat das Original irr-
tümlich ebenfalls „manere", das schon in der Abschrift
des Ratsprotokolls durch „cavere" berichtigt ist.

Seite 70 viertletzte Zeile von Absatz 2 lies: „vel
maiorem partem ipsarum" statt „ipsorum".
 
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