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Führer, Joseph; Schultze, Victor; Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts / Ergänzungs-Heft: Die altchristlichen Grabstätten Siziliens — Berlin, Band 7.1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.39132#0017
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EINLEITUNG.

Als das Christentum den westländischen Boden betrat, gehörte die Blütezeit
Siziliens schon der fernen Vergangenheit an. Die Römerherrschaft richtete sich in
einer bereits zerfallenden Kultur ein, und ihre Auswirkung in dem von furchtbaren
inneren und äußeren Kriegen heimgesuchten Lande war nur geeignet, diesen Prozeß
zu fördern. Alte ansehnliche Städte verödeten, Straßen verfielen, Handel und
Industrie gingen auf ein unerhörtes Maß zurück; die ganze Entwicklung drängte
auf Latifundienwirtschaft und Agrariertum. Soziale Revolutionen in der Form von
Sklavenaufständen verschlimmerten die allgemeine Lage. Zu dieser inneren Not
traten im 5. Jahrhundert die verwüstenden Kriegsfahrten der Vandalen, bis unter
dem gerechten Zepter des Goten Theoderich eine Zeit des Friedens und der
wirtschaftlichen Sammlung kam. Allerdings fanden die Wohltaten dieses Regiments
in der Empfindung der katholischen Bevölkerung nicht die angemessene Aner-
kennung, wTeil Männer germanischen Blutes und arianischen Bekenntnisses es
führten, und daher wurde die mit dem Jahre 535 einsetzende und rasch sich voll-
endende byzantinische Eroberung als eine Befreiung begrüßt. In den Griechen
erkannte man Stammesverwandte, die Ruhe blieb gewahrt, und die justinianische
Reichskirche erhob keine ernstlichen Ansprüche auf die inzwischen in den festen
Verband des römischen Primats eingefügte sizilische Kirche.
In diesem Verhältnisse zu Rom erfuhr Sizilien in ganz besonderem Maße
die regierende, ordnende und fürsorgliche Tätigkeit Gregors d. Gr., der 590 den
bischöflichen Stuhl bestiegen hatte.
Eine umfangreiche Korrespondenz gewährt einen genauen Einblick in die
kluge, je nach den Umständen schroffe oder zurückweichende oder vermittelnde
Kirchenpolitik, die Gregor wie in anderen Provinzen so auch hier in Anwendung
brachte. Sie erweckt den Anschein, daß allerdings die kirchliche Jurisdiktion
Roms keinem Zweifel mehr unterlag, aber die praktische Durchführung noch nicht
in allen Einzelheiten fertig war. Durch die ganze Insel gingen die aus Schenkung
oder Kauf erwachsenen Patrimonia des römischen Stuhls, Liegenschaften, Vieh und
Sklaven umfassend, und ihre Verwaltung erforderte um so mehr Umsicht und Ge-
wissenhaftigkeit, da die schlimmsten Schäden des Latifundienbetriebs, vor allem
die Ausbeutung der Kolonen, ebensosehr in den Besitzungen der Kirche wie der
Laien wahrzunehmen waren. An dem blühenden Bestände zeigte Gregor schon
aus wirtschaftlichen Erwägungen ein großes Interesse, daher die zahlreichen, oft
auf Kleinigkeiten zielenden Instruktionen. Aber auch die kanonische und finan-
zielle Unabhängigkeit der Kirchen, voran der Bistümer, der Staatsgewalt und
Grabstätten Siziliens. I
 
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