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Kupferstichen übereinstimmt, in Erfindung und Formensprache, nämlich mit der
Versuchung des hl. Antonius (B. 117, 1509) und mit der undatierten, ungefähr
gleichzeitig entstandenen Enthauptung des Täufers (B. 111).
Der Henker mit großem, wüsten Kopfe, mit steifen, langen Beinen, legt des
Täufers Haupt auf die Schüssel, die von der aufrecht stehenden Frau gehalten wird.
Am Boden liegt der enthauptete Leib mit gekreuzten Armen. Alles — gegenseitig
— wie im Stiche (B. 111). Das gut erhaltene Malwerk hat noch viel von der Schärfe
und Zähigkeit der Berliner Schachpartie.
SUSANNA VOR DEM RICHTER
Bremen, Kunsthalle Nr. 62, 46X 54 cm
Diese Komposition mit Halbfiguren offenbart beträchtlichen Fortschritt, ver-
glichen mit der Berliner Schachpartie. Mehr Luft, mehr Raum und staffelnde,
lockernde Gruppierung. An die Stelle des grämlichen, scharf gespannten Aus-
druckes ist eine bonzenhafte Würde getreten. Das Motiv der uns den Rücken zu-
kehrenden Gestalt wird hier mit Beflissenheit verwendet, da rechts und links je
eine solche Figur die Hauptgruppe einrahmt und den Raum vertiefen hilft. Der
Kavalier auf der linken Seite nicht mehr steif, kerzengrade, wie in der Schachpar-
tie, sondern gebeugt. Mauerwerk, parallel der Bildfläche, wie häufig in den um
1510 entstandenen Stichen als Grund für die Figurengruppe. Die Dekoration der
Mauer mit dünnen, gebogenen Stäben wie in Dürers Holzschnitt der Beschneidung
Christi (B. 86, 1505?).
POTIPHARS FRAU VERKLAGT JOSEPH 34
Rotterdam, Sammlung van Beuningen. 26,5X 36 cm
Der Gruppierung, Auffassung und den Typen nach ähnlich wie die Tafel
in Bremen. Potiphar erregt und bewegt, etwas theaterhaft. Ohne Figuren, die uns
den Rücken zuwenden. Dieses Bild ist ungefähr gleichzeitig mit dem in Bremen
entstanden, und zwar, wie ich glaube, unmittelbar vorher. Der Mann, der Potiphars
Frau zunächst steht, erinnert an einen der Gäste in der Berliner Schachpartie.
Joseph versteckt und überschattet rechts unten am Rande. Die Tafel ist oben be-
schnitten. Die glücklichere Lösung der Aufgabe, die in Bremen, muß wohl die
spätere sein. In die Zeit um 1510 sind beide Bilder anzusetzen.
Die Gemälde, die ich nun einzureihen versuche als Werke aus der Zeit um 1510,
haben gemeinsam eine unerwartete Armut der Erfindung, eine ökonomische Selbst-
beschränkung in Reaktion auf das jugendliche Zuviel, ein pedantisch symetrisches
Beieinander von drei Figuren. Die Übereinstimmung erscheint um so auffälliger,
wie die Themen weit voneinander abweichen. In beiden Fällen können wir Lösun-
gen derselben Aufgaben, solche aus früherer und solche aus späterer Zeit, zur Ver-
gleichung heranziehen.

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