Kreuzer, Zur Deutung einiger Standbilder am Freiburger Münsterturm
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hl. Oswald gleichzeitiger Schriftsteller, diesen als
„Imperator" von ganz Britannien. Es war also eine
bedeutende Macht, welche Oswald in den Dienst
seines Apostolates stellen konnte.
Im Jahre 636 vermählte sich Oswald mit Kyne-
burg, der Tochter des Königs Kynegil von Wessex,
welche kurz vorher mit ihrem Vater in Oswalds
Gegenwart durch den Priester Birin die heilige Taufe
empfangen hatte.
Im folgenden Jahre wurde dem heiligen König
sein Sohn Ethelwold geboren. Oswald lebte nun
noch frömmer als bisher und zeichnete sich nament-
lich auch durch große Almosenspenden aus.
Penda, der schon genannte heidnische Mercier-
könig, trug nach wenigen Jahren abermals die Kriegs-
fackel nach Northumbrien. In die-
sem Krieg fiel am 5. August 642
der hl. Oswald, 38 Jahre alt, in
der Schlacht bei Macerfeld. Es
werden viele Wunderzeichen be-
richtet, welche an der Todesstätte
und der Leiche des heiligen Kö-
nigs geschahen.
Oswalds Wirksamkeit hatte
aber endgültig die Herrschaft des
Christentums in Britannien be-
festigt. Schon das würde ihm ein
großes Andenken gesichert haben.
Aber mit Recht sah sein Volk
mehr in ihm als nur einen christ-
lichen Helden und großen König:
es verehrte ihn als Heiligen und
rief seine Fürbitte in seinen Nöten
an. Immer mehr nehmen die Be-
richte von wunderbaren Ereig-
nissen zu, welche mit seiner Ver-
ehrung zusammenhingen, und schon bald verbreitete
sich sein Kult auch hinüber auf das Festland >, von
dem seine Ahnen einst nach Britannien hinüber
gezogen waren. Denn Oswald ist ein Fürst aus
sächsischem Geschlecht, also deutschen Stammes;
seine Familie führte ihren Ursprung auf Odin selbst,
den Göttervater der germanischen Mythologie, zurück.
Darauf deutet schon der Name Oswald, Asenwalter,
Herrscher der Äsen, der eigentlich ein Beiname
Odins ist.
690 kam der hl. Willibrord mit 11 Gefährten
nach Friesland. Er war ein begeisterter Verehrer
des hl. Oswald, verpflanzte dessen Kult in die von
ihm bekehrten Gegenden und begründete 698 das
Kloster Echternach, welches der Hauptsitz der St. Os-
waldsverehrung wurde. In Echternach befand sich
Abbild. 9. Hl. Lucius. (?)
eine bedeutende Reliquie vom Haupte des hl. Os-
wald. Nun verbreitete sich die Verehrung unseres
Heiligen zu den Sachsen. 789 kamen durch Walt-
gerus, den Stifter des Klosters Herford, Reliquien
desselben nach Westfalen. Karls des Großen Freund,
Lehrer und Ratgeber Alkuin war ein Verwandter des
hl. Willibrord und aus gleichem Stamme wie St. Os-
wald. Seine Familie führte ihren Ursprung auf Hen-
gist und gleichfalls weiterhin auf Odin zurück. Er
besang unsern Heiligen in lateinischen Versen, als
er noch in York, seiner Heimat, war. Beda der Ehr-
würdige, Oswalds Biograph, war Alkuins Lehrer ge-
wesen. 782 folgte letzterer Karls des Großen Ruf
nach Aachen. Bald wurde eine Verwandtschaft zwi-
schen Karl und dem hl. Oswald durch des ersteren
Mutter Akka behauptet. 140 Jahre
nach des Heiligen Tod war es
wohl noch möglich, das festzu-
stellen, und es ist sicher nur na-
türlich, wenn gerade Alkuin die
Aufmerksamkeit darauf lenkte.
In Hildesheim befindet sich
heute noch in einem (bereits er-
wähnten) kostbaren Reliquiar eine
Reliquie vom Haupte St. Oswalds2.
Nun verbreiten die engli-
schen Glaubensboten und Rom-
pilger, Bischöfe und Klostergrün-
der weiter und weiter St. Oswalds
Ruhm und Verehrung auf dem
Festlande. Wo immer St. Boni-
fatius wirkt, erblüht auch dieser
Kult; sein Schüler, Erzbischof
Lullus von Mainz, lässt sich Be-
das, des Biographen Oswalds,
Schriften aus England senden, und
alsbald wird der Heilige auch in den deutschen
Martyrologien erwähnt (850 durch Wandelbert).
Alkuins Freund Arno, ein Angelsachse, zuerst
Abt in Belgien, wird 785 Erzbischof von Salzburg.
Auch dort wird in der Folge St. Oswald viel verehrt.
Ein friesischer Schüler Alkuins, Liudger, stiftete
Münster und Verden. Nach Münster kamen gleich-
falls Reliquien des hl. Oswald, und so bildete sich
abermals ein Mittelpunkt, von dem aus die Ver-
ehrung des Heiligen sich ausbreitete.
Dieser Liudger nun soll den Heliand verfasst
haben, und so liegt es nahe, in ihm auch den Vater
jener volkstümlichen sogenannten Spielmanns-Dich-
tungen zu suchen, in denen weiterhin der hl. Oswald
auf deutscher Erde als christlicher Held besungen
wurde.
Abbildung bei Viollet-Le-Duc a. a. O. I, 219 (Einschalt-
Pölzl a. a. O. S. 30 ff.; Schultze a. a. O. S. 41.
bild).
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hl. Oswald gleichzeitiger Schriftsteller, diesen als
„Imperator" von ganz Britannien. Es war also eine
bedeutende Macht, welche Oswald in den Dienst
seines Apostolates stellen konnte.
Im Jahre 636 vermählte sich Oswald mit Kyne-
burg, der Tochter des Königs Kynegil von Wessex,
welche kurz vorher mit ihrem Vater in Oswalds
Gegenwart durch den Priester Birin die heilige Taufe
empfangen hatte.
Im folgenden Jahre wurde dem heiligen König
sein Sohn Ethelwold geboren. Oswald lebte nun
noch frömmer als bisher und zeichnete sich nament-
lich auch durch große Almosenspenden aus.
Penda, der schon genannte heidnische Mercier-
könig, trug nach wenigen Jahren abermals die Kriegs-
fackel nach Northumbrien. In die-
sem Krieg fiel am 5. August 642
der hl. Oswald, 38 Jahre alt, in
der Schlacht bei Macerfeld. Es
werden viele Wunderzeichen be-
richtet, welche an der Todesstätte
und der Leiche des heiligen Kö-
nigs geschahen.
Oswalds Wirksamkeit hatte
aber endgültig die Herrschaft des
Christentums in Britannien be-
festigt. Schon das würde ihm ein
großes Andenken gesichert haben.
Aber mit Recht sah sein Volk
mehr in ihm als nur einen christ-
lichen Helden und großen König:
es verehrte ihn als Heiligen und
rief seine Fürbitte in seinen Nöten
an. Immer mehr nehmen die Be-
richte von wunderbaren Ereig-
nissen zu, welche mit seiner Ver-
ehrung zusammenhingen, und schon bald verbreitete
sich sein Kult auch hinüber auf das Festland >, von
dem seine Ahnen einst nach Britannien hinüber
gezogen waren. Denn Oswald ist ein Fürst aus
sächsischem Geschlecht, also deutschen Stammes;
seine Familie führte ihren Ursprung auf Odin selbst,
den Göttervater der germanischen Mythologie, zurück.
Darauf deutet schon der Name Oswald, Asenwalter,
Herrscher der Äsen, der eigentlich ein Beiname
Odins ist.
690 kam der hl. Willibrord mit 11 Gefährten
nach Friesland. Er war ein begeisterter Verehrer
des hl. Oswald, verpflanzte dessen Kult in die von
ihm bekehrten Gegenden und begründete 698 das
Kloster Echternach, welches der Hauptsitz der St. Os-
waldsverehrung wurde. In Echternach befand sich
Abbild. 9. Hl. Lucius. (?)
eine bedeutende Reliquie vom Haupte des hl. Os-
wald. Nun verbreitete sich die Verehrung unseres
Heiligen zu den Sachsen. 789 kamen durch Walt-
gerus, den Stifter des Klosters Herford, Reliquien
desselben nach Westfalen. Karls des Großen Freund,
Lehrer und Ratgeber Alkuin war ein Verwandter des
hl. Willibrord und aus gleichem Stamme wie St. Os-
wald. Seine Familie führte ihren Ursprung auf Hen-
gist und gleichfalls weiterhin auf Odin zurück. Er
besang unsern Heiligen in lateinischen Versen, als
er noch in York, seiner Heimat, war. Beda der Ehr-
würdige, Oswalds Biograph, war Alkuins Lehrer ge-
wesen. 782 folgte letzterer Karls des Großen Ruf
nach Aachen. Bald wurde eine Verwandtschaft zwi-
schen Karl und dem hl. Oswald durch des ersteren
Mutter Akka behauptet. 140 Jahre
nach des Heiligen Tod war es
wohl noch möglich, das festzu-
stellen, und es ist sicher nur na-
türlich, wenn gerade Alkuin die
Aufmerksamkeit darauf lenkte.
In Hildesheim befindet sich
heute noch in einem (bereits er-
wähnten) kostbaren Reliquiar eine
Reliquie vom Haupte St. Oswalds2.
Nun verbreiten die engli-
schen Glaubensboten und Rom-
pilger, Bischöfe und Klostergrün-
der weiter und weiter St. Oswalds
Ruhm und Verehrung auf dem
Festlande. Wo immer St. Boni-
fatius wirkt, erblüht auch dieser
Kult; sein Schüler, Erzbischof
Lullus von Mainz, lässt sich Be-
das, des Biographen Oswalds,
Schriften aus England senden, und
alsbald wird der Heilige auch in den deutschen
Martyrologien erwähnt (850 durch Wandelbert).
Alkuins Freund Arno, ein Angelsachse, zuerst
Abt in Belgien, wird 785 Erzbischof von Salzburg.
Auch dort wird in der Folge St. Oswald viel verehrt.
Ein friesischer Schüler Alkuins, Liudger, stiftete
Münster und Verden. Nach Münster kamen gleich-
falls Reliquien des hl. Oswald, und so bildete sich
abermals ein Mittelpunkt, von dem aus die Ver-
ehrung des Heiligen sich ausbreitete.
Dieser Liudger nun soll den Heliand verfasst
haben, und so liegt es nahe, in ihm auch den Vater
jener volkstümlichen sogenannten Spielmanns-Dich-
tungen zu suchen, in denen weiterhin der hl. Oswald
auf deutscher Erde als christlicher Held besungen
wurde.
Abbildung bei Viollet-Le-Duc a. a. O. I, 219 (Einschalt-
Pölzl a. a. O. S. 30 ff.; Schultze a. a. O. S. 41.
bild).