folgend, gerade, senkrechte Züge vermeidend. Diese Wandlung war ja vor datierten
Stichen Schritt für Schritt zu verfolgen.
Die Folge im größeren Format (B. 6, 8, 12, 16, P. 23) ist um 1512 entstanden,
die andere Folge einige Jahre später.
Den Mut, sich an so ungewöhnlich großes Format und so anspruchsvollen Maß-
stab zu wagen, faßte Lucas vermutlich beim Anblicke der Dürer'schen Holzschnitt-
Folgen. Er wählte fast genau die Maße der „Apokalypse". Die Komposition seines
Blattes mit Salomons Götzendienst ist offenbar inspiriert durch Dürers Martyrium
des Evangelisten, das Titelblatt der Apokalypse.
Die Helden der Vorzeit (B. 15) und die Helden Israels (B. 14) mögen um 1523
entstanden sein. Mit triumphalem Aufzuge, heldischem Gepränge, üppigen Scha-
bracken, mächtigem Federschmuck und flatternden Bändern scheint Lucas die 1518
erschienenen holländischen Grafen von Jacob von Amsterdam übertreffen zu wollen.
74 Wir vergleichen den Holzschnitt Simson und Dalila, den in großem Formate,
mit dem wenige Jahre früher geschaffenen Kupferstiche desselben Vorwurfes. Im
Holzschnitte: die riesenhaften Gestalten der sitzenden Frau und des schlafenden
Helden, dessen wüst behaartes Haupt auf ihrem Schoße ruht, heben und strecken
sich in der ersten Bildschicht, nicht zusammengeballt und verkürzt wie in dem
Kupferstiche. Dahinter breite Baumstämme und Felsgestein. Der Held, der Starke
in hilfloser Lage, eine Vorstellung, bei der Lucas gerne verweilte. Wie so oft, ist die Grup-
pe in ein Dreieck gefügt, und die Hauptlinien der Komposition verlaufen diagonal zu
den Bildrändern. Gewählt ist die gemächliche Aktion, die der gewaltsamen Fesse-
lung, der Überwältigung vorangeht. Die Gefangennahme Simsons im Hintergründe.
Die anderen Holzschnitte dieser Serie sind eher maßvoll gestaltet. Steife Paral-
lelität stehender Figuren und Isokephalie herrschen vor, wie auch in den etwa
gleichzeitigen Stichen. Wir brauchen nicht anzunehmen, daß Lucas die Blätter,
die eine Serie bilden, unmittelbar hintereinander geschaffen habe. Auch innerhalb
der zweiten Folge der Weibermacht, der in kleinerem Formate, die zwischen 1516
und 1520 entstanden sein dürfte, sind Stilunterschiede zu beobachten. Namentlich
die Darstellung des Sündenfalles hebt sich heraus und scheint nicht erheblich vor
1520 gezeichnet zu sein.
In der Strichführung der großen Holzschnitte entscheiden resolute, zumeist an-
nähernd senkrechte, gleichsam regnende Züge, während das Mauerwerk durch
gekreuzte Schraffen gittrig interpretiert ist.
Die wenigen, dem Stile nach später als 1520 entstandenen Schnitte, tauchen in
Amsterdamer, nicht in Leidener Büchern auf. Die Amsterdamer Illustration, die
von Jacob Gornelisz. beherrscht wurde, scheute nicht davor zurück, heterogene
Holzschnitte zu vereinigen, und Lucas wurde gelegentlich veranlaßt, Lücken aus-
zufüllen, die Jacob gelassen hatte. So stoßen wir in der langen Reihe der kleinen
Passionsschnitte des Amsterdamers auf mehrere Blätter, die von dem Leidener her-
rühren, allerdings erst in der zweiten Ausgabe, die unter dem Titel „stomme
passio" erschienen ist46.
46 Vgl. K. Steinbart, Das Holzschnittwerk des Jacob Cornelisz von Amsterdam. Burg, Hopfer 1937.
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Stichen Schritt für Schritt zu verfolgen.
Die Folge im größeren Format (B. 6, 8, 12, 16, P. 23) ist um 1512 entstanden,
die andere Folge einige Jahre später.
Den Mut, sich an so ungewöhnlich großes Format und so anspruchsvollen Maß-
stab zu wagen, faßte Lucas vermutlich beim Anblicke der Dürer'schen Holzschnitt-
Folgen. Er wählte fast genau die Maße der „Apokalypse". Die Komposition seines
Blattes mit Salomons Götzendienst ist offenbar inspiriert durch Dürers Martyrium
des Evangelisten, das Titelblatt der Apokalypse.
Die Helden der Vorzeit (B. 15) und die Helden Israels (B. 14) mögen um 1523
entstanden sein. Mit triumphalem Aufzuge, heldischem Gepränge, üppigen Scha-
bracken, mächtigem Federschmuck und flatternden Bändern scheint Lucas die 1518
erschienenen holländischen Grafen von Jacob von Amsterdam übertreffen zu wollen.
74 Wir vergleichen den Holzschnitt Simson und Dalila, den in großem Formate,
mit dem wenige Jahre früher geschaffenen Kupferstiche desselben Vorwurfes. Im
Holzschnitte: die riesenhaften Gestalten der sitzenden Frau und des schlafenden
Helden, dessen wüst behaartes Haupt auf ihrem Schoße ruht, heben und strecken
sich in der ersten Bildschicht, nicht zusammengeballt und verkürzt wie in dem
Kupferstiche. Dahinter breite Baumstämme und Felsgestein. Der Held, der Starke
in hilfloser Lage, eine Vorstellung, bei der Lucas gerne verweilte. Wie so oft, ist die Grup-
pe in ein Dreieck gefügt, und die Hauptlinien der Komposition verlaufen diagonal zu
den Bildrändern. Gewählt ist die gemächliche Aktion, die der gewaltsamen Fesse-
lung, der Überwältigung vorangeht. Die Gefangennahme Simsons im Hintergründe.
Die anderen Holzschnitte dieser Serie sind eher maßvoll gestaltet. Steife Paral-
lelität stehender Figuren und Isokephalie herrschen vor, wie auch in den etwa
gleichzeitigen Stichen. Wir brauchen nicht anzunehmen, daß Lucas die Blätter,
die eine Serie bilden, unmittelbar hintereinander geschaffen habe. Auch innerhalb
der zweiten Folge der Weibermacht, der in kleinerem Formate, die zwischen 1516
und 1520 entstanden sein dürfte, sind Stilunterschiede zu beobachten. Namentlich
die Darstellung des Sündenfalles hebt sich heraus und scheint nicht erheblich vor
1520 gezeichnet zu sein.
In der Strichführung der großen Holzschnitte entscheiden resolute, zumeist an-
nähernd senkrechte, gleichsam regnende Züge, während das Mauerwerk durch
gekreuzte Schraffen gittrig interpretiert ist.
Die wenigen, dem Stile nach später als 1520 entstandenen Schnitte, tauchen in
Amsterdamer, nicht in Leidener Büchern auf. Die Amsterdamer Illustration, die
von Jacob Gornelisz. beherrscht wurde, scheute nicht davor zurück, heterogene
Holzschnitte zu vereinigen, und Lucas wurde gelegentlich veranlaßt, Lücken aus-
zufüllen, die Jacob gelassen hatte. So stoßen wir in der langen Reihe der kleinen
Passionsschnitte des Amsterdamers auf mehrere Blätter, die von dem Leidener her-
rühren, allerdings erst in der zweiten Ausgabe, die unter dem Titel „stomme
passio" erschienen ist46.
46 Vgl. K. Steinbart, Das Holzschnittwerk des Jacob Cornelisz von Amsterdam. Burg, Hopfer 1937.
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