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Da wir von vornherein unser Augenmerk darauf gerichtet hatten, nicht nur das Herrenhaus,
sondern nach Möglichkeit den gesamten Gutshof mit all seinen Anlagen und Einrichtungen zu er-
mitteln, belegten wir das ganze weite Gelände der neuen Jahnwiese mit Suchschnitten (vgl.
Taf. 3). Diese führten zur Entdeckung der landwirtschaftlichen Gebäude, soweit uns nicht schon
vorher die Häufigkeit von Ziegeln und sonstigen Bautrümmern auf der ehemaligen Ackeroberfläche
den richtigen Weg zu ihrer Auffindung gewiesen hatte. Diese Suchschnitte führten uns auch auf die
Spuren des Brandgräberfeldes, der Steinsärge, auf Abfallhalden, Reste von Verbindungswegen usw.
Vergeblich suchten wir von Anfang an nach einer abschließenden Umfassungsmauer, erst gegen
Ende der gesamten Untersuchung kamen Teile von ihr an drei Stellen des Gutshofes zum Vorschein *).
Wenn man den Übersichtsplan (Taf. 3) betrachtet, in dem alle von uns angelegten Suchschnitte
eingetragen sind, so wird man erkennen, daß wir das gesamte in Frage kommende Gelände so syste-
matisch abgetastet haben, daß uns nur unbedeutende Dinge entgangen sein konnten. Darauf ließ sich
sozusagen noch die Probe machen. Wie schon gesagt, wurde das Gelände der Jahnwiese bis zu
1,50 m tiefer gelegt1 2). Bei dieser Gelegenheit hätten sich Anlagen jeder Art unbedingt finden müssen,
wenn sie uns vorher entgangen waren. Zusammenfassend können wir sagen, daß zwei Umstände
zur Ermittelung der Reste der Gutshofanlage günstig zusammengewirkt haben: unser systematisches
Abtasten und die Tieferlegung des Geländes. Auch aus der Reihe der landwirtschaftlichen Gebäude
haben wir nach und nach die wichtigeren vollständig abgedeckt, so Bau I, III, V, X und XI; bei den
übrigen genügte eine teilweise Freilegung des Inneren, das bei den Abtragungsarbeiten weiterhin
genau beobachtet wurde.
Eine besondere Art der Untersuchung wurde bei den Brunnen notwendig, vor allem, um
Sicheres und Endgültiges über ihre Bauart und Anlage sagen zu können. Die Ergebnisse dieser
Arbeit sind in Kapitel IX zusammengestellt.
Neben der vollständigen Ermittelung der gesamten Gutshofanlage hatten wir uns von vorn-
herein zum Ziel gesetzt, nach Möglichkeit Klarheit in das allmähliche Werden und Wachsen des
Hauptgebäudes der Anlage, des Herrenhauses, zu bringen, seine Baugeschichte zu ermitteln. Fast
immer hatte man bisher die freigelegten Fundamente als etwas in sich Gegebenes, als den Bautyp
angesehen3), ohne zu bedenken, daß diese Anlagen zumeist jahrhundertelang bestanden und so im
Laufe der Zeit natürlicherweise manche Veränderungen mitgemacht haben. Der freigelegte Grund-
riß war daher gar nicht der Bautyp, sondern vielmehr der allerletzte Bauzustand oder die Summe
aller Veränderungen im Laufe der Zeit. Wie war es nun möglich, die genaue Baugeschichte des
Herrenhauses zu ermitteln?
Rein äußerlich und oberflächlich waren verschiedene Bauperioden nicht zu erkennen. Wir
griffen deshalb zu einem Mittel, das zwar viel Mühe und Arbeit verursachte, aber den Vorzug hatte,
daß es unbedingt zum Ziele führen und untrügliche Auskunft geben mußte. Wir durchschnitten
das Mauerwerk, und zwar vollständig, bis in den gewachsenen Boden hinein. So gewannen wir
genauen Einblick in das Innere, in seine Zusammensetzung und Struktur. Wir konnten feststellen,
daß Zusammengehöriges auch durchaus einheitliches Material aufwies 4), später Errichtetes sich
davon deutlich abhob und unterschied. Wir fanden im Mauerwerk — also äußerlich nicht kenntlich —
Fugen und Absätze, d. h. Stellen, an denen sich an Älteres das Jüngere einfach anlehnte, mehrfach
mit einem Zwischenraum reinen gewachsenen Bodens zwischen den Bauzuständen 5). Im Herren-
1) Vgl. Kapitel VII A.
2) So kam es, daß die gesamte Gutshofanlage zum Schlüsse fast völlig beseitigt ward. In der Erde stecken jetzt
nur noch die untersten Teile der Keller von Bau II und X, die Brunnen und die nordwestliche Ecke der Umfassungs-
mauer.
3) Die Untersuchungen des Provinzialmuseums Bonn in den Anlagen von Blankenheim (B. J. 123, 1916,
210—226) und Mayen (B. J. 133, 1928, 51—152) bilden z. B. eine rühmliche Ausnahme.
4) Vgl. Taf. 19, 4 oben, die das typische Material der ersten Bauperiode zeigt.
5) Das trifft z. B. für Schnitt 57 zu (Taf. 19, 4 unten), woselbst deutlich zu erkennen ist, daß die durchgehende
nordsüdliche Laubenmauer tiefer fundamentiert und besser gebaut ist als die ostwestliche Winkelmauer; zwischen
beiden liegt ein deutlicher Streifen reinen gewachsenen Bodens.
 
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