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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 9.1913

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Kreuzer, Emil: Zur Deutung der Standbilder am Freiburger Münsterturm
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https://doi.org/10.11588/diglit.2637#0028
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22

Kreuzer, Zur Deutung einiger Standbilder am Freiburger Münsterturm

Seine Reiterstatue (Drachenkampf) ziert den
ersten Strebepfeiler der Südseite des Chores. Auf
Fenstergemälden des Hochchores, der ersten Kaiser-
kapelle1, auf dem einen Seitenbild der Rückseite des
Hochaltars erscheint sein Bild. Auch einen Altar
besaß der Heilige im Münster. Leider ist es mir
bisher nicht gelungen, dessen Standort zuverlässig zu
ermitteln. 1482 wird er noch erwähnt2.

Auch außerhalb des Münsters kam St. Georg als
Stadtpatron zu Ehren. Auf dem Holbeinschen Titel-
bilde des Zastusschen Freiburger Stadtrechtes, sowie
auf dem Sickingerschen Stadtplan ist er zusammen mit
der Gottesmutter und dem hl. Lambertus abgebildet,
in Rüstung mit Schild und unbe-
decktem Haupt. Auf einem in
der Zeitschrift Schauinsland Jahr-
lauf 9 nach S. 50 in Reproduktion
wiedergegebenen Kupferstich der
zweiten Hälfte des 17. Jahrhun-
derts (also nach Übertragung der
Reliquien des hl. Alexander [1650]
nach Freiburg) ist außer den
Hauptfiguren der hl. Lambertus
und Alexander auch in einem
Medaillon der Drachenkampf des
hl. Georg dargestellt. Wenn auch
nach der Übertragung der Reli-
quien des hl. Alexander nach Frei-
burg und dessen Proklamierung
zum Stadtpatron St. Georg etwas
mehr in den Hintergrund trat,
so schmückt sein Reiterbild doch
heute noch an erster (mittlerer)
Stelle die Stadtpatronen-, soge-
nannte Alexanderfahne. Geissinger
berichtet, dass noch im 18. Jahrhundert alljährlich am
Kirchweihfest die Fahne des hl. Georg (wohl mit der
eben erwähnten identisch) „zu ewigem Angedenken
und keiner Vergessenheit seiner öffentlich auf dem
ehemaligen Musikantenchor" (dem damals vor dem
Chorbogen stehenden Lettner) „aufgesteckt" wurde,
da seine „Hochschätzung noch allezeit in denen
Herzen aller Bürger und Bürgerssöhnen klostet"
(= glimmt).

6.

Kehren wir wieder in die dritte Figurenreihe
zurück. Da stehen auf den westlichen Strebepfeilern
nördlich die Muttergottes mit dem Schutzmantel'0
südlich der schon erwähnte Bischof im Pontifikal-

Abbild. 15. Hl. Martin oder Nikolaus

1 Abbildung in der Zeitschrift Schauinsland 10, 56.
- Marmon S. 94.

3 Abbildung und Beschreibung in der Zeitschrift Schau-
insland 18, 25 ff.

schmuck, an den westlichen Pfeilern der Nord- und
Südseite je ein König.

Auf den ersten Blick ist erkennbar, dass die
Darstellung der Muttergottes mit dem Schutzmantel
nicht für den von ihr jetzt eingenommenen Platz be-
stimmt war. Das Bild ist viel zu klein im Verhält-
nis zu den andern Statuen und jedenfalls da oben
als Ersatz aufgestellt worden, nachdem bei einer Be-
lagerung eine feindliche Kugel die ursprünglich vor-
handene Bischofsfigur zerstört hatte. Auch weiter
oben, in der Figurenreihe um das Glockengeschoss,
steht an der südwestlichen Turmecke eine Statue,
welche nicht dahin gehört und für ihren jetzigen
Standort zu klein ist. Sie würde
nach ihren Größenverhältnissen
allenfalls zu den Figuren des
dritten Stockwerkes passen, ge-
hört aber sicher nicht hierher, da
sie eine späte Darstellung des
hl. Johannes von Nepomuk ist.
Dieser Heilige starb den Marter-
tod, nachdem die Statuen am
Turme wohl schon hundert Jahre
standen, ist auch erst 1729 ka-
nonisiert worden. Bei seiner Hei-
ligsprechung fand in Freiburg eine
Feier statt. Geissinger berichtet,
dass noch zu seiner Zeit (Ende des
18. Jahrhunderts) oben am Haupt-
portal an der Wand im Innern
des Münsters „die Figur des hl.
Johannes von Nepomuk auf der
Brücken mit Wolken und Strah-
len umgeben" stand, offenbar ein
Transparentbild, da Geissinger bei-
fügt, es sei bei der Heiligsprechung zur Illumination
verfertigt und angewendet worden. Um die Zeit der
Kanonisation dürfte auch die Statue entstanden und
nach der Belagerung von 1744, die viel Schaden am
Münster anrichtete, auf ihren jetzigen Standort ver-
bracht worden sein. St. Johann von Nepomuk hatte
seinen Altar da, wo jetzt der Dreikönigsaltar steht;
offenbar war aber der Altar selbst älter als seine
Widmung an Johannes von Nepomuk, und ich
möchte vermuten, dass er ursprünglich der Altar des
hl. Georg gewesen sei.

Dass an der Stelle, wo jetzt die Muttergottes mit
dem Schutzmantel steht, vorher eine Bischofsfigur,
wie am andern Pfeiler, stand, kann kaum bezweifelt
werden. Die ganze Anordnung der Statuen spricht
dafür: einem König entspricht wieder ein König,
einem Ritter wieder ein Ritter.

Die noch vorhandene Bischofsstatue des süd-
lichen Westpfeilers entbehrt jeden besondern Kenn-
 
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