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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 9.1913

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Münzel, Gustav: Christian Wenzinger und die Taufsteine im Freiburger Münster und in St. Peter
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https://doi.org/10.11588/diglit.2637#0042
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Münzel, Christian Wenzinger und die Taufsteine im Freiburger Münster und in St. Peter

danach die Taufbuchstelle im Zusammenhang mit den
Rechnungen von Hauser und Hörr interpretiert wird,
das Modell geliefert und die Ausführung nur über-
wacht, dann könnte man ihn trotzdem als den Meister
des Taufsteins bezeichnen. In jedem Falle hätte es
sich nach der Länge der dazu aufgewandten Zeit um
ein vollständig durchgeführtes Modell gehandelt.
Diese Teilung von
Entwurf und Ausfüh-
rungwurde bei großen
Aufträgen im Barock
häufig geübt. Und
auch heute ist es eine
sehr oft angewandte
Art der Arbeit; viele
Bildhauer beschrän-
ken ihre Tätigkeit am
Steine selbst auf eine

Überwachung der
Ausführungund Über-
arbeitung.

Allein die Tätig-
keit Wenzingers am
Taufstein ging, wie
dieTaufbuchstelle un-
zweifelhaft zeigt, dar-
über weit hinaus. Die

betreffende Stelle
heißt: Novum bap-
tisterium . . . hodie
tandem, id est die
17ma Augusti curren-
tis anni 1768, sub
directione nobilis et
spectatissimi domini
Christiani Wenzinger
sculptoris artificiosis-
simi pariter ac cele-
berrimi in parochia-
lem nostram basili-
cam delatum et ad-

hibitis trochlearum
machinis in proprio
suo loco collocatum

fuit circa horam quartam vespertinam, postquam
praefatus dominus in eo ad régulas sculpturae exac-
tissime elaborando quasi quinque menses consump-
sisset. Rebus itaque omnibus, quae ad sacramentalem

baptismi administrationem pertinent, rite dispositis
ad sacrum novi huius baptisterii fontem adjuvante
supremi dei gratia'. Die Wendung „postquam prae-
fatus dominus in eo ad régulas sculpturae exactissime
elaborando quasi quinque menses consumpsisset"
spricht von der Tätigkeit Wenzingers am Tauf-
stein selbst, es liegt deutlich darin ausgedrückt, dass

Wenzinger an der Aus-
führung des ganzen
Werkes eigenhändig
gearbeitet hat. Hau-
ser und Hörr sind bei
dieser Arbeit nur zur
Mithilfe Wenzingers
herangezogen wor-
den'2. Dass Wenzin-

Abbild. 1. Der Tauf stein in St. Peter.

Bildhauerarbeiten des Münsters. . . . Dem Stil dieser Gruppe
sehr verwandt sind einige noch erhaltene Bildhauerarbeiten... ."
(Diese Figuren, die sich in der Stadt befinden, werden dann
aufgezählt.) „Man wird diese Arbeiten statt wie bisher Wenzinger
nunmehr Anton Xaver Hauser zuschreiben müssen." — Dem-
entsprechend ist auf Elchlepps Serienbildern des Münsters die
Deckelgruppe als Werk Anton Xaver Hausers aufgeführt.

1 Taufbuch derMün-
sterpfarrei 1754—82 Blatt
39011 f.

2 Hörr erhielt für
seine gesamte Arbeit, in-
begriffen eine mehrtägige
Reise in den Steinbruch,
90 fl. 52 x. Davon waren
ursprünglich 60 fl. akkor-
diert für die Arbeit, um
11 fl. wurde er aufgebes-
sert. Hauser erhielt für
Bildhauerarbeit am Deckel
50fl., für die Fassung 33/L
Von Anton Xaver Hauser
(1716—72) sind überhaupt
keine gesicherten Arbeiten
bekannt. Von Hörr (ge-
storben 1785 im Alter von
54 Jahren) sind entgegen
der Annahme Dehios, der
ihn an der angeführten
Stelle als sonst unbekannt
aufführt, einige Arbeiten
bekannt. So aus dem Jahre
1766 ein jetzt nicht mehr
vorhandenes Marienbild
für den Altar der zweiten
Kaiserkapelle(H.Sc/jreife«r,
Geschichte und Beschrei-
bung des Münsters zu Frei-
burg i. Br. Freib. 1820
S. 263). An den Zähringer
Epitaphien in St. Peter ar-
beitet 1768 auch ein Bild-
hauer Heer, worunter wohl unser Bildhauer Joseph Hörr zu
verstehen ist (Kunstdenkmäler Badens Bd. 6, 1. Freiburg 1904
S. 337). Im Jahre 1770 beginnt Hörr die Bildhauerarbeiten am
Hause des Präsidenten von Sickingen, dem jetzigen Großherzog-
lichen Palais. In dem Vertrag über diese, von einem gewissen
Ansehen des Künstlers zeugende Arbeit vom 18. Juli 1770
(Stadtarchiv: Fürsten und Herren) unterschreibt er sich zwar
Hörr, im Vertrage selbst wird er aber Herr genannt. Diese
Namensform Herr erlaubt die Annahme, dass auch unter dem
Bildhauer Heer in St. Peter der Freiburger Hörr zu verstehen ist.
Weiter ein Alabasterrelief, jetzt in St. Paul in Kärnthen: Joseph II.
hört 1777 die Messe des Abtes Martin Gerbert an (Kunstdenk-
mäler Badens Bd. 3. Freiburg 1892 S. 105); dann der Fisch-
 
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