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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 9.1913

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Kreuzer, Emil: Zur Deutung der Standbilder am Freiburger Münsterturm
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https://doi.org/10.11588/diglit.2637#0031
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Kreuzer, Zur Deutung einiger Standbilder am Freiburger Münsterturm

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Die zweite Gattin Sigismunds verdächtigte seinen Kloster Hirsau wurden 1091 bei der Weihe der

thronfolgeberechtigten Sohn aus erster Ehe, als strebe Altäre auch Reliquien des hl. Sigismund in einen

er danach, dem Vater die Krone zu entreißen. Der Altar gelegt4, ein Beweis, wie von Einsiedeln aus

König ließ sich täuschen und in seinem Grimm dieser Kult sich weithin verpflanzte,

seinen Sohn töten. Bald aber stellte sich dessen 1127 gelangen, wie erwähnt, die Herzoge von

Unschuld heraus und den König erfasste die bitterste Zähringen in den Besitz der Regentschaft von Bur-

Reue. Er zog sich in das Kloster zu Agaunum zu- gund (Hochburgund, alemannischem oder transjura-

rück, tat strenge Buße, musste aber dann vor der nischem Burgund), und sie verbleiben darin bis zu

Blutrache der Verwandten seiner ersten Frau und ihrem Aussterben 1218. Schon dadurch ist es wahr-

jenes getöteten Sohnes fliehen. Er fiel in die Hände scheinlich gemacht, dass die Verehrung des heiligen

des Frankenkönigs Chlodomir und wurde trotz der Landespatrons von Burgund auch in Freiburg, wenig-

Bitten des hl. Avitus1, Abtes von Micy und späteren stens soweit die Dynastie in Betracht kam, nicht

Bischofs von Vienne, enthaup-
tet und in einen Brunnen ge-
worfen (im Jahre 524).

In Agaunum-St. Maurice
fand, als bald darauf Chlodo-
mir, wie es Avitus ihm ange-
droht, von den Burgundionen
besiegt und ebenfalls enthauptet
worden war, der hl. Sigismund
sein Grab. Hier entstand bald
der Mittelpunkt seiner Ver-
ehrung. War doch der könig-
liche Büßer für Burgund,
ebenso wie ein Jahrhundert
später St. Oswald für Eng-
land, der Wiederbegründer des
Christentums, ein königlicher
Apostel und Glaubensheld ge-
wesen.

Seine große Neustiftung
Agaunum-St. Maurice ist heute
noch ein wichtiger Mittelpunkt
des religiösen Lebens in der
Schweiz. Die Verehrung des
hl. Sigismund hat sich von da
mehr und mehr ausgebreitet.

In Tirol ist er Patron einer großen Zahl von
Kirchen geworden, tirolische, luxemburgisch-böh-
mische, österreichische Fürsten trugen seinen Na-
men. Zwischen den Jahren 1026 und 1039 ver-
schaffte Bischof Hartmann von Chur, ein Mönch

Abbild. 17. Kaiser Heinrich der Heilige.
Im Freiburger Münster.

ohne Spuren geblieben ist. An
Beziehungen der Herzöge zu
Einsiedeln fehlte es gleichfalls
nicht, und im 10. und noch
13. Jahrhundert hat dieses
Kloster namhafte Besitzungen
und damit auch geistigen Ein-
fluss im Breisgau (Kirchzarten,
St. Georgen, Altenkenzingen,
Riegel u. a.5).

Zahlreiche Momente neben
der ikonographischen Eigen-
tümlichkeit unserer Statue
sprechen somit dafür, dass in
ihr der heilige König Sigis-
mund sein Denkmal am Mün-
sterbau erhielt.

Es bleibt noch die ent-
sprechende Königsfigur auf
dem westlichen Südpfeiler zu
besprechen.

Sie trägt ein langes, um-
gegürtet in geraden Falten ab-
fallendes Gewand, darüber
einen Hermelinschulterkragen,
aus welchem ein Mantel in un-
gebrochenem Faltenwurf herabwallt. Das Angesicht
ist bartlos, die Stirnhaare sind schön geordnet, gleich-
mäßig zugeschnitten und nach innen gelockt. Reiche
lange Locken umrahmen das Antlitz, eine prächtige
Blattkrone schmückt das Haupt. Die linke Hand hält

des Klosters Einsiedeln, diesem mit St. Maurice bis ein Zepter, die rechte in unnatürlicher Haltung den

heute befreundeten Kloster das Haupt des hl. Sigis- Reichsapfel. Diese rechte Hand ist zweifellos eine

mund2. Fortan blieb auch Einsiedeln ein Mittel- moderne Ergänzung, wie die linke der Statue des

punkt, von dem aus sich die Kunde und Verehrung hl. Sigismund.

des hl. Sigismund verbreitete. Noch heute ist diesem
Heiligen, als einem der ältesten Schutzpatrone des
Klosters, ein besonderer Altar der Stiftskirche ge-
weiht, auf dem sein Standbild sich erhebt". Im

1 Montalembert a. a. O. II, 285.

- Odilo Ringholz, Wallfahrtsgeschichte U. L. Frau von Ein-
siedeln. Freiburg 1896 S. 41.
Freiburger Münsterblätter IX, 1/2.

Es wird schwer fallen, dieses Bildnis in absolut

J Beschreibung des Klosters und der Wallfahrt zu Maria-
Einsiedeln. 29. Aufl. S. 62.

1 Beissel, Heiligenverehrung a.a.O. S.26; Ringholz a.a.O.
S. 15.

'•' Odilo Ringholz, Geschichte des Fürstlichen Benediktiner-
stiftes U. L. Frau von Einsiedeln 1, S. 46.

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