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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 9.1913

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Asmus, Rudolf: Der "Fürst der Welt" in der Vorhalle des Freiburger Münsters
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https://doi.org/10.11588/diglit.2637#0048
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Relief an der Brüstung der I. Kaiserkapelle des Münsters.

Der „Fürst der Welt"

55

in der Vorhalle des Freiburger Münsters.

Von

Professor Dr. Rudolf Asmus1

W(fÇr?{m Freiburger Münster steht an der West-
s' wand der nördlichen Hälfte der Vorhalle
^CH-^Tc an erster Stelle die Figur eines reich-
/jwK^f geschmückten Königs, der mit einladen-
der Gebärde dem Beschauer eine Rose
entgegenstreckt. Sein von dem Gewände freigelassener
Rücken entbehrt der natürlichen Bedeckung durch
die Haut und ist durch ein wüstes Gewimmel von
Schlangen, Eidechsen und Kröten verunziert. Die-
selbe Idee kehrt in ähnlicher Ausführung am süd-
lichen Hauptportal des Straßburger und an der West-
front des Basler Doms wieder.

Karl Schäfer2 hat die Freiburger Statue mit über-
zeugenden Gründen als den Fürsten der Welt,
gedeutet. Man hätte ihm zufolge in dieser Gestalt
lediglich eine männliche Umbildung desselben Ge-
dankens zu erblicken, welcher an der Westfront des
Wormser Doms und an der Sebalduskirche zu Nürn-
berg als Frau Welt ausgebildet ist. Literarisch
wird diese weibliche Fassung erstmalig von Walter
von der Vogelweide gestreift, um kurz darauf in
breiter Ausführung bei Konrad von Würzburg wieder-
zukehren. Weder Wilh. Wackernagel, der sich zu-
erst um die schriftliche Überlieferung bemüht hat3,
noch Joh. Sachse' noch Schäfer" noch Kurt Moriz-

1 Abdruck aus dem iRepertorium für Kunstwissenschaft .
35. Bd. Berlin, Georg Reimer, 1912 S. 509—512.

3 Frau Welt, eine Allegorie des Mittelalters. Schauinsland
17 (1891), S. 58 ff.

:l Haupts Zeitschrift für deutsches Altertum 6, 151 ff.

1 Der Welt Lohn- von Konrad von Würzburg. Beilage
zum Jahresbericht der Dorotheenstädtischen Realschule. Berlin
1857.

r' A. a. O.

Eichborn* noch Jos. Sauer1 konnten ein früheres
Vorkommen unseres Vorwurfs in der Literatur nach-
weisen.

War aber überhaupt die weibliche Ausgestaltung
die ursprüngliche? Für diese Annahme ist bis jetzt
noch keinerlei Beweis erbracht worden. Sie wird
hinfällig, sobald sich ein Fürst der Welt aufzeigen
lässt, der älter ist als die Frau Welt bei Walter.
Einen solchen glaube ich entdeckt zu haben, und
zwar an einem sehr abgelegenen und sonderbaren
Ort, nämlich bei einem -Fürsten der Welt , der,
nach christlicher Auffassung wenigstens, dem unsrigen
so nahe steht, dass man ihn in der Kirche nur mit
einer Verwünschung erwähnte. Wir meinen keinen
Geringeren als Julianus Apostata. In seinem Gast-
mahL findet sich" folgende Stelle: (In die Götter-
versammlung) kam . . . Tiberius mit würdiger und
strenger Miene und einem zugleich besonnenen und
kriegerischen Blicke hereingeeilt. Als er sich aber
seinem Sitze zuwandte, da wurden auf seinem Rücken
unzählige Wunden sichtbar: so eine Art von Brand-
malen und Schrammen und Spuren von schweren
Hieben und Striemen und, wie eingebrannt, Krätze-
narben und Flechten, die Folgen seiner Ausschwei-
fungen und seines wüsten Lebenswandels. Da sagte
Silen zu ihm: Anders, traun, o Fremdling, erscheinst
du mir jetzo denn vormals. Der so gezeichnete
Kaiser hat mithin zweierlei mit dem ;Fürsten der

6 Der Skulpturenzyklus in der Vorhalle des Freiburger
Münsters. Studien zur deutschen » Kunstgeschichte. 16. Heft
Straßburg 1899.

7 Symbolik des Kirchengebäudes. Freiburg i. Br. 1902 S. 369.

8 P. 309 C ed. Spanheim = P. 397, 18 ed. Hertlein.
 
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